Interview

Was liegt dir am Herzen, Jonathan Berlin?

Klimawandel, Gleichberechtigung und Demokratie: Der Schauspieler Jonathan Berlin setzt sich für viele Themen aktiv ein. Ein Gespräch über Engagement und Lichtblicke in Krisenzeiten. 

Du spielst im neuen Bremer Tatort „Solange du atmest“, der am 11. Mai in der ARD zu sehen ist. Welche Rolle übernimmst du darin?
Meine Figur taucht im Tatort retrospektiv auf und verfolgt die weibliche Hauptfigur. Das war ein antagonistischer Rollenakzent, der mir sonst so eher selten angeboten wird. In einer Zeit, in der führende Politiker:innen auch hierzulande Frauenrechte in ihrer Prioritätenliste aufschieben, fand ich das ein wichtiges Drehbuch. Deshalb habe ich mich für die Rolle entschieden, ohne dabei den Film mitzubestimmen. Das ist in diesem Fall richtigerweise meinen Kolleginnen überlassen.

Das ist nicht deine erste ARD-Produktion. Du hast auch bei „Die Saat – Tödliche Macht“ mitgewirkt. Wie hast du den Dreh in Norwegen erlebt?
Auf Spitzbergen in der Arktis  war es unglaublich beeindruckend. Es war aber auch schockierend zu sehen, wie rasant sich hier die Klimakrise abspielt. Wir waren im Sommer 2022 da und es hatte teilweise 14 Grad – in der Arktis. Da kann man den Gletschern beim Schmelzen zuschauen.

In der Arktis hast du außerdem zusammen mit Greenpeace eine Doku über den Klimawandel gedreht. Was hast du dabei herausgefunden?  
Von denselben Fakten ausgehend sind Klimawissenschaftler Kim Holmén und Künstlerin Lena von Goedeke zu ganz unterschiedlichen Fazits gekommen. Holmén hat eher die Zuversicht beschworen: Naturgegebenheiten werden sich verändern. Dafür würden andere Werte an Wichtigkeit gewinnen, wie etwa Demokratie, Zeit mit geliebten Menschen oder Frieden. Lena war da zurückhaltender, weil sie – verständlicherweise – meinte, dass wir da einfach zu spät sind und dass sie das ein Jahr früher noch anders beantwortet hätte. Sie hat nochmal betont, dass  die geopolitischen Folgen des aktuellen Versagens kaum abzusehen sein werden. 

»Wir selbst müssen die Hoffnung sein und uns gegenseitig empowern.«

Jonathan Berlin

Das Thema Klimakrise taucht immer wieder in deiner Arbeit auf. Wie engagierst du dich privat?
Seit ich 16 bin, esse ich kein Fleisch mehr und meistens vegan. In den letzten Jahren war ich innerhalb Europas sehr viel mit dem Zug unterwegs. Ich versuche, Bio einzukaufen, wann immer es möglich ist. Aber das richtige Engagement findet eher in Form von verschiedenen aktivistischen Tätigkeiten statt: zum Beispiel Petitionen, offene Briefe, Demos oder eben in Form einer solchen Doku.

Was würdest du Menschen sagen, die denken, ein Einzelner oder eine Einzelne kann ohnehin nichts verändern?
Das stimmt einfach nicht. Natürlich funktioniert Veränderung viel im Kontext mit anderen zusammen. Aber man kann auch selbst die Person sein, die etwas initiiert. Ich verstehe, wenn sich jemand machtlos fühlt. Aber wenn man gar nichts tut, kann einen dieses Gefühl früher oder später einholen. Es geht nicht darum, Vollzeitaktivist:in zu werden, sondern sich zum Beispiel ein, zwei Stunden in der Woche zu engagieren und sich danach wieder in seine persönliche Welt zurückzuziehen. Wir brauchen die Leute, die einen kleinen Teil ihrer Zeit investieren. Sonst brennen die Menschen, die sich die ganze Zeit engagieren, aus. 

Zur Person

Portrait des Schauspielers Jonathan Berlin

Jonathan Berlin spielte am Theater Ulm, danach absolvierte er seine Schauspielausbildung in München. Jonathan Berlin ist seither in zahlreichen Film- und 
Fernsehproduktionen zu sehen, wie etwa „Die Saat – Tödliche Macht“, „Black Box“ oder „Der Passfälscher“. Der 31-Jährige lebt in Berlin.

Was müsste passieren, dass das Thema Klimawandel wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt wird? 
Ich glaube, dass sich die Demokratien zuerst stabilisieren müssen, damit die Klimakrise wieder Raum bekommen kann. Wenn wir uns zu stark von rechtspopulistischen Themen leiten lassen, dann wird das Thema Klimawandel auch nicht mehr zurückkommen. Demokratiepolitisch wird dieses Thema meiner Meinung nach aktuell unterschätzt. Dabei ist die Klimakrise etwas, was uns alle betrifft.

Die Klimakrise kam auch beim Bundestagswahlkampf im Februar sehr kurz. Wie blickst du auf die Wahl zurück? 
Das war ein katastrophaler Wahlkampf. Rechtspopulistischen Themen so eine immense Aufmerksamkeit zu geben, ist einfach demokratiefeindlich. Und es wurden auch schlichtweg nicht die Themenfelder abgebildet, die die Leute mit am meisten beschäftigen, wie etwa Miete, Mindestlohn und  eben die Klimakrise. Das Ergebnis war schockierend, da in so vielen Kreisen eine in Teilen gesichert rechtsextremistische Partei gewonnen hat. Das macht mir schon Angst. Dass sich progressivere Parteien gehalten haben oder in den Bundestag eingezogen sind, macht mir aber auch Hoffnung.

Stichwort Hoffnung: Was lässt dich in Krisenzeiten, wie wir sie gerade erleben, positiv denken? 
Dass es sehr viele Leute gibt, die in solchen Zeiten zusammenstehen. Ich denke, wir selbst müssen die Hoffnung sein und uns gegenseitig empowern. Es gibt auch immer noch politische Erfolge, die mich hoffen lassen, wie etwa beim Artenschutz und Nachrichten, bei denen ich denke: Ach cool! Wie zum Beispiel die Biber in Tschechien, die einen Damm gebaut haben, der über eine Million Euro gekostet hätte.

Abschließend noch ein Seelen-Tröster-Thema: Essen. Was kommt denn bei dir so auf den Teller? 
Morgens esse ich oft Porridge mit vielen Gewürzen und Kräutern. Ansonsten versuche ich mich einfach abwechslungsreich zu ernähren. Ich koche sehr gerne asiatisch und italienisch mit viel Gemüse und bin ein großer Tofu-Fan. Am liebsten alles ausgewogen und bio. 

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