Wie findet man einen Therapeuten?
Heilpraktiker oder Ärzte, die Erfahrung mit Blutegeltherapie haben, sind nicht leicht zu finden. "Meistens läuft es über Mundpropaganda", sagt Ingo Möller und empfiehlt, sich direkt an die Firma Zaug zu wenden, die einen großen Teil der Mediziner beliefere. Auskunft geben auch die Landesverbände des Fachverbandes deutscher Heilpraktiker. (Adressen im Kasten auf Seite ###) Die Kosten für eine Therapie beim Heilpraktiker muss man selbst bezahlen, außer, eine private Zusatzversicherung deckt Naturheilverfahren ab. In diesem Fall empfiehlt es sich, vorher abzuklären, ob auch der Aderlass mit Blutegeln erstattet wird. Dasselbe gilt für Fälle, in denen ein Arzt mit Kassenzulassung die Therapie verordnet. Werden die Blutegel im Krankenhaus angesetzt, sind die Kosten über die regulären Tagessätze abgedeckt.
Auf keinen Fall sollte man sich selbst mit Blutegeln behandeln. Die Gefahr, eine falsche Hautstelle, etwa eine blutreiche Ader, anzuzapfen oder unbeabsichtigt ein Blutgerinnsel zu lösen, dass dann im Körper weiter wandert, ist zu groß. Bei Züchter Manfred Roh gibt es deshalb keine Egel für die Selbstmedikamentation: "Privatkunden weisen wir ab und empfehlen ihnen dringend, sich einen erfahrenen Therapeuten zu suchen."
Blutegel in Öko-Qualität
Wenn in der Biohalle Ahlsfeld Demeter-Schweine geschlachtet werden, geht ein Eimer Blut an die Zaug GmbH im nahen Biebertal. Dort werden in einem großen Gewächshaus Leinentücher in das Blut getunkt, und dann gibt es ein Festmahl - für die Blutegel. Die Firma Zaug ist der einzige deutsche Züchter von Blutegeln für den medizinischen Bedarf. "Grauenhaft komplizierte Tiere für die Züchtung" seien das, sagt Geschäftsführer Manfred Roth. Denn die Egel lieben Feuchtbiotope mit sehr sauberem Wasser, in der freien Natur sind sie deshalb bei uns kaum noch zu finden. In Biebertal hat man in einem großen Gewächshaus 14 Teiche nachgebaut, mit Lotosblumen, Wasserfarn und Igelkolben, mit Libellen, Maulwurfsgrillen und Wasserskorpionen. Die Wasserqualität und die Mikrobiologie wird ständig überwacht, frisch eingeleitetes Wasser muss vorher entkeimt werden. Streng getrennt werden die selbst gezüchteten Tiere und die Importe aus der Türkei. Obwohl die türkischen Händler belegen, dass die Egel nie zuvor an Menschen gesaugt haben, werden die importierten Tiere mindestens drei Monate in Quarantäne gehalten, um jedes Risiko für die Patienten auszuschließen.
Rund 80.000 Tiere verschickt Zaug im Jahr. Kunden sind das Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf und das hessische Rheumazentrum in Bad Endbach, Heilpraktiker, Ärzte und Apotheken. "Wir haben sogar Zahnärzte, die unsere Egel in der Kieferchirurgie einsetzen", erzählt Manfred Roth. Verschickt werden die Tiere in feuchten Leinenbeuteln. Am Bestimmungsort werden sie in Gläsern oder anderen Gefäßen gewässert. Pflicht sind häufige Wasserwechsel und eine schwere Abdeckung, um zu verhindern, dass die Egel flüchten.
Nach der Anwendung kommt der traurige Teil der Geschichte. Egel gelten rechtlich als "nicht arzneiliche Hilfsmittel" und müssen nach jedem Einsatz "sterilisiert" oder, wenn das nicht möglich ist, "entsorgt" werden. Die Infektionsgefahr für die nachfolgenden Patienten wäre sonst zu groß. Für die Egel bedeutet das den Tod, sie werden zumeist in Spiritus ertränkt. "Jemand, der mit Blutegeln arbeitet, kriegt eine Beziehung dazu, der will die Tiere nicht umbringen", schildert Manfred Roth das Dilemma. Seine Lösung: Die Firma Zaug nimmt einmal gebrauchte Blutegel zurück und schickt sie in "Rente" - in einem alten Fischteich.
Adressen
- Firma Zaug, Gießener Straße 52, 35444 Biebertal , Tel: 06409/2376, Fax:06409/9944, Internet: www.blutegel.de
- Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V., Bundesverband, Maarweg 10, 53123 Bonn, Tel.: 0228/611049 Fax: 0228/627359
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