Kosmetik

Duftverschmutzung: Können Düfte schädlich sein?

Düfte sind dufte – und mittlerweile quasi überall zu finden. Doch so manchem stinken sie gewaltig. Sind sie eine Gefahr für unsere Gesundheit?

Es duftet. Überall. In der Bankfiliale, im Hotelzimmer, im Fitnessstudio. Wer genau hinschnuppert, merkt schnell: Viele Düfte sind kein Zufall. Immer mehr Unternehmen und Institutionen setzen das sogenannte Duftmarketing oder Air Design ein, um einen Wiedererkennungswert zu schaffen, andere Gerüche zu übertünchen, die Stimmung zu heben oder Kaufanreize zu schaffen. So ist eine spezifische Duftnote Teil des Corporate Design beim Modelabel Abercrombie & Fitch. Kunden sollen „ihre“ Jeans quasi am Geruch erkennen können. Die Hotelkette Swissôtel beduftet ihre Häuser ebenfalls mit einer eigenen Kreation. Je nach Standort wird diese Mischung dann um regionaltypische Akzente ergänzt – in Berlin etwa um einen Hauch von Lindenblüten. Auch die Deutsche Bahn erprobt in Zügen den Einsatz von Düften zur Steigerung des Wohlbefindens der Fahrgäste.

Ist das legitim? „Zumindest ist es naheliegend“, findet der Zellbiologe und Geruchsforscher Hanns Hatt von der Ruhruniversität Bochum. Ihm zufolge bestimmen Düfte unser Leben und spielen auch bei Entscheidungen eine wichtige Rolle. „Die Nase hat den direkten Draht zu den ältesten Teilen unseres Gehirns: dem Erinnerungs- und dem Emotionszentrum“, erklärt er. Hier, im sogenannten limbischen System, wird alles abgespeichert: ein Duft ebenso wie die Situation und die Stimmung, in der wir ihn zum ersten Mal wahrgenommen haben. „Wer eine Duftmarke setzt, erzielt daher sehr zuverlässig eine Wirkung“, sagt Hatt und betont: „Das ist keine Erfindung der Industrie. Wir alle betreiben Duftmarketing, sobald wir Parfüm benutzen.“

Die Nase spielt bei Entscheidungen eine wichtige Rolle

Für Ute Leube, Gründerin der Naturkosmetik-Marke Primavera, ist entscheidend, mit welchem Ziel Düfte im öffentlichen und halböffentlichen Raum eingesetzt werden. „Ein altes Auto mit Neuwagenduft zu parfümieren, heißt für mich, den Käufer an der Nase herumzuführen“, so Leube. Gute Erfahrungen hat die Expertin für Aroma-Therapie mit dem Einsatz von Düften in Pflegeeinrichtungen gemacht.

Auch von einem Test am Frankfurter Flughafen kann sie Positives berichten. Ein Verbindungstunnel, in dem Menschen zur Platzangst neigten, wurde dabei von Primavera beduftet. „Die Kombination von Duft, angenehmem Licht und Musik hat die Atmosphäre in dem Tunnel deutlich entspannt“, so Leube. Wesentlicher Bestandteil der Primavera-Philosophie ist, dass nur naturreine biologische Pflanzenstoffe für die Duftöle verwendet werden. Ute Leube ist überzeugt davon, dass sie eine andere Wirkung entfalten als synthetisch hergestellte Düfte, deren Einsatz sie skeptisch sieht.

Stoffe sind im Blut nachweisbar

Auch Geruchsforscher Hanns Hatt rät zur Vorsicht im Umgang mit künstlichen Düften: „Jeder Duft, den ich einatme – egal ob künstlich oder natürlich – ist nach kurzer Zeit im Blut nachweisbar und breitet sich im ganzen Körper aus.“ Ein synthetisch hergestelltes Parfüm würde sich der Professor daher nie direkt auf die Haut sprühen. „Darüber wie sich Duftstoffe im Körper verhalten, ist noch viel zu wenig bekannt“, sagt er.

Können Duftstoffe Allergien auslösen?

Bekannt ist jedoch, dass Duftstoffe bei manchen Menschen Allergien und Unverträglichkeiten auslösen können. Betroffen sind etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung in Deutschland. „Die leichtflüchtigen Duftstoffe stellen zunehmend ein Problem für Patienten mit hyperreagiblen Atemwegen und sehr empfindliche Personen dar“, sagt Silvia Pleschka, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Die Symptome reichen von Herzrasen und Kreislaufstörungen bis hin zu Asthmaanfällen. Sowohl natürliche ätherische Öle als auch synthetische Duftstoffe können der Chemikerin zufolge Augen, Atemwege und Schleimhäute reizen.

Das Problem: Herauszufinden, welcher Stoff die Beschwerden auslöst, ist extrem schwierig. Insgesamt sind etwa 3000 Duftstoffe – künstliche wie natürliche – bekannt. Leider, so Pleschka, seien Informationen zur Zusammensetzung und Verwendung der Raumbeduftungsprodukte unzureichend, um empfindliche Personen zu schützen.

Der DAAB plädiert dafür, auf die Beduftung öffentlicher Einrichtungen zu verzichten und Rücksicht auf sensible Menschen zu nehmen und fordert eine Information der Kunden, Patienten und Fahrgäste über den Einsatz von Raumbeduftung – noch bevor diese die bedufteten Bereiche betreten.

Düfte beeinflussen die Organe

Über 30 Millionen Riechzellen befinden sich in der menschlichen Nase. Sie analysieren Düfte und melden sie dem Gehirn. Wir können über eine Billion Düfte unterscheiden. Mit seinem Team hat der Bochumer Geruchsforscher Hanns Hatt nachgewiesen, dass Riechrezeptoren im ganzen Körper vorkommen, unter anderem im Darm, in der Leber und auf der Haut. Das bedeutet: Düfte beeinflussen unsere Organe und können beispielsweise zur Wundheilung beitragen, die Verdauung anregen oder in der Tumortherapie eingesetzt werden. Denn laut Hatt stellen auch alle Krebsarten Duftrezeptoren her. Entscheidend dafür, ob wir einen Duft mögen oder nicht, sind die Erfahrungen damit. Nur bei ganz wenigen Düften scheint die Vorliebe angeboren zu sein. Ein Beispiel ist der, den Neugeborene über die Kopfhaut verströmen und den offenbar alle Menschen als angenehm empfinden.

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