Wir müssen mal über Geld reden. An Sinnsprüchen dazu fehlt es nicht. „Geld allein macht nicht glücklich“ lautet einer, der allerdings unlängst durch eine Studie der Wharton School in Pennsylvania, USA, widerlegt wurde. Wenig überraschend freuen sich auch Wohlhabende über immer mehr. Milliardäre sind glücklicher als Millionäre. Hierzulande geht es beim Thema Geld meist um das derjenigen, die kaum etwas haben. Bei den Vermögen der Superreichen fängt dagegen das Schweigen an. Vor allem, wenn es darum geht, wie sie zustande kommen.
Wer in den vergangenen Jahren sein Geld in jenen Wirtschaftsbereichen anlegte, die Umwelt und Klima schädigen, durfte sich über hohe Profite freuen und die Folgekosten anderen überlassen. Auch dass ein beträchtlicher Teil der Agrarsubventionen in den Taschen von Milliardären landet, die riesige Flächen in steuerverschonten Stiftungsmodellen horten, scheint niemanden richtig aufzuregen. Und so erdulden wir gerade schweigend die größte Umverteilung der Geschichte: Von unten nach oben. In Deutschland wurde der Steuersatz der Multi-
millionäre und -milliardäre in den vergangenen dreißig Jahren halbiert, während er für Sie und mich auf im Schnitt 43 Prozent gestiegen ist. Den reichsten fünf Prozent gehört bereits die Hälfte des Vermögens im Land.
Eine Million Euro im Monat. Als Obergrenze. Ich käme damit klar.
Vor ein paar Tagen habe ich im US-Fernsehen ein Interview mit Jesse Ventura gehört, einer schillernden Gestalt: Ex-Wrestler, 1998 sensationell als Kandidat einer Kleinpartei zum Gouverneur von Minnesota gewählt, 2003 nicht mehr angetreten, 2015 trommelte er im Wahlkampf für Trump, heute für Kamala Harris. „Wir Männer haben es verkackt.“ Nach seinem Plädoyer für die erste schwarze Präsidentin wollte er noch etwas loswerden: „Wir reden ständig über den Mindestlohn. Aber noch wichtiger ist die Einführung eines Höchstlohns. Eine Million im Monat reicht völlig. Wer mehr braucht, mit dem stimmt doch was nicht.“
Die Moderatorin ging nicht weiter darauf ein, aber ich war wie elektrisiert. Eine Million im Monat. Als Obergrenze. Ich käme damit klar. Also knapp. Aber mal ernsthaft gefragt: Wozu benötigt man mehr? Es gab eine Zeit, in der obszöne Vermögen zur Finanzierung des allgemeinen Wohls herangezogen worden sind. Zum Bau von Bahnstrecken oder Schulen etwa. Heute verfolgen deutsche Finanzämter Steuerhinterziehungen der Superreichen nicht mal, weil Geld und Personal fehlen, um Prozesse gegen deren Top-Anwälte durchzustehen. Die unkontrollierte Vermehrung des Reichtums auf Kosten der Allgemeinheit ist politisch gewollt. Als kürzlich der G20-Gipfel der großen Industrienationen eine Milliardärssteuer einführen wollte, um sich gegen Steuerflucht zu wehren, legte der deutsche Finanzminister sein Veto ein. Den TV-Nachrichten war das kaum eine Meldung wert. Über Geld spricht man nicht, heißt es. Es wird höchste Zeit, damit anzufangen.
Fred Grimm
Der Hamburger Fred Grimm schreibt seit 2009 auf der letzten Seite von Schrot&Korn seine Kolumne über die Wege und Umwege hin zu einer besseren Welt. Er freut sich über die rege Resonanz der Leserinnen und Leser und darüber, dass er als Stadtmensch auf ein Auto verzichten kann.
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