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Vegetarischer Käse: Welche Alternativen es gibt

Gibt es Alternativen zum tierischen Lab? Vegetarier:innen und Tierschützer:innen suchen nach Alternativen zu traditionell hergestelltem Käse. Bewährte Gerinnungsmittel aus Kälbermägen werden durch mikrobielle Austauschstoffe ersetzt.

Gibt es Alternativen zum tierischen Lab?

Vegetarier:innen und Tierschützer:innen suchen nach Alternativen zu traditionell hergestelltem Käse. Bewährte Gerinnungsmittel aus Kälbermägen (Lab) werden durch mikrobielle Austauschstoffe ersetzt. Auch "veganer Käse" aus rein pflanzlichen Zutaten ist im Angebot. Für die Gen-Bastler scheint mikrobielles Lab ein ideales Einfallstor. Doch bei Bio-Käse sind derlei Manipulationen bisher verboten.

Wer Käse herstellt, muß die Milch zum Gerinnen bringen. Für die Dicklegung kommen grundsätzlich zwei Methoden in Frage: Die natürliche bakterielle Säuerung und der Einsatz von Lab. Das eiweißspaltende Enzym wird in der Magenschleimhaut von Säugetieren gebildet und setzt sich aus Chymosin und einem geringeren Anteil Bovin (Pepsin) zusammen. Die Mehrzahl der Käse - speziell die festeren Sorten - wird mit Hilfe von Lab produziert. Man gewinnt es aus den Rindermägen, die im Schlachthaus als Abfall gelten und nicht im Fleischverkauf landen. Allerdings wird kein Tier eigens für die Labherstellung getötet.
Während viele Käsereien früher ihr Naturmagenlab selbst herstellten und die Zusammensetzung (die "Labstärke") auf die Besonderheiten ihres Betriebes abstimmten, haben bis auf wenige Ausnahmen längst Speziallabors diese Aufgabe übernommen. Nur so läßt sich die für größere Käsereien notwendige gleichbleibende Qualität erzielen. Ergebnis ist ein standardisiertes Kälberlab, auch Fabriklab oder Kunstlab genannt. Der Marktanteil von Fabriklab liegt bei 60 Prozent, es wird fast ausschließlich in flüssiger Form ("Labextrakt") und nur ganz selten als Labpulver angeboten.

Begriffsverwirrung: Mikrobielles, pflanzliches und Gen-Lab

Weil auch Kälberlab aus Massenproduktion teuer ist und immer knapper wird, sucht man seit langem nach Alternativen. In Holland wurde schon in den siebziger Jahren damit begonnen, Lab auf mikrobiellem Wege herzustellen. Schimmelpilze, in der Regel Mucor miehei oder Mucor pusillus Lindt, sind in der Lage, im Rahmen vielfältiger Stoffwechselveränderungen auch das Enzym Chymosin zusammenzubauen. Dieses mikrobielle Lab wird fälschlich auch als pflanzliches Lab bezeichnet und bringt es mittlerweile auf einen Marktanteil von fast 40 Prozent.

Der Terminus "mikrobielles Lab" ist streng genommen nicht korrekt, denn Lab darf ein Gerinnungsmittel nur dann heißen, wenn es aus Wiederkäuermägen stammt. Vielmehr handelt es sich um einen Labaustauschstoff, der neben anderen Gerinnungsmitteln laut Käseverordnung zugelassen ist und unter verschiedenen Namen ("Hannilase", "Rennilase") gelistet wird. Nach anfänglichen Problemen kann man damit heute nicht nur Frisch- und Weichkäse, sondern auch länger reifende Schnittkäse und sogar Bergkäse fertigen. Mikrobielles Lab ist billiger als Kälberlab und wird zunehmend auch von Biobetieben eingesetzt.
Manche Verbraucher, die Kälberlab aus ethischen und/oder religiösen Gründen ablehnen, sehen in mikrobiellem Lab eine Alternative und sprechen manchmal von "vegetarischem Käse". Ein unglücklicher Begriff, denn inwieweit Mikroorganismen als Pflanzen einzustufen sind, ist zumindest umstritten. Trotzdem: Die Nachfrage nach Käse aus mikrobiellem Lab ist besonders seit den BSE-Skandalen deutlich gestiegen. Große Herstellerfirmen versuchen die anhaltende Verunsicherung der Konsumenten auszunutzen und neben mikrobiellem Lab verstärkt auch ihr gentechnisch manipuliertes Labextrakt (Gen-Lab) an den Mann zubringen.

Gen-Lab soll nicht gesellschaftsfähig werden

Mikrobielles Lab ist nicht gleich Gen-Lab, Biotechnologie und Gentechnik sind nicht ein und dasselbe. Dies kann nicht oft genug betont werden. Dennoch sind die Grenzen oft fließend, allein wegen der mächtigen Wirtschaftsinteressen, die dahinterstehen. In England wird immer häufiger mit Gen-Lab gearbeitet, in den USA beträgt sein Anteil schon schätzungsweise 70 Prozent. In Deutschland hat der Bundesminister für Gesundheit im März 1997 - fast unbemerkt von der Öffentlichkeit - nach "eingehender Prüfung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit" der Einfuhr von Gen-Lab zugestimmt. Es nennt sich "Chymogen" (Hansen) oder "Maxiren" (Gist Brocades) und wird von Schimmelpilzen geliefert, denen man aus Kälbermägen entnommene Chymosin-Gene eingepflanzt hat. Käse aus Gen-Lab brauchen nicht als solche gekennzeichnet zu werden und sind auch laboranalytisch noch nicht eindeutig zu identifizieren.
Während die konventionelle Milchwirtschaft auch hierzulande den Einsatz gentechnisch erzeugten Chymosins nicht ausschließt, haben die ökologischen Verbände weltweit die Verwendung von Gen-Lab bei der Käseherstellung verboten. Die Einhaltung dieser internen Vorschrift wird über die Wareneingangsbücher (Lieferantenlisten) der Käsereien kontrolliert. "Es gibt keine erkennbare Notwendigkeit, die bestehenden Labarten wie Kälberlab oder mikrobielles Lab durch Gen-Lab zu ergänzen oder gar zu ersetzen; weder von der Verfügbarkeit noch vom Preis oder von der Technik her", schreibt Eberhard Hasper, Chef der Käsevermarkters MOP, in einem Grundsatzpapier vom Mai 1997. An dieser Position hat sich seitdem nichts geändert.
Geändert haben sich aber die Strategien der High-Tech-Firmen, die ihr Gen-Lab gesellschaftsfähig machen wollen. Sie schrecken dabei auch vor pseudo-moralischer Argumentation nicht zurück. Auf die nachweislich falsche Behauptung, durch Gen-Lab könnten die Leben von Millionen Kälbern gerettet werden, fallen sogar seriöse Zeitungen herein. In dieser Situation fordert Hasper den Naturkosthandel und besonders die VerkäuferInnen an der Käsetheke auf, "ihre Hausaufgaben zu machen. Den Unterschied zwischen Kälberlab, mikrobiellem Lab und Gen-Lab sollten sie im Schlaf kennen und vermitteln können." Jetzt, da die Werbung mit dem Prädikat "gentechnikfrei" endlich erlaubt sei, müsse die Branche in die Offensive gehen. Auch die Bemühungen um eigene Produktionsstätten für mikrobielles Lab würden langfristig intensiviert.
Die meisten Bio-Käse haben außer dem Verzicht auf Gentechnik, Nitrat und Antibiotika aber noch einen wesentlichen Vorteil, meint Hasper: "Sie schmecken noch nach Käse". Während Kälberlab zumindest in Spuren noch Begleitstoffe enthalte, die dem reifen Käse eine eigene Geschmacksnote verleihen, sei Gen-Lab in jeder Beziehung steril. Den verheerenden Trend zum Einheitsgeschmack, den die konventionelle Massenproduktion befördere, werde auch das neue Gen-Lab nicht aufhalten. Kälberlab gilt bei den meist kleinen Bio-Käsern nach wie vor als hochwertiger und wird vor allem für die längerreifenden Sorten bevorzugt.

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