Leben

Globuli für Katz und Co

Der Hund frisst nicht, die Katze hat eine Zahnfleischentzündung, das Pferd ein Ekzem? Die Homöopathie stärkt den Organismus von Tieren – die solche Herausforderungen dann meistern. // Astrid Wahrenberg

Der Hund frisst nicht, die Katze hat eine Zahnfleischentzündung, das Pferd ein Ekzem? Die Homöopathie stärkt den Organismus von Tieren – die solche Herausforderungen dann meistern. // Astrid Wahrenberg

Ein Bild von der Katzendame Elli flimmert auf dem Computerbildschirm, während Tier-Homöopathin Renée Herrnkind dem Bericht der Besitzerin Vera am Telefon lauscht. Dem Stubentiger ging es neulich nicht gut. Erst zeigten sich schwarze, krümelige Krusten unterm Kinn, dann auf der rosafarbenen Nase. Die Katzendame wirkte insgesamt angeschlagen. Rund fünfundzwanzig Minuten dauert dieses Gespräch, Erstanamnese genannt. Das geht in diesem Fall deshalb aus der Ferne, weil die Tier-Homöopathin sowohl die Besitzerin als auch die Katze bereits kennt und Elli außerdem schon vom Tierarzt untersucht wurde. Neue Klienten besucht die Behandlerin für das bis zu einer Stunde dauernde Erstgespräch persönlich. Elli ist ihre schwarzen Krusten inzwischen wieder los. Ihr Frauchen hat sie zum Tierarzt gebracht. Der hat das Tier narkotisiert, die Krusten entfernt, ihre Nase gründlich gespült und mit ein paar Krümeln des abgekratzten Belags eine Pilzkultur angelegt. Das Ergebnis: Pilzerreger nachgewiesen, mit Medikamenten bekämpft – für den Tierarzt ist der Fall erledigt. Für die Tier-Homöopathin beginnt er jetzt. Ihr Ziel ist es, Ellis Organismus allgemein zu stärken, „die Lebenskraft anzuregen“, so nennen das Homöopathen.

Wie tickt der Stubentiger?

Ein starker Organismus bekommt Angriffe – wie etwa von Pilzerregern – selbst in den Griff. Dieses ganzheitliche Verständnis sei einer der wichtigsten Unterschiede zur Schulmedizin, „die meist nur die Symptome bekämpft oder unterdrückt“, erklärt Renée Herrnkind. Die Besitzer ihrer Patienten wissen das. Sie lassen sich bei ihren eigenen Erkrankungen in der Regel ebenfalls vom Homöopathen behandeln. Um das richtige Mittel zur Stärkung von Ellis Immunsystem zu bestimmen, muss die Therapeutin ein möglichst umfassendes Gesamtbild von der Katze bekommen. Körper, Geist und Seele – wie tickt der Stubentiger? Dazu stellt sie der Besitzerin viele Fragen. Wie verträgt die Katze Hitze, ist sie verfressen und eine gute Jägerin oder eher faul? Und schließlich: „Was denkt Elli über sich selbst?“ – Zugegeben, erst mal eine ungewohnte Frage, aber eine wichtige, die Herrchen oder Frauchen für ihren Liebling unbedingt beantworten sollen. Gleichzeitig etwas heikel, denn manche Besitzer identifizieren sich mit ihrem Hausgenossen, sodass sie ihre eigenen Gefühle auf das Tier übertragen und dann über- oder falsch interpretieren. Das muss ein guter Therapeut erkennen. Tier- und Menschenkenntnis sowie Feingefühl sind daher nötig, eine scharfe Beobachtungsgabe und außerdem die Fähigkeit, die vom Besitzer beschriebenen Symptome möglichst vorurteilsfrei zu analysieren. Das alles gehört zu den wichtigsten Eigenschaften, die ein guter Tier-Homöopath mitbringen sollte, natürlich neben der Arzneimittelkenntnis und dem Wissen um Gesundheit und Krankheit.

Vorteile von Homöopathie

  • Keine Resistenzen
  • Keine Allergien
  • Keine Nebenwirkungen
  • Keine Umweltbelastung
  • Keine Unterdrückung von Krankheit

Der Weg zur Homöopathie

Die gelernte Journalistin Renée Herrnkind profitiert bei ihren Diagnosen von der Erfahrung. Tiere begleiten die 53-Jährige ein Leben lang. Derzeit gehören zwei Hunde, zwei Pferde, eine Katze und zwei Ziegen zur Familie. Mit Homöopathie beschäftigt sie sich seit Jahrzehnten. Früher brachte sie ihre beiden Töchter lieber zum Homöopathen als zu einem Kinderarzt. Irgendwann war sie dann auch mit der schulmedizinischen Behandlung ihrer vierbeinigen Familienmitglieder nicht mehr zufrieden. Eines Tages machte sie aus ihrer Überzeugung dann einen zweiten Beruf. Und schloss vor mehr als 15 Jahren eine Ausbildung zur klassischen Tier-Homöopathin ab.

Die Lebenserfahrung kommt der Tier-Homöopathin gerade bei verhaltensgestörten Tieren zugute. „Meist läuft dann im Mensch-Tier-Verhältnis etwas schief“, erklärt sie. Da ist beispielsweise ein Pferd, das seine Besitzerin beißt, oder der Hund, der sein Herrchen dominiert. Oder eine Katze, die ins Bett pinkelt, wenn Frauchen zur Arbeit geht und sie den ganzen Tag alleine bleibt. Oft reicht eine homöopathische Behandlung alleine nicht aus. Dann empfiehlt Renée Herrnkind dem Hundehalter beispielsweise eine Schulung bei einem Tiertrainer. Der Katze, die sich langweilt, könnte ein Artgenosse gut tun und dem Pferd ein Wechsel von Boxenhaft in einen anderen Stall mit viel Weidegang.

Selbstbewusst auf Mäusejagd

Dame Elli genießt jedenfalls ein freies Katzenleben mit wilden Mäusejagden und einem warmen, sicheren Platz im Haus. Und wie sieht sich Elli nun selbst? Die Antwort der Besitzerin kommt wie aus der Pistole geschossen: „Ich bin der King, ich bin die Größte“, sagt sie. „Gemüt – selbstbewusst“, tippt Renée Herrnkind gleich in ihre Computertastatur ein. Mithilfe einer speziellen Software kreist die Homöopathin die Wesenszüge und Beschwerden des Tieres sowie diemöglichen Arzneimittel enger ein. Im Fall der immungeschwächten Katze Elli empfiehlt sie Lachesis, ein Schlangengift. Zwei Wochen soll die Katze die Tropfen jeden Tag bekommen. Für eine Erstanamnese zahlen die Tierbesitzer zwischen 40 und 80 Euro. Ein Nachgespräch, meist am Telefon, kostet zwischen 5 und 25 Euro.

Langer Atem nötig

Eine homöopathische Behandlung kann ein Weile dauern, darauf müssen sich die Besitzer einstellen. Wie etwa bei dem Kater, der sinnlos im Kreis und sogar mit dem Kopf gegen die Wand rannte. Sein Nervensystem hatte nach einer Flohbehandlung gelitten. Er bekam verschiedene Mittel, die zwar Linderung brachten, aber keine Heilung. Nach neun Monaten hatte die Tier-Homöopathin schließlich das exakt passende Mittel gefunden. Der Kater wurde endlich gesund. Manchmal zieht Renée Herrnkind weitere Therapeuten hinzu: „Ich arbeite im Netzwerk mit Physiothe­rapeuten, Akupunkteuren, Orthopäden, Pferdezahnärzten und anderen ganzheitlich orientierten Experten“, sagt sie. Oftmals greift dann ein Maßnahmenbündel. Schnelle Heilprozesse gibt es – zwar seltener – ebenfalls. Vor ein paar Jahren hat sie ein Fohlen mit einer Fistel am Nabel behandelt. Es stand schon auf der OP-Liste des Tierarztes. Doch nach nur einmaliger Mittelgabe war die Operation nicht mehr nötig. Das eitrige Geschwür heilte binnen Tagen vollständig ab. 30 Euro für den Homöopathen statt 600 Euro für die Operation – und dem Tier blieben viele Strapazen erspart.

An der Grenze

Gelenke kann die Homöopathie zwar nicht austauschen, geschädigte Organe nicht ersetzen. Allerdings vermag sie in solchen Fällen den Gesundheitszustand so weit zu stabilisieren, dass die Beschwerden nicht schlimmer werden.

Tier-Homöopathen finden Sie unter

  • www.scola-animilia.de
    (Therapeutenliste der Schule für Tierhomöopathen)
  • www.bktd.com
    (Berufsverband klassischer TierhomöopathInnen Deutschlands)
  • www.vtkh.de
    (Verband der Tierheilpraktiker für klassische Homöopathie)

Wie die Mittel wirken

In der Homöopathie wird eine Krankheit mit dem Arzneimittel behandelt, das am Gesunden ein ähnliches Leiden hervorruft. Jedes Mittel wirkt auf körperlicher, emotionaler und mentaler Ebene. Es regt die Lebenskräfte an, mobilisiert die Selbstheilungskräfte und stellt die Balance im Organismus wieder her.

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