Interview

Esther Schweins: „Ich vermeide Impulseinkäufe“

Die Schauspielerin, Regisseurin und ehemalige „EU-Gemüsebotschafterin“ ist überzeugt: Es kommt auf jeden Einzelnen an, um Großes zu bewegen.

Sie haben sich als Reporterin des Fernsehmagazins „Mehr wissen – besser leben“ intensiv mit den Themen Lebensmittelverschwendung, Plastikwahnsinn und Wegwerfmode beschäftigt. Wie hat das Ihr persönliches Verhalten in Ihrem Alltag verändert?

Nicht mein Verhalten hat sich verändert. Meine Sicht auf die Komplexität der verschiedenen Problematiken hat sich geschärft. Dies hat mich darin bestärkt, auf jeden Einzelnen zu setzen, der im Kleinen das tun kann, was dann auch das Große bewegt.

Wie leben Sie Nachhaltigkeit in Ihrer Wahlheimat Mallorca?

Auf unserer Finca betreiben wir im besten Sinne Traditionspflege, die im Grunde den Erhalt des Landes, so wie es war und ist, mit seinem Bestand im Auge hat. Nachhaltigkeit an der Basis sozusagen. Hier wird nicht gespritzt oder gesprüht, und gedüngt wird von den Schafen. Im Haus versuchen wir so wenig Müll wie möglich zu produzieren und vermeiden Verpackungen, wo es nur geht. Lebensmittel kommen bei uns nicht um. Ich vermeide Impulseinkäufe, und wir sind in der glücklichen Situation, dass es ausreichend Tiere verschiedener Gattungen gibt, die etwaige Überschüsse gerne vertilgen.

Wie „grün“ ist die liebste Ferieninsel der Deutschen mittlerweile?

Insgesamt ist man auf Mallorca für grüne Themen mehr als offen. Eine Inselbevölkerung ist sich ihrer Verletzbarkeit vielleicht mehr bewusst. Die Organisation Cleanwave hat dem „Single Use Plastic“ speziell von Plastikflaschen, von denen pro Tag 1,5 Millionen (!) auf den Balearen verbraucht werden, den Kampf angesagt. Im ersten Schritt braucht es also freien Zugang zu Trinkwasser und Stationen, an denen man seine Auffüllflaschen befüllen kann. Cleanwave stellt immer mehr solcher Auffüllstationen auf, hat ein Netzwerk aus Hotels, Restaurants, Bars, Geschäften und Firmen gegründet, über deren Standorte eine App Auskunft gibt und wo man inselweit Wasser auffüllen kann. Cleanwave reinigt Strände, informiert an Schulen, in Kindergärten und auf öffentlichen Ereignissen und bietet nicht nur der Plastikflut die Stirn, sondern verweist immer wieder darauf, dass sauberes Wasser kostenlos für jeden zur Verfügung stehen muss.

Was steht bei Ihnen als ehemaliger „EU-Gemüsebotschafterin“ auf dem Speisezettel?

Heute gibt es Kartoffelpüree mit Blumenkohl und Brotbröseln an gemischtem Salat, wie bei Oma. Da haben Sie schon ein Lieblingsrezept. Artischocken gehören zu unseren absoluten Lieblingsspeisen, die gibt es häufig bei uns. Ich liebe Dal-Gerichte mit Hülsenfrüchten und den Rest der vedischen Küche, aber die Kinder sind noch nicht so begeistert von Curry & Co. Ich kaufe hier beim Gemüsehändler der Kooperativen, die alle unter Bio-Bedingungen anbauen, oder auf dem Markt.

Was bedeutet Schönheit für Sie?

Echte betörende Schönheit ist für mich weniger durch Symmetrie bedingt als vielmehr ein Leuchten der Seele.

Welche Werte sind Ihnen bei der Erziehung Ihrer Kinder wichtig?

Mitgefühl ist essenziell und das Wissen darum, dass alles, was du tust, von Bedeutung ist. Auch das, was du nicht tust, hat Bedeutung. Das, was du nicht kaufst, wird auch nicht mehr für dich produziert. Kinder sollten wissen, dass sie in erster Linie Menschen sind und keine Konsumenten.

Wie erleben Sie das Pendeln zwischen Mallorca und Berlin, wo Sie noch eine Wohnung haben?

Berlin ist mit meinem Arbeitsleben eng verbunden und ich freue mich jedes Mal, meine Freunde zu sehen. Würde ich noch in Deutschland leben, wäre ich sicher auch raus aufs Land gezogen und hätte nur noch ein Zimmer in Berlin.

Was tun Sie für Erdung und Entspannung?

Ach, ich bin schon geerdet, wenn ich aus dem Fenster schaue. Aber ich muss regelmäßig Yoga machen, sonst fehlt mir etwas.

Zur Person

Esther Schweins wurde 1970 in Oberhausen geboren. Sie jobbte nach der Schauspielausbildung im Bavaria-Filmpark, wo sie 1993 für die Comedy-Show „RTL Samstag Nacht“ entdeckt wurde. Sie spielte in zahlreichen TV- und Kinoproduktionen und übernahm 2000 bei der deutschen Adaption des Broadway-Hits „Caveman“ ihre erste Regiearbeit. Das Bühnenstück mit Kristian Bader wurde zur erfolgreichsten Solo-Comedy Deutschlands.

Esther Schweins moderierte die Theatersendungen „Foyer“ und „Theaterlandschaften“ und war als Reporterin für eine sechsteilige Arte-Dokumentation über Yoga und das NDR-Magazin „Mehr wissen – besser leben“ im Einsatz. Ab August 2020 ist sie als Staatsanwältin in der ARD-Serie „Die Kanzlei“ zu sehen. Esther Schweins engagiert sich für den Wiederaufbau Sri Lankas, seit sie dort 2004 den Tsunami überlebt hat. Sie lebt mit ihren beiden Kindern auf Mallorca, der Heimat ihres 2017 verstorbenen Lebensgefährten.

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