Leben

Werden Antibiotika für Tiere verboten?

In Brüssel sind Pläne gescheitert, nach denen manche Antibiotika für Menschen reserviert werden sollten.

Am Ende kommen alle schlecht weg: Klaus und Judith, Mautz und Bello, Pute und Schwein sowieso. Es geht um unsere Haus- und Nutztiere sowie um uns Menschen. Alle sind auf lebenswichtige Antibiotika angewiesen. Zu einer schlechten wird diese Nachricht deswegen, weil das EU-Parlament Pläne abgelehnt hat, fünf Antibiotikagruppen für den Einsatz beim Menschen zu reservieren und bei Tieren weitgehend zu verbieten.

Warum Reserveantibiotika so wichtig sind

Warum dies so wichtig wäre, ist schnell erklärt: Durch den immer häufigeren Einsatz von Antibiotika entwickeln immer mehr Bakterien und Keime Resistenzen gegen diese. Das heißt schlicht, dass die Mittel nicht mehr wirken. Dann können Reserveantibiotika zum Einsatz kommen, die nur sehr restriktiv eingesetzt werden und gegen die nur wenig Resistenzen gebildet werden. Laut der EU-Kommission sterben jedes Jahr in der EU rund 33 000 Menschen aufgrund von Antibiotikaresistenzen. „Sehenden Auges steuert Europa auf Zeiten zu, in denen es keine lebensrettenden Reserveantibiotika mehr gibt“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, nach der Abstimmung.

Wie kommt es zu Resistenzen?

Dass der massenhafte Einsatz in der Tiermast ein Problem für Menschen ist, ergab eine niederländische Studie: Bei fast jedem fünften Menschen, bei dem Antibiotika wirkungslos waren, war dies auf Keime aus Lebensmitteln zurückzuführen, allen voran von Fleisch. Doch nicht nur allein deswegen wäre ein restriktiver Einsatz dieser Medikamente wünschenswert. Frank Montgomery, Weltärztepräsident, ist der Ansicht, dass mit der Gabe von Antibiotika die schlechten Haltungsbedingungen kompensiert würden. Immerhin werden in der EU jährlich etwa 6500 Tonnen dieser Medikamente Tieren verabreicht werden, dagegen „nur“ 4200 Tonnen Menschen.

Dürfen Hund und Katze weiter mit Antibiotika behandelt werden?

Der Einsatz für Haustiere ist dagegen verschwindend gering: Nur gut ein Prozent der 6500 Tonnen landen bei Mautz und Bello. „Daher hätten wir gern die Behandlung einzelner Tiere, wie Haustieren, ermöglicht“, sagt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen und Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, der die Pläne dem EU-Parlament vorgelegt hatte.

Die EU-Kommission bleibt nun bei ihren Plänen, im Januar 2022 eine Liste mit Reserveantibiotika vorzulegen, die Menschen vorbehalten sein sollen. Allerdings konkretisiert sie das bisher nicht. Stattdessen präsentierte sie Kriterien für deren Auswahl: etwa eine hohe Bedeutung für die menschliche Gesundheit und ein „nicht-essenzieller“ Bedarf in der Tiermedizin. Dieser Ansatz kann aus Häuslings Sicht nicht allen gerecht werden: „Tiere oder Menschen, eine Seite wird auf der Strecke bleiben. Kommen nur wenige Antibiotika zur Liste der Reserveantibiotika, dann droht die weitere Verwendung in Tier-Mastbetrieben und damit auch eine weiter fortschreitende Resistenzentwicklung. Werden hingegen viele Antibiotika als Reserveantibiotika für den Menschen reserviert, so werden viele Tierärzte umdenken und so mancher Haustierhalter möglicherweise den Verlust seines Tieres beklagen müssen.“

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