Was ist Guaraná?
Guaraná ist eine bis zu zehn Meter hoch wachsende, holzige Kletterpflanze (Liane) des brasilianischen Regenwaldes und gehört zur Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae). Ihren Namen, Paullinia cupana, verdankt sie dem Indianerstamm der Guarani und dem deutschen Botaniker Paullini, der im 18. Jahrhundert bei diesen Indianern die Pflanze kennen lernte.
Schon vor Paullini berichtete 1669 der Missionar Félipe Betendorf über die Guaranapflanze, aus deren Samen die Maué-Indianer ein stimulierendes Getränk herstellten. Es diente als Energiespender, um auf langen Jagdausflügen Hunger zu vertreiben und die Konzentration zu erhöhen. Von den Medizinmännern wurde es auch als heilende Substanz eingesetzt.
Die Legende um die Entstehung von Guaraná
Der Legende nach verdanken die Maués Guaraná einem außergewöhnlichen Kind ihres Stammes, das die Waldgeister aus Neid ermordet hatten. Die Indianer pflanzten auf Geheiß ihres Gottes die Augen als Samen in die Erde, aus ihnen entsprang die erste Guaranapflanze.
Tatsächlich kann der schwarze, haselnussgroße Samen in seiner gelb-orangen Schale an die Pupille eines Auges erinnern.
Nach der Blütezeit im Juli und August reifen diese Früchte bis Dezember in traubenartigen Bündeln heran. Bis zu 10 Kilogramm Samen können von einer kultivierten Pflanze geerntet werden, wildwachsende Exemplare liefern etwa ein Kilogramm.
Energydrinks mit Guaraná als legale Droge
Die Karriere von Guaraná in der westlichen Welt begann nicht im Bio-Laden, sondern in der Diskothek. Anfang der 90er Jahre waren die gemahlenen Samen Standard-Zutat in Energy-Drinks. Dank dem Koffeingehalt gab eine Dosis Guaraná angeblich Ausdauer genug, um die ganze Nacht durchzutanzen. Das Image als legale Party-Droge war nicht gerade die beste Empfehlung für einen erfolgreichen Start im Bio-Laden. Dort spricht es sich nur langsam herum, dass Guaraná mehr ist als ein neumodischer Koffein-Lieferant.
Wie wirkt Guaraná?
Der Guaraná-Samen, im allgemeinen Sprachgebrauch auch Nuss genannt, enthält zwischen drei und acht Prozent Guaranin, chemisch gesehen eine Vorstufe des Koffeins. Die Konzentration ist wesentlich höher als bei der Kaffeebohne mit ein bis zwei Prozent. Wird der Samen, wie bei der konventionellen Produktion meist üblich, bei hohen Temperaturen geröstet, so entsteht Koffein. Wird er dagegen traditionell in der Sonne getrocknet oder in einem Trockner bei 40 Grad, bleiben das Guaranin und die anderen Inhaltsstoffe unverändert. Erst im Körper wird es zu Koffein abgebaut.
Weil das Guaranin, vergleichbar dem Tein im Tee, an Gerbstoffe wie Tannin gebunden ist, wird es im Körper nur langsam freigesetzt. Die Wirkung ist also weniger aufputschend als bei einem Kaffee, sondern lang anhaltend. Viele Guaraná-Nutzer berichten deshalb von einer besseren Verträglichkeit oder einer anderen Form von Energieschub als bei Kaffee.
Der leicht bittere, zusammenziehende Geschmack ist ebenso ein Ergebnis dieser Gerbstoffe wie die lindernde Wirkung des Pulvers bei Durchfall. Auch die dem Koffein verwandten Stoffe Theobromin und Theophyllin kommen in den Guaraná-Samen vor. Vor allem letzteres führt zu einer verstärkten Harnausscheidung. Die entkrampfenden Eigenschaften des Theophyllins haben es zu einem häufigen Wirkstoff in Asthma-Medikamenten gemacht.
Hilft Guaraná gegen Kopfschmerzen?
Die meisten von Guaraná berichteten positiven Eigenschaften entsprechen denen von Koffein: Der Konsum wirkt anregend, hellt die Stimmung auf, vertreibt Müdigkeit, stärkt die Konzentrations- und Lernfähigkeit. Die verengende Wirkung auf Gefäße im Gehirn könnte eine Erklärung für Erfahrungsberichte sein, nach denen Guaraná sehr gut gegen Migräneschmerzen helfen soll.
Wissenschaftliche Studien, die all diese positiven Eigenschaften belegen könnten, sind jedoch dünn gesät und in ihren Ergebnissen widersprüchlich. Zwar heißt es immer wieder, der pflanzliche Wachmacher habe im Gegensatz zu Kaffee-Koffein keine Nebenwirkungen oder könnte nicht überdosiert werden. Die Zeitschrift Arzneimittel-Telegramm geht dennoch davon aus, dass bei zu intensivem Guaraná-Genuss die gleichen Symptome auftreten können, wie nach zu viel Kaffee und Koffein: Schweißausbrüche, Reizbarkeit, Schlafstörungen und Kopfschmerzen sowie Herzryhthmusstörungen bei anfälligen Menschen. Wie bei Kaffee empfiehlt die Zeitschrift bei Bluthochdruck Guaraná zu meiden. Auch für Kinder sei der Muntermacher aufgrund seiner Wirkung nicht geeignet.
Wie dosiert man Guaranapulver?
Drei Gramm Guaranapulver, in Wasser verrührt, ergeben eine Koffein-Dosis von etwa 150 Milligramm. Das entspricht dem Konsum einer starken Tasse Kaffee oder einem guten halben Liter Schwarztee. Gängige Dosierungsempfehlungen gehen von ein bis zwei Gramm aus, was einem halben bis ganzen Teelöffel Guaranapulver entspricht. In Tabletten ist meist nur ein halbes Gramm Guaraná enthalten. Da die Menschen auf Koffein unterschiedlich stark ansprechen, gilt dennoch, dass jeder für sich die optimale Dosis finden muss.
Guaraná traditionell genießen
Die traditionelle indianische Art, Guaraná zu verzehren sind die so genannten „Bastones“. Für deren Herstellung wird das Pulver mit Maniokstärke und Wasser zu einer Paste vermischt, getrocknet und geräuchert, um es zu konservieren. Verkauft werden die „Bastones“ zusammen mit der knöchernen Zunge eines Fisches, der als Raspel dient, um die gewünschte Menge abzuschaben und in Wasser zu lösen.
Hiesige Verbraucher haben es einfacher: Sie können das braune Pulver in heißem oder kaltem Wasser anrühren und das Getränk etwas süßen oder mit Sahne abschmecken. Der Geschmack erinnert an Kakao. Das Pulver lässt sich aber auch unters Müsli mischen oder in alkoholfreie Getränke einrühren.
Warum Guaraná aus Bio-Anbau besser ist
In den meisten Fällen wird der Samen fein gemahlen als Pulver oder gepresst in Form von Tabletten oder Dragees angeboten. Es gibt aber auch Kaugummi, Schoko-Riegel und Fruchtschnitten mit Guaraná auf dem Naturkostmarkt. Auch in einigen Kräutertees, Bio-Cola und verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln und Kapseln liefert die tropische Frucht das erwünschte Koffein.
Ein Großteil des Guaranás im Naturkostladen stammt aus zertifiziertem ökologischem Anbau und zwar aus dem Entwicklungsprojekt ONCA, einer Kleinbauerngenossenschaft in Brasiliens nordöstlichem Bundesstaat Bahia, der etwa 40 Familien angehören. Angebaut wird die Pflanze in typischer Mischkultur als Rankgewächs an größeren schattenspendenden Bäumen.
Die Samen werden in einem Trockner bei 40 Grad getrocknet und dann geschält. Das Schälen bringt zwar Gewichtseinbußen mit sich, ist aber wichtig, weil sich in der Schale Stoffe befinden, die das fertige Pulver sehr bitter schmecken lassen. Zudem verringert sich durch das Schälen die Gefahr, dass die Samen schimmeln. Relevant ist das, weil sie in vielen Fällen als Ganzes verkauft und erst in Europa weiter verarbeitet werden. Ein Pulver mit Schalen erkennt man an sehr dunklen, kleinen Partikeln im ansonsten braunen Pulver.
Im Projekt ONCA übernehmen die Bauern mit einer kleinen Steinmühle selbst das Mahlen und erreichen damit einen besseren Verdienst. Abgepackt wird das Pulver in Fässer, die luftdicht versiegelt werden. Die Kontrolle von ONCA erfolgt durch das brasilianische Instituto Biodinamico, das seinerseits sowohl vom weltweiten Öko-Dachverband IFOAM als auch von Demeter international überprüft wird. Der deutsche Alleinimporteur für Bio-Guaraná von ONCA zahlt, um den fairen Handel zu fördern, Preise, die deutlich über dem Preis für konventionelle Ware liegen. Ein sichtbarer Erfolg dieser Einkaufspolitik ist ein Genossenschaftszentrum, das den Kindern als Schule dient und den Bauern ärztliche Versorgung bietet. Der im fairen Handel engagierte Verein „El Puente“ zählt deshalb ONCA zu einem seiner vier brasilianischen Partner. Neben ONCA gibt es in Brasilien noch ein Projekt, das Bio-Guaraná für den französischen Markt herstellt.
Das konventionelle Guaraná wird, vor allem für den amerikanischen Markt, auf größeren Plantagen erzeugt, mit dem dabei üblichen Einsatz von Pestiziden. Rund 1000 Tonnen soll die jährliche brasilianische Ernte Schätzungen zu Folge betragen.
Erhältlich sind aber auch Samen, die im Regenwald wild gesammelt werden. Eine Zertifizierung für Wildsammlung durch anerkannte Institutionen gibt es bisher jedoch nicht.
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