Ob Social Media, TV-Sendung oder Podcast: Der Comedian Aurel Mertz nutzt seine Stimme bewusst, um mit Überspitzung und Satire auf soziale Ungerechtigkeit, Umweltprobleme und die Klimakrise hinzuweisen. Beim digitalen Interview erzählt der Entertainer, wie er auf Twitter und Instagram Hunderttausende Follower zum Lachen bringt, jeden Tag aufs Neue.
Wie startet Aurel Mertz in den Tag?
Ich stehe sehr früh morgens gegen fünf Uhr auf. Gar nicht mal freiwillig, sondern ich bin einfach ein Morgenmensch. Das heißt, sobald es hell ist oder im Winter auch früher, bin ich wach. Dann springen meine Katzen auf meinen Bauch und ich muss aufstehen und sie füttern. Nachdem die Katzen gegessen haben, sitze ich gemütlich mit ihnen auf der Küchencouch und warte, bis der Tag beginnt.
Wie gelingt es dir jeden Tag aufs Neue, sozialkritische Themen in humorvollen Tweets zu verpacken?
Ich bin vielseitig interessiert, muss immer alles mitbekommen, befasse mich mit tausend Dingen und mein Gehirn rattert ständig. Wenn man dann Nachrichten liest, die einen inhaltlich erst mal überfordern und darüber einen unterhaltenden Zugang findet, nimmt Humor ein bisschen die Hilflosigkeit. Und vielleicht hilft’s dann auch den Leuten, über aktuelle Themen zu lachen.
Ist es wirkungsvoll, wichtige Themen wie Klimaschutz übers Lachen zu transportieren?
Es ist grundsätzlich immer einfacher, Menschen über Unterhaltung zu erreichen. Du bringst an die Leute Informationen ran, die wichtig für sie sind, ohne mit dem Vorschlaghammer zu sagen: So muss das sein. Humor ist nie ultimativ, sondern eine wabernde Masse, die Menschen eher an sich heranlassen. Dementsprechend ist das eine sehr angenehme Art und Weise, den Leuten Dinge näherzubringen. Als Privatperson bin ich aber auch schon anderweitig aktiv geworden und bei Demonstrationen mitgelaufen – zum Beispiel von Fridays for Future.
Was können Einzelne für den Klimaschutz tun und was tust du?
Vegetarische oder vegane Ernährung ist ein sehr effektiver Beitrag. Als ich drei Jahre alt war, hat mir meine Oma eine Salamipizza vorgesetzt. Ich habe gefragt: Was ist das? Und sie sagte: Schwein. Wieso soll ich Schwein essen?, fragte ich erstaunt. Daraufhin habe ich nie wieder Fleisch gegessen. Das macht es mir jetzt leicht, weil ich mich von nichts trennen muss und es ist eine Sache, mit der ich mich sehr gut fühle. Außerdem hatte ich in meinem Leben noch nie ein eigenes Auto; ich besitze jetzt zum ersten Mal ein motorisiertes Fahrzeug, ein Elektromoped, das keinen Lärm macht und nicht raucht. Trotzdem versuche ich alles, was möglich ist, zu Fuß zu gehen. Auch Inlandsflüge habe ich komplett gestrichen und sitze seit zwei Jahren stundenlang in verspäteten Zügen.
Wo drückst du mal ein Auge zu?
Ich fliege einmal im Jahr in den Urlaub und habe dabei manchmal ein schlechtes Gewissen. Das ist dann ein Punkt, auf den ich nicht verzichte.
Über Aurel Merz
Aurel Mertz wurde 1989 in Stuttgart geboren und ist dort aufgewachsen. Er studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft in Wien und Istanbul und absolvierte 2013 bei Frank Elstner die Masterclass, eine Moderatorenschule für junge Talente. Danach entwickelte der Comedian seine erste eigene Late Night Show „Boomerama“, die von 2016 bis 2018 auf Tele5 lief und trat parallel dazu als Stand-up-Comedian auf. Seit 2019 ist er Gesicht und Co-Autor des satirischen Funk-Formats „Aurel Original“, das seit 2021 auch in der ZDF-Mediathek zu sehen ist. Aurel Mertz lebt in Berlin.
In deiner Sendung Aurel-Original kritisierst du, dass Klimaschutz nicht nur auf den Schultern Einzelner liegen darf. Was würdest du umsetzen, wenn du die politische Entscheidungsgewalt hättest?
Moore sind extrem effektive Wege, um CO2 zu speichern. Moore wieder frei zu legen ist dementsprechend ein natürlicher Weg, der sehr viel bringt. Und auf gar keinen Fall sollte man Moore weiter austrocknen, nur um zum Beispiel irgendwelche Autobahnen zu bauen.
Dann ist mir Tierschutz wichtig: Wir müssen dafür sorgen, dass Tieren nicht weiter ihre Lebensräume genommen werden. Außerdem müssen wir einen Weg finden, mit unserem Müll umzugehen und erneuerbare Energien stark ausbauen.
Seit wann ist es Teil deines Alltags, im Bio-Laden einzukaufen?
Als armer Student habe ich immer das Gleiche gekauft – einfach nur Spaghetti und Erbsen aus der Dose. War auch ein geiles Essen. Als ich anfing, Geld zu verdienen, bin ich das erste Mal in einen Bio-Laden gegangen. Dort habe ich festgestellt, dass die Auswahl für mich größer ist, weil's Produkte gibt, die meinen vegetarischen Nahrungsstil gut ergänzen und eine coole Abwechslung für mich sind. Aber wir haben immer noch das Problem, dass vegane Produkte wie Hafermilch relativ teuer sind. Ein nachhaltiges Leben muss man sich erst mal leisten können. Dabei wird es vielen Produzenten von nachhaltigen Produkten nicht leicht gemacht und man kann auch nicht immer alles von Verbraucher:innen verlangen. Insofern sollten Betriebe, die Bio produzieren, staatlich unterstützt und nachhaltige Produkte wie Hafermilch subventioniert werden.
Was könnte Menschen noch anregen, nachhaltiger zu konsumieren?
Es muss für alle nachvollziehbar sein, was wir kaufen. Alle Lebensmittel und Produkte müssen transparenter werden, das ist sehr wichtig. Zum Beispiel bei der Massentierhaltung gelangt Ammoniak am Ende des Kreislaufs in unser Grundwasser und die Reinigung davon müssen wir schlussendlich mit unseren Steuergeldern bezahlen.
„Alle Lebensmittel und Produkte müssen transparenter werden.“
Du hast neben positivem Feedback auch schon Hasskommentare erhalten. Wie gehst du damit um?
Erstmal sind Leute, die ich auf der Straße treffe, fast zu 100 Prozent positiv. Echte Menschen sind – und das muss man sich immer wieder bewusst machen – richtig toll. Meistens negativ sind die Leute, die sich frustriert hinter ihren Tastaturen verstecken, denen es wahrscheinlich gerade selbst nicht gut geht – und deren Kommentare sollten kein Indikator dafür sein, wie es mir geht. Es gibt aber manchmal auch schwierige Situationen: Als ich in Corona-Quarantäne war, habe ich im Internet negative Sachen über mich gesucht und bin in eine Negativspirale gestürzt, weil ich einfach schon seit über sieben Tagen drinnen saß. Als die Quarantäne vorbei war und ich wieder raus ins echte Leben und in die Sonne gehen konnte, war alles schnell wieder okay.
Was ist dein Rezept für gute Laune?
Aufs Positive konzentrieren und Zeit mit meiner Familie, meinen Eltern, meiner Schwester, meinen Freund:innen und Katzen verbringen. Ich sag’ immer: Tiere in der Sonne streicheln ist die Lösung für fast alles. Was gibt’s Besseres?
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