Leben

Blüten, die durch die Seele heilen

Die Behandlung mit Bach-Blüten gehört seit Anfang der achtziger Jahre in Deutschland zum festen Therapieangebot der Naturheilkunde. Weil sie nebenwirkungsfrei ist, findet die sanfte Methode auch unter Laien immer mehr Anhänger.

Die Behandlung mit Bach-Blüten gehört seit Anfang der achtziger Jahre in Deutschland zum festen Therapieangebot der Naturheilkunde. Weil sie nebenwirkungsfrei ist, findet die sanfte Methode auch unter Laien immer mehr Anhänger. Sie konzentriert ihre Aufmerksamkeit nicht auf körperliche Beschwerden, sondern auf die Lösung seelischer Konflikte, die nach Bachs Auffassung allen Krankheiten zugrunde liegen.

"Jegliche Krankheit ist gleichsam die Verfestigung einer geistigen Einstellung. Deshalb braucht man nur den vorherrschenden Seelenzustand eines Patienten zu behandeln, und die Krankheit wird verschwinden". Der dies sagte, war kein windiger Scharlatan oder gutgläubiger Phantast, sondern ein anerkannter Wissenschaftler, der sich mit seinen medizinischen Forschungen großes Ansehen unter Kollegen erworben hatte: der englische Arzt Edward Bach (1886 bis 1936). Doch der erfolgreiche Pathologe und Bakteriologe hegte zunehmend Zweifel an der orthodoxen Medizin. Eines Tages fiel ihm Hahnemanns "Organon" in die Hände, und er wurde von einem Skeptiker bald zu einem glühenden Verehrer der Homöopathie. Wie Hahnemann war er der Auffassung, daß jeder Kranke einer individuellen und nicht einer standardisierten Massentherapie bedarf. Die von Bach schon früh entdeckten sieben Nosoden (eine Art "Impfstoff") waren nach den Regeln der homöopathischen Lehre aus Darmgiften seiner Patienten zubereitet. Schon damals erkannte Bach, daß den sieben Bakteriengruppen bestimmte Persönlichkeitstypen entsprachen, die er gemäß ihren Gemütssymptomen behandelte. Weil viele der chronisch Kranken aber eine Abneigung gegenüber Arzneien empfanden, die stofflich so eng mit ihrem Leiden zusammenhingen, suchte Bach nach Alternativen im Pflanzenreich. Ohne Hahnemanns gewaltige Leistung schmälern zu wollen war er der Meinung, daß die moderne Gesellschaft neue Krankheitsbilder hervorbrachte, die nach neuen Heilmitteln verlangten. Die selbstgestellte Aufgabe, sie zu finden, wurde zu seinem Lebenswerk.

Seelische Disharmonien machen die Menschen krank

Der höchst sensitive und bisweilen hellsichtige Bach verließ sich fortan in erster Linie auf seine Intuition. Bei ausgedehnten Spaziergängen in seiner walisischen Heimat entdeckte er 1928 die ersten drei Pflanzen, die seinen Vorstellungen gerecht wurden: Mimulus, Impatiens und Clematis. Die Seelenzustände, die er damit zu heilen hoffte, hießen Angst, Ungeduld und Gleichgültigkeit. Die Resultate der folgenden Verordnungen übertrafen noch seine kühnsten Erwartungen. Es müsse, so glaubte er, noch weitere negative Grundstimmungen und Gefühle geben, die als seelische "Archetypen" allen Menschen gemein waren und als tiefere Ursache unterschiedlichster körperlicher Symptome wirkten. Unzufriedenheit und mangelnde Lebensfreude erzeugten Charakterstörungen wie Gier, Grausamkeit, Egoismus, Wankelmütigkeit, Unwissenheit, Stolz und Haß, der Boden, auf dem nahezu alle Krankheiten gedeihen. Bach fand zunächst 12 Pflanzen, die "zwölf Heiler" und anschließend weitere sieben. In ihren Blüten sah er die ganze Heilkraft, die jeweilige Essenz gebündelt, die in der Lage war, die verlorene Seelenharmonie wiederherzustellen. Er legte sie bei sonnigem Wetter in eine Schale mit klarem Quellwasser und übertrug so die energetische Schwingung der Blüten auf die Flüssigkeit. Neben dieser "Sonnenmethode" hat Bach später auch die "Kochmethode" benutzt für Pflanzen, die sehr früh im Jahr blühen, wo die Sonnne noch nicht ihre volle Intensität entwickelt hat.

Nach der Entdeckung der ersten 19 Arzneien glaubte sich Bach schon am Ziel, mußte aber erkennen, daß sie bei einigen sehr hartnäckigen chronischen Leiden nicht zur Heilung führten. Er fand im Verlauf des Jahres 1935 weitere 19 Blumen, Bäume und Sträucher, allesamt Wildpflanzen höherer Ordnung, die wie die bisherigen Mittel ungiftig waren, aber nicht für die menschliche Ernährung bestimmt. Daß die Pflanzen in freier Natur wuchsen, war Bach besonders wichtig. Vom Menschen kultivierte Gewächse hatten nach seiner Einschätzung die ursprünglich göttlichen Heilkräfte längst verloren. In Bezug auf die Auswahl seiner Blüten formulierte Bach strenge Qualitätsstandards, das heißt Bodenbeschaffenheit, Standort, Blütezeit und Färbung der Blätter wurden genau festgelegt. Nur wenn die Vorgaben eingehalten wurden, sah er die feinstoffliche Heilpotenz seiner Arzneien gesichert. Mit dem Fundus der insgesamt 38 Essenzen war sein Therapiesystem komplett, ein in sich abgeschlossenes Behandlungsmodell, das alle grundlegenden Disharmonien der menschlichen Seele berücksichtigt. Später kamen nur noch die Notfalltropfen, eine Mischung aus fünf seiner Bütenextrakte, hinzu.

Wirkung der Essenzen nicht wissenschaftlich erklärbar

Die meisten Arzneien testete Bach an sich selbst und durchlebte dabei zahlreiche, zum Teil schwere seelische Krisen. Der feinfühlige, aber konstitutionell eher schwache Mensch geriet oft schon Tage vor der Begegnung mit einer Pflanze in den dazu passenden negativen Seelenzustand. Nicht selten spürte er Stunden vor dem Besuch eines Patienten dessen Krankheit am eigenen Leibe. Nur die leidenschaftliche Hingabe an seine Mission ließ ihn durchhalten. Mit 50 Jahren hatte Bach seine Lebenskraft erschöpft und starb am 27. November 1936 im Schlaf an Herzversagen.

Die Frage nach dem Wirkprinzip der Bach-Blütentherapie läßt sich bis heute nicht eindeutig beantworten. Weil wissenschaftliche Beweise (noch?) fehlen, wurde sie vor allem von der Schulmedizin stets attackiert. Erklärungsversuche über Begriffe wie "Schwingung" oder "Information" werden von rein materialistisch denkenden "Fachleuten" gerne als Hokuspokus abgetan. Dabei scheinen feinstoffliche Meßverfahren (Bioresonanz, Orgon) auf dem besten Wege, die verborgenen Qualitäten sichtbar zu machen und das Rätsel in naher Zukunft zu lösen. Das die Bach-Arzneien wirken, zeigt die jahrzehntelange Erfahrung. Besonders vorübergehende Blockaden, Lernstörungen, Flug- oder Prüfungsangst sind damit gut zu beeinflussen. Früh genug angewendet, können Bach-Blüten die körperliche Manifestation seelischer Disbalancen verhindern. Zur gezielten Vorbeugung taugen sie aber eigentlich nicht: Die passende Blüte "greift" nur dann, wenn der Zustand akut ist oder zumindest akut zu werden droht. Tiefersitzende Leiden lassen sich besonders im fortgeschrittenen Stadium wohl weniger lindern als Bach dies gehofft hatte. Glücklicherweise sind Überdosierungen ausgeschlossen, gefährliche Nebenwirkungen auch bei falscher Mittelwahl nicht zu befürchten. Die Arznei findet im menschlichen Organismus dann lediglich keine Resonanz.

Die Tatsache, daß neben Erwachsenen auch Kleinkinder, Tiere und selbst Pflanzen positiv auf die Blüten reagieren, spricht gegen den unterstellten reinen Placeboeffekt. Obwohl die Bach-Essenzen ebenfalls stark verdünnt werden und auf einer nicht-materiellen Ebene ansetzen, unterscheiden sie sich in Herstellung und therapeutischer Anwendung klar erkennbar von den Mitteln der klassischen Homöopathie. Während diese auch aus mineralischen und tierischen Substanzen gewonnen, potenziert und nach der Ähnlichkeitsregel verordnet werden, vertraute Bach allein auf die energetische Kraft wildwachsender Pflanzen, die er in einer Alkohol-Wasser-Lösung konservierte und in Tropfenform seinen Patienten eingab.

Selbstmedikation von Laien hat klare Grenzen

Bach-Blüten sind in England in den meisten Drogerien und Naturkostläden für jeden erhältlich, ganz im Sinne ihres Erfinders, der stets nach einer preiswerten Volksmedizin suchte, die in jedem Küchenschrank Platz hatte. Bachs Aufforderung "Heal thyself" (Heile Dich selbst) setzen immer mehr Menschen auch anderswo in die Tat um. Das die durchaus sinnvolle Selbstmedikation nicht dazu verleiten darf, bei schwerwiegenderen Gesundheitsstörungen auf professionelle Hilfe zu verzichten, wird häufig übersehen. Ein bequemes Allheilmittel sind Bach-Blüten gewiß nicht. In Deutschland sind sie nach wie vor apothekenpflichtig, werden aber inzwischen auch ohne Rezept abgegeben. Nur Ärzte und Heilpraktiker dürfen laut Gesetz fremde Personen berufsmäßig mit Bach-Blüten behandeln. Eine Liste mit den Adressen von niedergelassenen Therapeuten ist über das Deutsche Bach Centre in Hamburg-zu beziehen.

Grundlage einer kompetenten Arzneimittelwahl ist in der Regel das therapeutische Gespräch. Es erfordert vom Behandler viel Einfühlung, gute Menschenkenntnis sowie Basiswissen in Psychosomatik und Psychotherapie. Ob dabei zusätzlich ein Fragebogen benutzt wird oder Tonbandaufzeichnungen, ist unerheblich. Die klassische Erstanamnese wird in der Praxis häufig auch mit anderen Methoden der Mittelbestimmung kombiniert. Auf eine interessante Variante kam der Heilpraktiker Dietmar Krämer, der neue Zusammenhänge herstellte und die Blüten in verschiedene "Schienen" unterteilte. Außerdem ordnete er sie Organbereichen, Hautzonen und Akupunkturmeridianen zu und wendete sie als einer der ersten gezielt auch äußerlich an. Seine astrologische Diagnose nähert sich stark der Esoterik, die auch andere Therapeuten ins Spiel brachten. Intuitive Spontanwahl (vor allem bei Kindern), Kinesiologie und Pendeln seien hier noch genannt.

Ob Bach dies alles befürwortet hätte, ist zumindest umstritten. Dies gilt auch für die diversen Blütenessenzen aus aller Herren Länder, die in jüngster Zeit auf den Markt drängen. Kalifornische, australische und deutsche "Bach-Blüten" betrachtet besonders das Hamburger Institut der Pionierin Mechthild Scheffer als autorisierter Vertreter des englischen Bach-Centre in Deutschland mit Argwohn. Die "Original Bach-Blüten", so sagen andererseits Kritiker, hätten an Qualität und damit an Wirksamkeit verloren, seitdem die Briten mit dem Pharmaunternehmen Nelson zusammenarbeiten. In Hamburg weist man diesen Vorwurf zurück. Nelson habe nur die Endabfüllung übernommen, die Essenzen würden unverändert auf die von Bach vorgeschriebene Weise hergestellt. Wie auch immer, der irritierte Anwender besorgt sich die Blüten gewöhnlich aus der Quelle, der er am meisten vertraut. Wenn in Verbindung mit Bachs Namen jedoch Blütenextrakte auftauchen, die aus völlig anderen Pflanzen gewonnen wurden als den bekannten, scheint die Skepsis berechtigt. Zum einen hinterließ Bach einen wohlabgestimmten, perfekten Arzneischatz, der keiner modischen Ergänzung bedarf. Zum anderen ist kaum anzunehmen, daß sich bei den Neuschöpfungen soviel genialer Forschergeist, Nächstenliebe und Verantwortungsgefühl zu einem segensreichen Ganzen verbinden wie im Falle der Persönlichkeit des Edward Bach.

Bachs Hoher Ethos bleibt manchmal auf der Strecke

In den vergangenen Jahren hat ein wahrer Bach-Blüten-Boom eingesetzt, mancherorts blühen vor allem die Geschäfte. Zwar sprach Bach als sensitiver Mensch häufig vom "höheren Selbst" und von "Spiritualität", doch der Versuch, ihn zum "Pionier des New Age" zu stilisieren, scheint reichlich gewagt. Bach war alles andere als geschäftstüchtig und hat seine Patienten nach Aufgabe seiner Londoner Arztpraxis ohne Ansehen der Person kostenlos behandelt. In den "Blumen des Feldes" sah der "Herbalist", wie er sich selbst nannte, ein Geschenk des Schöpfers, das sich nicht mit einer kommerziellen Verwertung vertrug. Von Bachs hohem Ethos sind seine Nachahmer oft meilenweit entfernt.

Bach war der Meinung, daß mit seinen Blüten auch für die Schulmedizin als unheilbar geltende Krankheiten zu kurieren waren. Ein Anspruch, der heute nur schwer zu erfüllen ist, da zu den inneren Krankheitsursachen immer mehr grobstoffliche Belastungen von außen an uns herantreten. Anhaltender Streß durch Radioaktivität, Elektrosmog und unzählige chemische Gifte kann die Selbstheilung des Körpers außer Kraft setzen. Außerdem: Für den, der tiefer blickt, bleibt Bachs zentrale Botschaft so aktuell wie vor 60 Jahren: "Krankheit ist weder Grausamkeit noch Strafe, sondern einzig und allein ein Korrektiv, ein Werkzeug, dessen sich unsere eigene Seele bedient, um uns auf unsere Fehler hinzuweisen, um uns von größeren Irrtümern zurückzuhalten, um uns daran zu hindern mehr Schaden anzurichten, und uns auf den Weg der Wahrheit und des Lichts zu bringen, von dem wir nie hätten abkommen sollen".

Hans Krautstein

Adressen/Literatur

  • Institut für Bach-Blütentherapie, Dr. Edward Bach Centre, German Office, Lippmannstraße 57, 22769 Hamburg, Telefon 040-43257710, Fax 435253.
  • Edward Bach: Blumen, die durch die Seele heilen, Heinrich Hugendubel-Verlag, München 1995, 169 Seiten, 29,80 DM.
  • Götz Blome: Das neue Bach-Blüten-Buch, Bauer Verlag, Freiburg 1996, 477 Seiten, 48,- DM.
  • Renate Edelmann: Mit Bach-Blüten unsere Haustiere heilen, Ansata Verlag, Interlaken 1996, 166 Seiten, 32,80 DM.
  • Dietmar Krämer: Neue Therapien mit Bach-Blüten, Ansata-Verlag, Interlaken, 3 Bände, Band 1: Beziehungen der Blüten zueinander, 1995, 229 Seiten, 39,80 DM - Band 2: Diagnose und Behandlung über die Bach-Blüten Hautzonen, 1996, 319 Seiten, 46,- DM - Band 3: Akupunkturmeridiane und Bach-Blüten, 1996, 324 Seiten, 46,- DM.
  • Mechthild Scheffer: Bach-Blütentherapie, Theorie und Praxis, Heinrich Hugendubel-Verlag, München 1996, 303 Seiten, 38,- DM und Die praktische Anwendung der Original Bach-Blütentherapie in Fragen und Antworten, Goldmann Verlag, München 1993, 248 Seiten, 15,- DM.
  • Mechthild Scheffer und Wofl Dieter Storl: Neue Einsichten in die Bachblütentherapie, Heyne und Das Heilgeheimnis der Bachblüte
  • Nora Weeks: Edward Bach, Heinrich Hugendubel-Verlag, München 1988, 148 Seiten, inzwischen vergriffen - neue Ausgabe des Titels in der Reihe Heyne Ratgeber für 4/97 geplant.
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