Lustwiese, Leibwächter, Lebensraum: Mit knapp zwei Quadratmetern ist die Haut unser größtes Sinnesorgan und zugleich Teil unserer Immunabwehr. Wie ein säurebeschichteter Steinwall schützt sie gegen Krankheitserreger und andere Eindringlinge. Gleichzeitig funkt sie aus unzähligen Sinneszellen ständig Informationen über unsere Umgebung ans Gehirn: warm, rau, klebrig ... alles, was wir wahrnehmen, wird direkt ans Gehirn übermittelt. Für Notfälle gibt es sogar eine Hotline. Verbrennt man sich zum Beispiel, dann zuckt die Hand schneller zurück, als man es spürt.
Wie äußert sich die Haut bei Emotionen?
Aber auch wenn es gefühlsmäßig heiß hergeht, arbeitet es hinter den Kulissen. Manches treibt uns – ob wir wollen oder nicht – die Schamesröte ins Gesicht. Wir werden blass vor Wut oder bekommen Gänsehaut, wenn uns etwas emotional berührt. Andere Gefühle sind nicht so offensichtlich, aber die Redewendungen sprechen für sich: Trauer etwa geht einem unter die Haut und Konflikte machen dünnhäutig. Man kann halt nicht aus seiner Haut.
Aktuelle neurologische Studien zeigen, wie treffend diese Redewendungen sind und auch warum: In einer frühen Entwicklungsphase bilden sich Oberhaut–und Nervenzellen aus demselben „Keimblatt“ im Embryo. Sie bleiben eng verbunden, deswegen zeigen sich Gefühlsregungen unbewusst direkt auf unserer Haut. Mediziner sprechen von „Psychosomatik“. Der Begriff ist zusammengesetzt aus den altgriechischen Bezeichnungen „Psyche“ für Seele und „Soma“ für Körper.
Praxistipp

Jetzt mal ganz locker
Entspannung hilft bei psychischem Stress und Hauterkrankungen. Kuscheln ist eine Variante, aber auch körperliche Antistress-Techniken wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Entspannungsyoga sind empfehlenswert. Entsprechende Kurse bieten etwa Volkshochschulen und Krankenkassen an.
Wie zeigt sich Stress auf der Haut?
Liebe tut auch der Haut gut, sie macht sie samtweich und verleiht ihr einen rosigen Glow. Dafür sorgt unter anderem das Hormon Dopamin, das neben Serotonin auch als Glückshormon gilt. In Frankreich sagen Verliebte nicht zufällig: „Ich hab dich in meiner Haut.“ Wird es stressig, sieht man dagegen eher blass aus oder bekommt rote Flecken. Stress bringt uns in den Kampfmodus: Der Körper schüttet die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol aus, damit wir hellwach sind, unsere Muskulatur gut durchblutet ist und wir im Zweifel sofort handeln können: weglaufen oder kämpfen. Früher war das nötig, sobald ein Löwe unseren Weg kreuzte, heute steht diese Reaktion bei der Begegnung mit dem übellaunigen Chef oder der Ex des Freundes an.
Die Nebenwirkungen sind enorm, denn im Stresszustand werden Verdauung und Immunabwehr heruntergefahren. Man ist dann schnell erschöpft, isst nicht ausgewogen, schläft und bewegt sich zu wenig. Erste Warnhinweise der Haut können Juckreiz, Stresspickel oder Infektionen sein. Ändert sich nichts, kann Dauerstress sogar Neurodermitis oder Schuppenflechte auslösen. Wenn Scham oder Ekel im Spiel sind, blühen einem womöglich Akne oder Lippenherpes. Gut, wenn man die Alarmsignale kennt. So lässt sich zum Beispiel Lippenherpes mit Teebaum- oder Manukaöl gut ausbremsen.
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Antientzündlich essen
Milchprodukte, Fleisch, Wurst und Süßigkeiten sollten in Maßen und eher als Ausnahme genossen werden. Haut und Darm schätzen Vollkornprodukte, Obst und Gemüsegerichte – am besten frisch und gerne selbst zubereitet. Bei Fetten wäre eine Balance von 1:4 zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren super. Oft überwiegen jedoch Letztere. Also mehr Raps-, Lein- oder Walnussöl sowie Chia- und Hanfsamen – allesamt gute Quellen für Omega-3-Fettsäuren.
Balance zwischen Haut und Seele finden
Lässt der Dauerstress nicht nach und macht sich bereits auf der Haut bemerkbar, wird es spätestens Zeit, die Reißleine zu ziehen: Vielleicht ist ein Arbeitsplatzwechsel angesagt oder ein Sabbatical? Das gilt es abzuwägen. Manchmal sind auch unbewältigte Konflikte oder Kindheitserlebnisse die Auslöser. In dem Fall kann eine Psychotherapie helfen. Bei Neurodermitis etwa geraten Betroffene in einen Teufelskreis aus Juckreiz, Kratzen, neuer Infektion, Scham, Schlaflosigkeit und dadurch noch mehr Stress. Ein Mix aus Psycho- und Verhaltenstherapie kann für Entlastung sorgen.
Leider kommt man dem Stress nicht immer zuvor – dann bieten autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Entspannungsyoga eine gute Mini-Auszeit. Der Wechsel zwischen An- und Entspannung sorgt für Entlastung von Haut und Seele. Dauerhaft angewendet wirken die Techniken sogar stressvorbeugend. Am besten regelmäßig eine davon nutzen, vielleicht sogar jeden Tag ein Zeitfenster nur für sich reservieren und zur Ruhe kommen. Mutter aller Entspannung jedoch ist wohliger Hautkontakt. Für Babys ist Berührung lebenswichtig. Aber auch Erwachsene bringt es in Balance, denn der Körper schüttet dabei das Bindungshormon Oxytocin aus. Es baut Stresshormone ab und funkt gute Laune an Haut und Seele.
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