Kolumne

Ein Fest für die Kinder

Die Kinder wurden in diesem Jahr schon viel zu oft vergessen, findet unser Kolumnist Fred Grimm, und startet einen Aufruf.

Während sich das Jahr schwankend dem Ende zuneigt – schließlich sind zumindest mancherorts die glühweinseligen Weihnachtsmärkte wieder da –, wird es Zeit, Bilanz zu ziehen.

Aber diesmal soll es nicht um die strahlenden Siegerinnen und Sieger gehen, sondern um jene, die auch 2021 wieder mal vergessen wurden: die Kinder. Das gilt im großen Ganzen, wenn ich an die Klima- und Umweltkrisenapathie der internationalen Gemeinschaft denke, aber auch im Unmittelbaren, ganz nah bei uns.

Die vielen tollen Kindergärtnerinnen, Trainer, Lehrerinnen, die freundlichen Nachbarn und die, überwiegend, ziemlich großartigen Eltern mal ausgenommen, hat sich die Welt der Erwachsenen auch dieses Jahr eher wenig darum geschert, wie wir den Kleinen und Kleinsten das Leben leichter machen. Noch immer gammeln Tausende deutsche Schulen unsaniert vor sich hin, müssen sich Pädagoginnen und Pädagogen um viel zu viele kleine Menschen auf einmal kümmern und bleiben die allermeisten Städte und Gemeinden kinderfeindliche Zonen.

Gibt es für dreizehnjährige Jungen und Mädchen überhaupt noch Orte außerhalb von Shopping Malls, McDonald´s-Filialen oder dem eigenen Zimmer? Wo können Vierjährige wirklich frei herumrennen, ohne den nach wie vor ungebremst wachsenden Autoverkehr fürchten zu müssen – außer auf dem eingezäunten „Spiel“platz? Von den pandemiebedingten Zumutungen, den seelischen Nöten, die Bücher füllen würden, ganz zu schweigen.

Insofern wird es Zeit, endlich allen Menschen mit der Geburtsurkunde auch das Wahlrecht zu geben. Schließlich geht es bei jeder politischen Entscheidung um unserer aller Zukunft und warum sollte sich eine Siebenjährige, die eine besonders lange hat, an der Wahlurne verantwortungsloser anstellen als mancher Erwachsene?


Diesmal soll es ein chaotisches, liebevolles, ganz anderes Fest werden, indem wir die Dinge nicht so machen wie immer, sondern im besten Falle selber kurz zu Kindern werden.

Ich hätte aber auch noch einen weiteren Vorschlag, der dieses kinderfeindliche Jahr vielleicht noch zu einem fröhlichen Ende bringt: Machen wir 2021 die Feiertage doch einfach mal zum Fest der Kinder. Feiern wir so, wie sie sich das wünschen. Hören wir zu den Festtagen ihre Lieblingsmusik und lassen wir sie ihr Lieblingsessen kochen (wir können ja ein bisschen helfen). In diesem Jahr decken die Kinder den Tisch und schmücken die Bäume, gern auch drei, wenn sie das schön finden, oder keinen, wenn sie den Wald lieber stehen lassen wollen.

Laden wir ihre Teddybären und Puppen ebenso mit ein wie ihre besten Freunde und Freundinnen – man kann sich ja familienweise an den Tagen abwechseln. Und wenn Sie keine Kinder haben oder noch nicht, kümmern Sie sich bitte zu Weihnachten um die Kleinen, die als Geflüchtete oder im Krankenhaus ein besonders hartes Jahr erleben mussten. Sie haben gerade jetzt jeden Lichtstrahl verdient. Diesmal soll es ein chaotisches, liebevolles, ganz anderes Fest werden, indem wir die Dinge nicht so machen wie immer, sondern im besten Falle selber kurz zu Kindern werden.

Fred Grimm

Der Hamburger Fred Grimm schreibt seit 2009 auf der letzten Seite von Schrot&Korn seine Kolumne über gute grüne Vorsätze – und das, was dazwischenkommt. Als Kolumnist sucht er nach dem Schönen im Schlimmen und den besten Wegen hin zu einer besseren Welt. Er freut sich über die rege Resonanz der Leser und darüber, dass er als Stadtmensch auf ein Auto verzichten kann.

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