Kolumne

Noch einmal mit Gefühl

Stellen Sie sich vor: Zu Beginn der nächsten großen Klimakonferenz im Amazonas-Staat Brasilien fragt man nicht nur nach Zahlen, sondern nach Gefühlen. Was käme heraus, wenn wir uns ehrlich füreinander interessieren?

Es wird nicht passieren, ganz sicher nicht, aber interessant wäre es schon, als Experiment. Wenn die Versammlungsleitung der nächsten großen Klimakonferenz im brasilianischen Belem zu Beginn einfach mal in die Runde fragt, wie es jedem so geht. Und zwar ganz ehrlich. Was sie wohl sagen würden, wenn sie sich trauten, dürften oder könnten?

Die Physikerin Brigitte Knopf, langjähriges Mitglied des Expertenrats für Klimafragen, der die Bundesregierung berät, hat sich neulich gegenüber dem Tagesspiegel ein Stück weit geöffnet. Es sei „frustrierend“, immer wieder zu sagen: „Es reicht nicht, es reicht nicht, es reicht nicht.“ Inzwischen ist die Beraterin der Beratungsresistenten aus dem Gremium ausgeschieden. Der Guardian befragte vor einigen Monaten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt, die gemeinsam an den großen Berichten des Weltklimarates arbeiten. Auch sie kommen sich oft vor wie Opernsängerinnen und -sänger, die vor Taubstummen auftreten. Nur sechs Prozent von ihnen gehen davon aus, dass die überlebenswichtigen Ziele beim Senken der Treibhausgasemissionen noch erreicht werden können.

Interview

Porträtfoto von Prof. Dr. Dr. Felix Eckardt bei einem Vortrag

Was sichert Frieden und Demokratie, Dr. Felix Ekardt?

Der Jurist Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt hat für eine bessere Naturschutz-Gesetzgebung Verfassungsklage eingereicht. Wir fragten ihn, warum Demokratie, Umweltschutz, Wohlstand und Frieden nur gemeinsam gelingen können.

So nachvollziehbar der Frust jener, die sich von Fakten und Wissen leiten lassen, so spannend wäre es, auch in die Seelen derjenigen zu blicken, die ihr berufliches Dasein der Weltzerstörung gewidmet haben. Ahnen sie eigentlich, wie sehr sie sich mit ihrer brutalen Ignoranz gerade blamieren? Fühlen sie Scham? Wenn doch längst vor den Augen der Welt Berge zerbröseln, Eislandschaften schmelzen, Traumstrände verschwinden, Metropolen wechselweise unter 47, 48 Grad heißen Tagen ächzen oder in Starkregenfluten ertrinken? Es ist alles zu sehen, was die Klimakrise anrichtet, die enormen Kosten fallen ja schon an. Aber die Rechnungen bezahlen in der Regel jene, die gerade nicht am Geschäft mit den Fossilen verdienen. Immer öfter mit ihrem Leben.

»Das Geld, die Technologie, das Wissen, die Menschen, die Liebe ... es ist ja alles da.«

Fred Grimm, Kolumnist

Der Veranstaltungsort für die Klimakonferenz, am Rande des Amazonas, ist gut gewählt. Vergangenes Jahr verbrannte dort Regenwald auf einer Fläche so groß wie Italien. Der wichtigste CO2-Speicher der Erde steht kurz vor dem Punkt, an dem er mehr Treibhausgase in die Atmosphäre entlässt, als er aufnimmt. Allein der Gedanke an diesen einen von vielen ökologischen Kipppunkten, die nicht im fernen Übermorgen, sondern bereits heute erreicht werden könnten, muss jeden und jede überfordern, auch und gerade die dafür Verantwortlichen. Wäre Träumen erlaubt, würde sich die Menschheit in diesem Moment der großen Überforderung demütig zeigen und nach einem neuen Gemeinschaftssinn suchen. Das Geld, die Technologie, das Wissen, die Menschen, die Liebe – und wenn es nur die zu den eigenen Kindern und Enkelkindern ist – es ist ja alles da. Ich denke, es braucht manchmal solche Träume, um den Alptraum, in dem wir gerade leben, endlich loszuwerden. 

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Kommentare

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Herr Rossi

Mir stellt sich die Frage, inwieweit es das Klima betrifft, wenn fast sämtliche Staatsoberhäupter um die Welt fliegen müssen, um über das Klima zu sprechen. Wieviel Klimaschädigung ist das?
Und wie dem, sagt man Statement dazu(?), wurde Regenwald in mir ungeahnter Größe vernichtet. Das dies mit sogenannter Biodiversität überhaupt nichts zu tun hat, sollte langsam auch jedem klar sein. Für mich ist dies Bioperversität. Hinzu kommt noch, dass jeder einzelne von uns a) nichts wirklich damit zu tun, dass der Regenwald abgeholzt, abgebrannt wurde und noch immer wird, b) aber jeder einzelne Mensch hierfür zur (fast unrechtmäßigen, unverhältnismäßigen) Räson gezogen oder gar gezwungen wird. Mir persönlich passt die Verhältnismäßigkeit ganz und gar nicht.
Für was soll jeder einzelne Mensch den Mist ausbaden, den die machthabenden Menschen verursacht haben, gerade stehen?
Einem Politiker bzw einer Politikerin, die gravierend gelogen hat/haben, sollte man grundprinzipiell keinen Glauben mehr schenken. Die Geschichte hat es immer wieder aufgezeigt. Nicht nur in der Klimapolitik!

Petra Martire

Uns geht es immer noch sehr gut. Wir spüren noch sehr wenig von der Klimaveränderung. Die täglichen Katastrophen sind für uns weit weg. Wir wissen, dass wir für den Klimaschutz viel mehr tun sollten. Aber wir sind sehr bequem und wir können es uns leisten, bequem zu
sein. Obwohl das sog. Unbequeme uns sehr gut tun würde. Klimaschutz ist Gesundheitsschäden. Vielleicht hören die Menschen in naher Zukunft auf die KI, die Inen sagt, was sie genau tun sollen. Der Mensch ist dann KI gesteuert und nicht mehr vernunftgeprägt.
Ich bin Pflegepädagogin und unterrichte u.a. "Pflege heißt Klimaschutz". Zwei mal im Jahr bin ich in der Klimaarena in Sinsheim um meinen Azubis die Weltkugel zu zeigen um Ihnen die Globaltät bezüglich. Klimaveränderungen zu verdeutlichen. Die Reaktionen der Azubis sind Betroffenheit, Gefühle wie Druck, Hilflosigkeit, Überforderung, Unsicherheit, Angst. Aber auch nicht hinsehen, verdrängen, betrifft mich nicht. Das Bild unserer Gesellschaft. Wir sollten endlich gemeinsam aufstehen und tun, denn wir brauchen die Erde um zu leben. Die Erde dagegen braucht uns
Menschen nicht

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