Aus der cosmia

Schutzgebiet Hautflora

Einzigartig und unsichtbar: unser Schutzschild, das Hautmikrobiom. Wie bleibt es im Lot und welche Kosmetik schadet dem Mikrobiom nicht?

Ziemlich beste Freunde: Milliarden unsichtbarer Bakterien, Viren und Pilze tummeln sich auf der Haut. Zu unserem Nutzen! Unsere „Mitbewohner“ in ihrer Gesamtheit bilden das Hautmikrobiom. Sie ernähren sich von Hautabsonderungen wie Schweiß oder Fett und verteidigen ihren Lebensraum – die Haut – gegenüber unerwünschten Keimen. Somit gehören sie zum Immunsystem.

Dass nützliche Mikroben den Darm gesund erhalten, ist mittlerweile bekannt. Das Mikrobiom der Haut dagegen steht bisher weniger im Fokus der Öffentlichkeit. Doch zunehmend ist das Hautmikrobiom ein Forschungsthema und mikrobiomfreundliche Hautpflege ein Trend.

Herauszufinden, was dem Mikrobiom nutzt oder schadet, ist nicht einfach: Es setzt sich aus unzähligen Mikrobenarten zusammen, die verschiedene Hautregionen bevorzugen. Doch das ist längst nicht alles! Die Mischung variiert je nach Veranlagung, Geschlecht und Alter des Menschen – beeinflusst auch durch äußere Faktoren wie Luftfeuchtigkeit, UV-Strahlung oder Luftverschmutzung, plus Kleidungsvorlieben und Hygienekultur.

Barrierefunktion der Haut

Kurz: Das Mikrobiom ist bei jedem Menschen einzigartig wie ein Fingerabdruck. Doch einen gemeinsamen Nenner gibt es: Einige wenige Arten kommen weltweit bei allen Menschen vor, das sogenannte „Kernmikrobiom“. Darauf basieren Tests, die Kosmetika als „hautverträglich“ oder „mikrobiomfreundlich“ prüfen.

Galt früher das Prinzip „Bakterien am besten abtöten“, wird seit einiger Zeit umgedacht. Eliminiert man nämlich etwa mit Desinfektionsmitteln oder zu häufigem Waschen die „guten“ gleich mit, gerät das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht. Symptome wie trockene Haut, Akne, Schuppen oder Ekzeme können die Folge sein.

Hautflora im Gleichgewicht

Mikrobiologe Dr. Jörg Brünke, der die Tests für „microbiomefriendly“ entwickelte, nennt drei wesentliche Kriterien für die Hautverträglichkeit: „Weder die Vitalität noch die Diversität unserer Mikroorganismen sollten eingeschränkt werden und der Säureschutzmantel unbedingt erhalten bleiben.“ Der letzte Aspekt werde über den pH-Wert geprüft, der idealerweise bei 4,5-5 liegen sollte. Gebildet werde dieser leicht saure Schutz, indem die Mikroben die „Abfallprodukte“ verstoffwechseln, die wir über die Haut absondern. Brünke betont: „Pflegeprodukte, die entfettend wirken, entziehen diesen Bakterien die Nahrungsgrundlage. Damit fehlt dann der Prozess, der den pH-Wert absenkt.“

Geprüfte Inhaltsstoffe

Die Naturkosmetikhersteller Weleda und Annemarie Börlind gehörten zu den ersten, die ihre Produkte haben prüfen lassen. Guylaine LeLoarer, Leiterin der Forschung und Entwicklung bei Annemarie Börlind, beschreibt, wie das bei „microbiomefriendly“ aussieht: „Im Labor wird dort auf einer besonderen Kultur – in vitro – getestet, wie das Kernmikrobiom auf das Produkt reagiert. Danach erhält man einen Bericht und eine Note. Liegt das Ergebnis zwischen 1 und 2, kann man das Produkt als ‚microbiomefriendly‘ ausloben.“ In vitro heißt, dass der Test außerhalb des lebenden Organismus durchgeführt wird, also sozusagen „im Glas“.

Gesunde Ernährung hilft

Hat man die Rolle des Hautmikrobioms verstanden, möchte man ihm sofort etwas Gutes tun – aber wie? Nach den Experten geht es vor allem darum, den Mikroorganismen nicht zu schaden. Gewarnt wird vor allem vor übermäßigem Desinfektionsmittelgebrauch, zu häufigem Händewaschen und Duschen. Unter den zehn Tipps der Siegel-Website von „microbiomefriendly“ findet sich auch ein Tipp zur Ernährung: „Für die Hautgesundheit besonders hilfreich sind Gewürze und Kräuter wie Kurkuma, Nelke und Basilikum sowie essenzielle Fette wie Omega-3-Fettsäuren.“

Noch gibt es keine gesetzlichen Vorgaben und nicht alle Firmen nutzen das „microbiomefriendly“-Siegel, selbst wenn sie ihre Produkte erfolgreich haben testen lassen. Weleda oder Kneipp etwa nutzen Testverfahren, die andere unabhängige Labore − wie das von Dr. Brünke − anbieten. Guylaine LeLoarer geht davon aus, dass es irgendwann weitere Testmethoden und -kulturen geben wird, „vielleicht sogar eine ISO-Zertifizierung“. Die große Schwierigkeit jedoch sei, einen Standard zu entwickeln, der zu all den unterschiedlichen Mikrobiomen passe. Noch ist in der Forschung umstritten, ob das überhaupt möglich ist, doch sie steht ja auch erst am Anfang.

Microbiome-friendly? Getestet!

  • Mittlerweile gibt es neben der einen Zertifizierungsstelle – „mymicrobiome“, die nach In-vitro-Tests das Siegel „microbiomefriendly“ ausstellt, auch andere Firmen, die Produkttests anbieten.
  • Manche Naturkosmetikfirmen lassen ihre Produkte auch durch Mymicrobiome und andere Labore prüfen und nutzen dann eigene Siegel oder Kennzeichnungen, um ihre Produkte als mikrobiomfreundlich auszuweisen. Es lohnt sich also immer, auf der Packung zu schauen, welche Siegel ein Produkt trägt.
  • Zertifizierte Naturkosmetik ist − ganz unabhängig vom Siegel „microbiomefriendly“ − von jeher meist hautverträglicher als konventionelle Kosmetik, da sie auf zahlreiche chemisch-synthetische Zutaten verzichtet.

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Ein Artikel aus dem Naturkosmetik-Magazin

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