Egal ob im Restaurant, im Zug oder bei einer Besprechung: Das Dideldadeldüddeldüt der Handys ist innerhalb von zehn Jahren Alltag geworden. Lauter vollverkabelte Haushalte, 55 Millionen deutsche Handys und 40.000 bis 50.000 Sendemasten. Wie diese Zahlen, so wuchs auch die Menge an Fallstudien und Forschungsarbeiten, die sich mit den Risiken der neuen Technologie auseinandersetzten. Um einen Überblick zu bekommen, beauftragte der Netzbetreiber T-Mobil das ECOLOG-Institut in Hannover damit, den wissenschaftlichen Kenntnisstand über die Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf die Gesundheit auszuwerten. Die Ergebnisse stellte ECOLOG im vergangenen Jahr vor: Es gibt mittlerweile eine Reihe sehr ernst zu nehmender Befunde (…) die auf eine krebsfördernde Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder, wie sie beim Mobilfunk benutzt werden, hindeuten. Weiter heißt es: In zahlreichen Versuchen an Menschen wie an Tieren wurden Beeinflussungen des Zentralen Nervensystems nachgewiesen, die von neurochemischen Effekten bis zu Veränderungen der Hirnpotenziale und Beeinträchtigungen bestimmter Gehirnfunktionen reichen. In einer öffentlichen Anhörung vor dem Umweltausschuss des Bundestages wertete Horst-Peter Neitzke, der zuständige Projekt-Koordinator bei ECOLOG, die Untersuchungen als sehr ernst zu nehmende Hinweise auf gesundheitliche Gefahren durch Mobilfunk und forderte ein Vorsorgekonzept mit niedrigeren Grenzwerten für ausgesandte StrahlungZweifelhafte Grenzwerte
Für besorgte Anlieger und Initiativen, die sich gegen Handymasten wehren, sind diese Erkenntnisse nicht neu. Die Berichte von Schlafstörungen, Stressgefühl, Tinnitus und anderen körperlichen Beschwerden in der Nachbarschaft von Sendeanlagen sind zahlreich. In solchen Fällen verweisen die Mobilfunkbetreibergerne darauf, dass die amtlichen Grenzwerte weit unterschritten würden. Das stimmt zwar, doch sind diese Grenzwerte extrem hoch, weil sie nur die thermische Wirkung der Strahlung berücksichtigen. Elektromagnetische Wellen können, wie beim Mikrowellenherd, Gewebe erwärmen. Die offiziellen Grenzwerte schützen also vor glühenden Ohren beim Telefonieren, nicht aber vor biologischen Wirkungen der Felder im Körper.
Unser Organismus wird von elektrischen Impulsen gesteuert, die in ihrer Frequenz und Stärke der elektromagnetischen Strahlung von Handys ähnlich sind. Kein Wunder also, dass diese Strahlung unseren Organismus beeinflussen kann. Manche Wissenschaftler halten die Handystrahlung für besonders bedenklich, weil sie, anders als etwa Radiowellen, nicht gleichmäßig verläuft, sondern mit zeitlichen Unterbrechungen abgestrahlt wird. Diese gepulste Strahlung soll den körpereigenen Strömen besonders ähnlich sein. Was die Beweisführung schwierig macht, ist die Tatsache, dass die Menschen unterschiedlich stark auf die Strahlung reagieren. Fünf bis zehn Prozent, auch Kinder, gelten als elektrosensibel. Die individuelle Belastung hängt von der Nähe zum nächsten Masten, sowie von dessen Abstrahlungsrichtung und Leistung ab. Gemessen wird die Intensität des Feldes in Milliwatt je Quadratmeter (mW/m2), das heißt wieviel Energie pro Fläche durch den Raum getragen wird. Die amtlichen Grenzwerte erlauben je nach Netz eine maximale Intensität von 4500 oder 9000 mW/m2.In der Schweiz gelten Werte von 40 und 100 mW/m2, das ECOLOG-Institut schlägt 10 mW/m2 vor. Ein Tausendstel dieses Wertes, also 0,01 mW/m2, halten kritische Wissenschaftler wie der Mediziner Lebrecht von Klitzing oder der Physiker Günther Käs für einen realistischen Vorsorgewert. Wer die Belastung in den eigenen vier Wänden feststellen will, sollte einen Fachmann mit der Messung beauftragen. Die Verbraucherzentrale NRW warnt davor, für unsinnige Elektrosmog-Messgeräte aus Baumarkt und Versandhandel Geld auszugeben.
Forschung statt Vorsorge
Nicht nur Handys strahlen
Elektrosmog hat jedoch noch andere Quellen, zum Beispiel Radio- und Fernsehsender, die ebenfalls Wellen mit mehreren Millionen Schwingungen pro Sekunde aussenden. Einige der Studien, die auf eine Krebsgefahr hinweisen, entstanden in der Nachbarschaft solcher Sendeanlagen. Die Dauerbelastung in der Nachbarschaft von Hochspannungsleitungen, Trafostationen oder Oberleitungen der Bahn kann ebenfalls krank machen und das Krebsrisiko erhöhen. Auch hier liegen die amtlichen Grenzwerte weit über den Werten, bei denen sich in Versuchen gesundheitliche Auswirkungen zeigten. Abstand halten ist wieder die wirkungsvollste Methode zur Minimierung, da die Stärke der Felder mit der Entfernung rapide abnimmt.Wie ein Sendemast im Haus wirken übrigens die schnurlosen DECT-Telefone, die inzwischen etwa 80 Prozent aller neu verkauften Geräte ausmachen. Eine DECT-Basisstation sendet rund um die Uhr gepulste hochfrequente Wellen aus, auch wenn nicht telefoniert wird. Die Intensität der Strahlung liegt bei einem Meter Entfernung noch bei mehreren mW/m2. Baubiologen stoßen immer wie er auf schnurlose Telefone, wenn sie die Ursache plötzlich aufgetauchter Schlaflosigkeit oder Konzentrationsstörungen suchen. Schnurlose Telefone, die noch nach dem analogen C1-Standard funktio-nieren und wesentlich strahlungsärmer sind, gibt es kaum noch zu kaufen. Die wirkungsvollste Art der Risikominimierung ist die Rückkehr zum herkömmlichen Telefon mit Schnur. In den eigenen Räumen tragen zudem Computerbildschirme, Radiowecker, Fernseher oder Stromleitungen zum Elektrosmog bei. Babyphone direkt neben dem Kopfkissen, Heizkissen und Co. können ebenso ein Gesundheitsrisiko sein. Reduzieren lässt sich die Belastung durch den Einsatz möglichst sparsamer und strahlungsarmer Geräte. Für Computerbildschirme bietet das Label der Arbeitsschutzorganisation TCO eine gute Orientierung. Sicherheits-(Schuko-)stecker anstatt der flachen Eurostecker verringern durch die Erdung ebenfalls die Feldstärken. Netzfreischalter sorgen dafür, dass in der Nacht kein Strom mehr durch die jeweils abgeschalteten Stromkreise fließt. Das ist besonders hilfreich, wenn in der Wand hinter dem Bett Stromleitungen verlaufen. Überhaupt sollte das Schlafzimmer, in dem wir fast ein Drittel unseres Lebens verbringen, möglichst frei von elektrischen Geräten sein. Pyramiden über dem Bett, Steine auf dem Nachtkästchen und ähnliche Geräte, die negative Strahlen abschirmen sollen, haben dagegen nur Auswirkungen auf den Geldbeutel. Leo Frühschütz
Dicke Wände – wenig Strahlung
Wer wegen einer hohen Belastung in seinen vier Wänden an bauliche Maßnahmen denkt, sollte sich vorher beraten lassen. Gegen hochfrequente Strahlung von außen können massive
Baustoffe wie Stahlbeton oder Ziegelmauern helfen. Auch Wärmeschutzglas oder mit speziellen Fasern beschichtete Tapeten und Gardinen reduzieren Mikrowellen drastisch. Schwachpunkt ist meist das Dach, da weder Dachziegel noch das Dämm-Material eine abschirmende Wirkung haben. Hilfreich sind hier Blech- oder Kupferdächer sowie eine alubeschichtete Dampfsperre.
Bücher
- Katalyse e.V. (Hrsg.): Elektrosmog – Grundlagen, Grenz- werte, Verbraucherschutz. Verlag C.F. Müller, 5. überarbeitete und erweiterte Auflage 2002, ISBN 3-7880-7679-8.
- Wolfgang Maes: Stress durch Strom und Strahlung. Verlegt vom Institut für Baubiologie und Ökologie, Neubeu ern, 4. erweiterte Auflage 2000, ISBN 3-9235-3122-2.
- Ratgeber der Verbraucherzentralen „Elektrosmog - Wo er entsteht, was er bewirkt, wie man sich schützt“. Versandservice vzbv, Telefon 02962/ 908647, Fax 908649, E-Mail versandservive@vzbv.de, 4,80 Euro inklusive Versandkosten
Weitere Informationen
Mobilfunk – Bürgerberatung beim Bonner Wissenschaftsladen e.V., Telefon 0228/ 20161-32 Eine Selbsthilfegruppe ist der Arbeitskreis für Elektrosensible e.V., Telefon 0201/ 8681641, www.w-lisseck.de/aes/index.html
Der „Dachverband der Bürger und Initiativen zum Schutz vor Elektrosmog“ bietet im Internet unter www.buergerwelle.de eine Vielzahl von Informationen zum Thema sowie Hilfestellung bei der Gründung einer Initiative, Telefon 09631/ 795736
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