Die „Fridays for Future“-Bewegung ist in der Cremetube angekommen. In einer Befragung von ClimatePartner gaben 38 Prozent der Verbraucher zwischen 18 und 65 Jahren an, dass sie beim Einkauf von Drogerieartikeln auf die CO2-Emissionen der Produkte achten. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Kosmetikmarken mit und ohne Naturkosmetik-Siegel als klimaneutral bezeichnen. Doch was heißt das eigentlich?
So funktioniert der CO2-Ausgleich bei Kosmetika
Wer Kosmetik herstellt und vertreibt, stößt Kohlendioxid (CO2) und andere Treibhausgase aus – deren Wirkung dann in CO2 umgerechnet wird. Dieser Ausstoß lässt sich verringern, etwa durch Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien, weniger aufwendige Verpackungen oder mehr regionale Rohstoffe. Doch unter dem Strich bleibt ein CO2-Ausstoß, der sich nicht vermeiden lässt und der das Klima mit anheizt. Um diesen zu neutralisieren, also auszugleichen, zahlt ein Unternehmen pro Tonne Kohlendioxid einen Betrag in ein Projekt ein, das diese Tonne einspart. Etwa durch Waldaufforstung, den Bau von Biogasanlagen in Indien oder Solarstromanlagen in Namibia.
Diese Projekte sind üblicherweise extern zertifiziert, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich die angegebene Menge an Kohlendioxid einsparen und diese Einsparungen nicht mehrfach verkauft werden. Es gibt spezialisierte Unternehmen wie Atmosfair oder ClimatePartner, die den Herstellern dabei helfen, ihren CO2-Fußabdruck zu ermitteln und die Kompensation über Projekte managen. Dafür bekommt der Hersteller ein Zertifikat und darf mit dem Logo des Klimapartners werben. Darauf steht auch, welche Bereiche klimaneutral sind.
Wir haben bei zwei Naturkosmetikherstellern für euch nachgefragt:
Bioturm: Diese Emissionen kompensiert Naturkosmetik-Hersteller
Der Hersteller Bioturm ist schon seit 2018 ein klimaneutrales Unternehmen. „Es werden alle Emissionen ausgeglichen, die durch das Unternehmen selbst entstehen“, erklärt Vertriebsleiter Felix Langer. Dazu zählen Heizung und Strom, die Fahrten der Mitarbeiter zur Arbeit, Geschäftsreisen, Drucksachen. „Wir haben mit Hilfe von ClimatePartner die CO2-Emissionen für alle Bereiche berechnet und einen Sicherheitszuschlag von 10 Prozent oben drauf gepackt.“
Die Klicks unserer Mitarbeiter und Kunden addieren sich auf 11,5 Tonnen CO2.
2021 stieß der Betrieb Bioturm 82.715 Kilogramm Kohlenstoffdioxid aus. Die Zahl steht auf der Website von ClimatePartner. Ebenso wie das mit den Ausgleichszahlungen geförderte Waldschutzprojekt mit Paranussanbau in Peru. Zusätzlich hat Bioturm auch seine Website mit Shop neutralisiert, „denn da laufen Server und Rechenzentren rund um die Uhr und verbrauchen Strom“, sagt Langer. „Um das auszugleichen, haben wir die Klicks aller Kunden und Mitarbeiter auf unserer Seite zusammengerechnet.“ Sie addierten sich auf 11,5 Tonnen CO2. Neben dem Betrieb der Website lassen sich auch die mit den Produkten verbundenen Emissionen kompensieren. Bioturm macht das für alle Produkte, die seit 2020 auf den Markt gekommen sind.
i+m Naturkosmetik: So viel Arbeit steckt es in klimaneutrale Produkte
i+m Naturkosmetik und auch die Laverana (Marke Lavera) haben neben dem Betrieb bereits ihre ganze Produktpalette neutralisieren lassen. „Das war damals, 2018, richtig viel Arbeit“, erinnert sich Marlene Ortwerth, Produktmanagerin bei i+m Naturkosmetik Berlin. „Für rund 100 Rohstoffe haben wir die Lieferanten angeschrieben, nach Energieverbräuchen und Transportwegen gefragt.“ So viele Daten wie möglich hätten sie damals gesammelt. „Alle Zulieferer haben sich sehr bemüht und uns unterstützt.“ ClimatePartner habe die Ergebnisse mit den eigenen Datenbanken abgeglichen und „schließlich stand eine Zahl da: 272 Tonnen“, erzählt Ortwerth. Das waren die Emissionen für Betrieb und Produkte in 2018.
Die Rohstoffe, ihr Transport und die Verpackungen verursachen den größten Teil unserer CO2-Emissionen.
Weil i+m seither stark gewachsen ist, stieg auch der jährlich erfasste CO2-Ausstoß – auf 379 Tonnen in 2021. Bald wird Marlene Ortwerth für ein Update bei den Lieferanten nachfragen, ob sich in deren Klimabilanz etwas geändert hat. Vielleicht ist ja auch einer klimaneutral geworden.
Neben den genannten Herstellern kompensieren auch andere ganz oder teilweise ihre unvermeidbaren CO2-Emissionen, etwa Wala (Marke Dr. Hauschka) über Atmosfair, EcoCosmetics und Sodasan über PrimaKlima oder Sonett über Stop Climate Change.
Zertifikate allein genügen nicht
Kritiker vergleichen die CO2-Kompensation mit dem Ablasshandel der katholischen Kirche im Mittelalter: Zahle, und die Klimasünden sind dir vergeben. Der Kauf von Zertifikaten ist mit 10 bis 30 Euro je Tonne CO2 viel billiger als eine vollständige klimafreundliche Umstellung der Prozesse. Zwar betonen die Organisationen, die Zertifikate vergeben, dass es nur der zweite Schritt sein kann, Emissionen zu kompensieren. Erst müssen sie soweit möglich verringert werden. Doch dass ein Hersteller das macht, ist keine Voraussetzung, um ein Zertifikat zu bekommen. Auch klimaschädliche Produkte wie Zement und Flugreisen können neutralisiert werden.
Deshalb kommt es darauf an, dass Unternehmen ernsthaft und langfristig am Klimaschutz und ihrer Nachhaltigkeit arbeiten und dies mit Zahlen und Vorhaben belegen – so wie die im Text genannten und weitere Naturkosmetik-Hersteller.
Kommentare
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Ich finde, Kosmetik ist ein Thema, bei dem man sehr gut seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann. Dabei muss es nicht nur um CO2 Emissionen gehen, sondern auch bei den Inhaltsstoffen gibt es heutzutage so viele bessere Möglichkeiten. Beispielsweise habe ich neulich gelernt, dass Obstkernpuder für Granulate verwendet wird, was den Einsatz von Mikroplastik stark reduziert. Falls jemand mehr dazu lesen möchte: https://bio-powder.com/de/aprikosenkerne