Interview

Was geht uns Artenschutz an, Maria Furtwängler?

Maria Furtwängler zählt zu den prägenden Gesichtern des deutschen Fernsehens. Mit uns spricht die Schauspielerin darüber, ob Kunst die Gesellschaft positiv verändern kann und über die wichtige Bedeutung von Artenschutz und Biodiversität.

Sie sind seit Ende Oktober als Kommissarin Charlotte Lindholm im neuen Tatort „Letzte Ernte“ zu sehen. Worum geht es?
Kurz zusammengefasst geht es dabei in erster Linie um eine Familientragödie im Alten Land. Es geht aber auch um Landwirtschaft, Apfelanbau und um Pestizideinsatz

In dem Krimi ermitteln Sie auf einem Bio-Bauernhof. Wie stehen Sie persönlich zu Bio?
Ich stehe Bio sehr aufgeschlossen gegenüber und wünsche mir, dass der Anteil an Bio-Landwirten bei uns höher wäre — zumindest einmal so hoch wie in Österreich. Ebenso wichtig fände ich es, die konventionellen Bauern im Rahmen der Möglichkeit zu nachhaltigerem Wirtschaften zu motivieren. 

Ein zentrales Thema im Tatort ist das Hofsterben – ein hochaktuelles Problem. Glauben Sie, dass man durch den Film dahingehend ein kritisches Bewusstsein schaffen kann? Oder allgemeiner gefragt: Kann Kunst zu gesellschaftlicher Veränderung führen?
Wie schon Robert Redford gesagt hat: „Geschichtenerzähler erweitern unseren Horizont: Sie fesseln, provozieren, inspirieren und verbinden uns letztendlich miteinander.“ In erster 
Linie muss ein Tatort gut unterhalten und spannend sein und wenn dabei auch noch ein gesellschaftlich relevantes Thema wie das Hofsterben mit erzählt werden kann, finde ich das klasse.

Ich wünschte, wir würden den Einsatz von Pestiziden kritischer hinterfragen.

Maria Furtwängler

Im Tatort legt sich eine Bio-Bäuerin mit der „Glyphosat-Mafia“ an. Fast ein Krimi im Krimi. Woran dachten Sie dabei?
Glyphosat wird von der WHO als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Bayer beispielsweise sieht sich deswegen milliardenschweren Klagen in den USA ausgesetzt. Und es schädigt das Bodenmikrobiom. Ich wünschte, wir würden da ein deutlicheres Problembewusstsein entwickeln und den Einsatz von Pestiziden kritischer hinterfragen. 

Gemeinsam mit Ihrer Tochter setzen Sie sich mit Ihrer Stiftung MaLisa Stiftung unter anderem für den Artenschutz ein. Warum ist Ihnen das so wichtig? 
Wir sind in jeder Minute unseres Seins abhängig von den Leistungen der Natur. Ohne sie gibt es kein sauberes Wasser, fruchtbare Böden und saubere Luft. Wir Menschen sind biologische Wesen, tief verwoben mit der Welt um uns. Intakte Natur macht uns gesund und glücklich. Das sind keine romantischen Träumereien, sondern wissenschaftliche Fakten. Die Natur – und das lässt sich tatsächlich berechnen und in Geld ausdrücken – ist auch der größte Wirtschaftssektor und wichtigster Dienstleister. Egal ob Landwirtschaft,  Bankwesen, Modebranche oder Medienlandschaft.

Zur Person

Mehrere Personen arbeiten konzentriert an Laptops in einem hellen Büroraum; im Vordergrund zwei Frauen im Gespräch, mit der blauen Jacke Maria Furtwängler, im Hintergrund zwei weitere Personen – Szenenbild aus dem Tatort „Letzte Ernte“.

Maria Furtwängler in ihrer Rolle als Charlotte Lindholm im Tatort „Letzte Ernte“.

Maria Furtwängler spielt seit 2002 die Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm. Im September 2025 gewann sie den Deutschen Fernsehpreis als beste Schauspielerin für den Film „Bis zur Wahrheit“. Vor der Schauspielerei arbeitete sie als Ärztin. Die 59-Jährige hat eine Tochter und einen Sohn. 

Wenn Sie in Deutschland eine Maßnahme zur Förderung von Arten- und Klimaschutz sofort umsetzen könnten, welche wäre das?
Ich würde Landwirte belohnen, die Maßnahmen für die biologische Vielfalt ergreifen – etwa für mehr Insekten und Bodenbrüter wie Feldlerchen oder auf Kunstdünger und Pestizide verzichten. Sie sollten honoriert werden, wenn sie etwas für Bodengesundheit und Biodiversität leisten. Bei der Produktbepreisung müsste berücksichtigt werden, ob sie Schäden verursachen oder Naturkapital fördern. 

Bevor Sie sich ganz der Schauspielerei gewidmet haben, arbeiteten Sie als Ärztin. Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach eine intakte Natur auf unsere Gesundheit?
Studien zeigen: Schon Gartenarbeit oder der Blick ins Grüne macht uns gesünder. Wir sind auf das Zusammenspiel der Mikroben und Pilze in uns angewiesen. Dieses Mikrobiom hat mich als Ärztin schon immer fasziniert. Es ist existenziell für unsere Gesundheit – genauso wie die Mikroorganismen im Boden. In einer Schaufel Erde leben mehr Organismen, als unser Körper Zellen hat. Die Bodengesundheit ist entscheidend für unsere eigene. Glyphosat etwa wirkt als externe chemische Substanz und schädigt das Bodenmikrobiom. Da erkennt man es schon: Das kann gar nicht gesund sein. Vor allem nicht in den Mengen, in denen es jedes Jahr in Deutschland ausgebracht wird. 

Sie leben sehr naturverbunden – welche Erfahrungen in Ihrem Garten zeigen Ihnen den Wert der Biodiversität?
Ich habe einen großen Gemüsegarten mit Kartoffeln, Apfelbäumen und vielem mehr. Anfangs dachte ich, das geht fast von allein – bis plötzlich Kartoffelpest oder Apfelbrand auftraten. Da habe ich nachfühlen können wie frustrierend, ja existenzbedrohend, Schädlingsbefall für Landwirte sein kann. Mit natürlichen Methoden, mehr Vielfalt und wechselnden Flächen funktioniert die Schädlingsbekämpfung, ist aber aufwendig. Deshalb habe ich großen Respekt vor allen, die sich dem Bio-Anbau verschreiben. Als Hummel-Fan und Imkerin bepflanze ich außerdem jeden freien Platz wildbienenfreundlich – inzwischen sind Arten dazugekommen, die es hier vor wenigen Jahren noch nicht gab. Und im Frühjahr höre ich ein wunderbares Vogelkonzert, dank Futterstellen und Nistkästen. So habe ich gemerkt: Auch auf kleinem Raum kann man viel bewegen.

Weitere spannende Gespräche: 

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