Die ehemalige Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers war lange Zeit in pulsierenden Großstädten zu Hause. Heute findet sie ihr Glück beim Pflanzen von seltenen Gemüsesorten im eigenen Garten auf dem Land. Sie hat zwei Bestseller geschrieben und gerade ist ihr erstes Kinderbuch „Judiths kleine Farm“ erschienen. Warum Judith Rakers ihr Leben verändert hat – und was bei der Entscheidung geholfen hat, das erzählt sie im digitalen Interview.
Du gehst morgens gerne im Pyjama zum Hühnerstall ...
Oh ja, das ist meine liebste Morgenroutine. Denn wenn die Hühner mich sehen, kommen sie angaloppiert und ihre Körper wiegen sich dabei ganz schnell von rechts nach links. Das ist ein Moment, in dem ich einfach immer lachen muss und ich starte so unglaublich gerne mit einem Lachen in den Tag. Egal wie man geschlafen hat, egal was einem bevorsteht, der Tag beginnt mit einem Lachen einfach viel schöner. Und es ist toll, morgens mit nackten Füßen übers Gras zu gehen. Das habe ich schon als Kind gerne gemocht.
Bist du denn mit einem Garten aufgewachsen?
Ich bin sehr ländlich aufgewachsen am Teutoburger Wald, dort hatten meine Eltern ein Haus mit Garten. Als ich sieben Jahre alt war und sie sich getrennt haben, sind wir in eine Mietwohnung gezogen, dort hatten wir dann nur noch einen Balkon.
Wie kamst du dazu, ein Kinderbuch über deinen Garten zu schreiben?
Ich habe ein kleines Patenkind, dem ich unglaublich gerne Geschichten vorlese. Wenn es mich besucht, läuft es immer ganz neugierig durch den Garten und nimmt sofort Kontakt auf zu den Hühnern und zu den anderen Tieren. Ich habe gemerkt, dass dieses Thema Kinder extrem interessiert und irgendwann kam mir die Idee, darüber ein Buch für Kinder zu schreiben.
Im Buch geht es viel um den Gemüseanbau. Warum willst du dieses Thema Kindern näherbringen?
Mich selbst macht es so glücklich, wieder mehr Verbindung zur Natur und zu natürlichen Lebensmitteln zu haben und deshalb möchte ich Kinder auch dafür begeistern. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern ganz spielerisch: In dem Buch fragt sich zum Beispiel der kleine Kater, wo seine Katzenfutterdosen wachsen. Mir war es wichtig, die Zusammenhänge im Garten darzustellen und auch zu zeigen, woher die Lebensmittel kommen. Denn ich glaube, dass viele Kinder heutzutage nicht wissen, wie es eigentlich aussieht, wenn Rosenkohl an den Stauden hängt.
Zur Person
Judith Rakers wurde 1976 in Paderborn geboren und hat Publizistik, Germanistik und Philologie in Münster studiert. Neben dem Studium war sie beim Radio tätig, im Anschluss moderierte sie ab 2004 das Hamburg Journal im NDR. Von 2005 bis 2024 arbeitete sie als Sprecherin bei der Tagesschau. Seit 2010 moderiert sie die Talkshow „3 nach 9“ und die Reisesendung „Wunderschön“ im WDR. Rakers erhielt 2011 den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Beste Unterhaltung. Sie hat drei Bücher veröffentlicht sowie ihren eigenen Podcast „Homefarming“.
Auch bei dir gab es lange Zeit Tiefkühlkost aus dem Supermarkt …
Ja, denn ich war 19 Jahre lang im Schichtdienst, da hat man keine normalen Essenszeiten, sondern mal ein Frühstück um 16 Uhr oder ein Mittagessen morgens um zwei. Deshalb habe ich oft einfach das gekauft, was man schnell zubereiten kann oder ich habe mir ein Brot aus dem Automaten gezogen. Schlimm eigentlich (lacht).
Was hat sich dann verändert?
Ich hatte diese fixe Idee im Kopf, im eigenen Garten Gemüse anzubauen. Und irgendwann stand ich vor dem praktischen Problem, das Gemüse zu verarbeiten und dachte: Was mache ich denn jetzt damit? Ich musste erst mal googeln, wie man Kohlrabi überhaupt zubereitet. Ich kannte Kohlrabi nur in Stifte geschnitten mit weißer Grundsoße und dachte, das muss doch besser gehen. Und mittlerweile habe ich ein großes Repertoire an leckeren Rezepten für jedes Gemüse im Beet gesammelt.
Für deinen Garten bist du allein aufs Land gezogen. Hattest du Zweifel bei dieser Entscheidung?
Ja, ich hatte zwar keine Angst, aber Bedenken. Ich bin gerne mal im Worst-Case-Szenario unterwegs und habe gedacht: Schlimmstenfalls versauerst du jetzt hier als Frau ganz allein, bist überfordert mit der körperlichen Arbeit und wirst nie wieder jemanden kennenlernen. Und all deinen Freunden wird es zu weit sein, dich zu besuchen.
Trotzdem hast du es gewagt ...
Ich konnte mich in meinem Leben immer gut auf meine innere Stimme verlassen. Wenn die sehr laut wird, muss ich etwas ändern. Und es war genau richtig, weil meine Bedenken nicht eingetreten sind. Im Gegenteil: Ich habe mich noch nie so in meiner Mitte gefühlt wie jetzt. Und einsam bin ich auch nicht.
Was hat die innere Stimme gesagt?
Wenn ich meinen Urlaub auf dem Land verbrachte, am Wochenende im Reitstall war oder einfach nur am Lagerfeuer saß, habe ich gemerkt, dass mich solche Momente glücklich machen. In der Natur fühle ich mich ganz bei mir. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, sie mehr in meinen Alltag zu holen.
„Seltene Gemüsesorten machen Spaß!“
Inzwischen pflanzt du im Alltag sogar seltene Gemüsesorten an ...
Ja, ich pflanze mit Leidenschaft ungewöhnliche Gemüsesorten an und verkaufe auch das Saatgut von Erhaltungssorten. Weil sie weniger gängig und vom Aussterben bedroht sind, versuche ich deren Nachfrage in meiner Community zu stärken. Außerdem machen seltene Gemüsesorten Spaß: Wenn die Erbsenschote lila und der Kohlrabi blau ist, die Tomate aussieht wie eine Glühbirne und im Beet Erdbeerspinat wartet, hat man am Ende etwas auf dem Teller, das es im Supermarkt nicht gibt.
Warum ist dir Bio wichtig?
Am Anfang war es mir gar nicht so wichtig, aber ich habe schnell gelernt, wie sich gemeinsam mit den Tieren im Garten ein tolles Kreislaufsystem ergibt. Mittlerweile gibt es keinen mineralischen Dünger mehr in meinen Beeten und ich verwende nur noch Bio-Saatgut von samenfesten Sorten.
Wie funktioniert deine Kreislaufwirtschaft im Garten?
Was die Pferde mit ihren Äppelhaufen hinterlassen, benutze ich als Dünger. Daraus wird bester Humus, weil meine Tiere nur Hafer, Müsli, Gemüse und Gras fressen. Die Pferde wiederum freuen sich über Möhren und Rote Bete aus dem Beet und Äpfel und Birnen vom Baum. Genauso ist es mit den Hühnern – auch ihren Mist kann man zum Düngen verwenden. Sie bekommen dafür alle Schnibbel-Reste vom Kochen und auch mal Salat direkt aus dem Beet. Wenn sie dann noch Lust haben, Eier zu legen, kann ich das leckerste Frühstück der Welt essen.
Legst du auch mal die Füße hoch?
Bei mir gibt es nur zwei Zustände: Entweder bin ich komplett ausgeschaltet – dann schlafe ich meistens – oder ich bin eingeschaltet. Und dann wusele ich die ganze Zeit herum. Ich habe Entspannung immer schon eher im Tun gefunden. Klar ist das körperlich anstrengend, wenn man ein Beet umgräbt, aber für mich ist es ein sehr schöner Ausgleich zu meinem Job. Und das Geld fürs Fitnessstudio spart es auch.
Kommentare
Registrieren oder einloggen, um zu kommentieren.