Wenn die Umweltaktivistin Alessandra Korap und ihre Mitstreiterinnen durch den verbliebenen Regenwald ihrer brasilianischen Heimat patrouillieren, sind ihre Gesichter mit Kriegstätowierungen bemalt. „Viele von uns wurden bereits vertrieben, etliche getötet“, sagt Korap. „Wir befinden uns in einem Krieg.“ Bewaffnet mit Kameras und Drohnen gelingt es ihnen, die Goldschürfer und Holzfäller zu vertreiben, die ihr Land heimsuchen. „Das ist unser Land“, sagt Korap bestimmt. Das Land der Munduruku, einer indigenen Bevölkerungsgruppe im Herzen des Amazonas. Alessandra Korap ist zur prominentesten Anführerin ihres Widerstands geworden.
„Viele von uns wurden bereits vertrieben, etliche getötet.“
Gemeinsam mit den Frauen für das Land der Munduruku
„Ich war schon immer eine Aktivistin“, sagt die 40-Jährige. Sie habe sich früh für die Rechte von Mädchen und Frauen engagieren wollen, „aber auf den Versammlungen im Dorf gab es lange keinen Platz für uns Frauen. Gesprochen haben immer nur die Männer.“ Ihr Heimatdorf liegt am Tapajós, einem der größten Nebenflüsse des Amazonas. Als 2014 bekannt wurde, dass der Fluss an mehreren Stellen für Wasserkraftwerke aufgestaut werden sollte, ergriff Korap das Wort. Bald führte sie die Proteste an und holte weitere Frauen an die Spitze der Bewegung. Mit Erfolg: Das Kraftwerk wurde bis heute nicht gebaut.
Starke Frauen
Goldschürfer vergiften den Fluss
Im Jahr 2019 veranlasste sie umfassende Blutproben und Laboranalysen. Das Ergebnis: In einigen Dörfern am Tapajós leiden die Menschen an Quecksilbervergiftungen, am stärksten betroffen sind Frauen und Kinder. „Das Quecksilber kommt aus den illegalen Minen“, erklärt Korap. Die Goldschürfer ätzen damit das Edelmetall aus dem Gestein. Von dort sickert es in die Flüsse und vergiftet das Trinkwasser und den Fisch, die wichtigste Proteinquelle für Hunderttausende Menschen.
Internationale Anerkennung
Alessandra Korap erhielt 2020 den Robert F. Kennedy Human Rights Award. Mit ihm werden Menschen geehrt, die einen bedeutenden Beitrag zu den Menschenrechten in ihrem Land leisten. Im Jahr 2023 wurde sie mit dem Goldman Environmental Prize ausgezeichnet. Er wird jährlich an sechs „Umwelthelden“ aus den bewohnten Kontinenten für außergewöhnliche Aktionen zum Schutz des Planeten verliehen.
Ihr Ziel ist ein Gerichtsurteil
Ihr jüngster Kampf richtet sich gegen eine geplante Bahntrasse, die quer durch das Gebiet der Munduruku verlaufen soll, um Soja aus dem Süden direkt zu den Häfen am Tapajós zu transportieren, von wo aus es auch nach Europa verschifft wird. „Der Kolonialismus hat nie geendet“, betont Korap. „Ihr importiert Gold, Holz und Soja aus Brasilien – daran klebt indigenes Blut.“ Für ihre Arbeit erhält Alessandra Korap international viel Anerkennung. In ihrer Heimat hingegen wird sie verfolgt und bedroht. Nach zwei vereitelten Attentaten ließ sie ihr Heimatdorf und ihre beiden Kinder zurück. Im Exil in der Großstadt Santarém studierte sie Jura. Ihr Ziel ist ein Gerichtsurteil: Die brasilianische Regierung soll das Land der Munduruku endlich als indigenes Territorium anerkennen und schützen.
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