Echt scharf
Seit der Antike ist Pfeffer das Universalgewürz. Mit Gold aufgewogen gab er sogar Anlass zu Handelskriegen. Dennoch kennen nur wenige die Geschmacksnuancen der scharfen Beere. // Susanne Teige
380 Pfund Pfeffer sollen angeblich auf die Tische gekommen sein, als Herzog Karl der Kühne von Burgund im Jahre 1468 Hochzeit hielt. Und das, obwohl Pfeffer Jahrhunderte lang so teuer war, dass sich nur die Reichsten die Beeren der tropischen Kletterpflanze Piper nigrum leisten konnten. Kriege wurden um sie geführt und Handelsallianzen gegründet. Karl der Kühne benötigte den Pfeffer bei seinem Hochzeitsmahl nicht nur zum Protzen, sondern auch, um den überreifen Zustand des Fleisches zu übertünchen, was nicht bösartig von ihm war, sondern mittelalterlich – es gab eben noch keine Kühlschränke.
Die Heimat des Pfeffers ist Südwestindien. Heute wird er dort, in Sri Lanka, Malaysia, Indonesien, Thailand, Vietnam, China, Brasilien und Madagaskar angebaut. Je nach Reifezustand, Erntezeit und Weiterverarbeitung der Beeren entstehen die unterschiedlichen Farben und Geschmacksrichtungen. Grüner Pfeffer wird unreif geerntet. Er schmeckt besonders fruchtig und hat ein frisches, scharfes Aroma. Grüner Pfeffer bleibt grün und glatt, wenn er sauer in Essig, salzig in Lake eingelegt oder gefriergetrocknet wird. Gefriertrocknen macht ihn spröde, sodass die Körner sich im Mörser leicht zerkleinern lassen. Trocknet grüner Pfeffer an der Luft, nimmt er dunkelgrüne bis schwarze Farbe an und wird krumpelig.
Was schwarzer Pfeffer ist
Für schwarzen Pfeffer werden die grünen, unreifen Beeren kurz in kochendes Wasser getaucht. Dadurch verfärben die Beeren sich dunkelbraun bis schwarz. Durch das Trocknen an der Sonne entsteht die typische runzlige Oberfläche. Dieser Pfeffer ist am schärfsten.
Um weißen Pfeffer zu gewinnen, lässt man die Beeren ausreifen. Die weißen bis roten Beeren werden geerntet, kommen in ein Wasserbecken und quellen. Danach lassen sie sich leicht schälen. Das Fruchtfleisch wird abgebürstet, übrig bleibt der weiße Kern, der zum Trocknen in die Sonne gelegt wird. Weißer Pfeffer ist so mild, weil das scharfe Piperin vor allem direkt unter der Fruchtschale sitzt.
Langer Pfeffer (Piper longum, auch Bengalpfeffer genannt) gehört ebenfalls zur Familie der Piperaceaen und ist ein naher Verwandter des schwarzen Pfeffers. Europäische Gaumen, die bereits an die scharfe asiatische Küche gewöhnt sind, wissen diesen sehr scharfen Pfeffer zu schätzen.
Der dekorative rosa Pfeffer ist nicht mit dem echten Pfeffer verwandt. Er stammt von einer gänzlich anderen Pflanze, dem Peruanischen (Schinus molle) oder Brasilianischen (Schinus terebinthifolius) „Rosa Pfeffer“. Die reif geernteten und (gefrier-)getrockneten, rosa bis korallenroten, glänzenden Früchte sind fruchtig-aromatisch und von mild-süßlicher Schärfe.
Der Pfeffername taucht auch in anderen scharfen Gewürzen auf, zum Beispiel im Cayennepfeffer, im Pfefferkraut (Bohnenkraut) oder versteckt sich im Namen der Peperoni. Pfeffer (englisch: pepper) steht für Schärfe, obwohl sich der Name von dem Sanskrit-Wort „pippali“ ableitet, was schlicht „Beere“ bedeutet.
Gepfefferte Preise
Die Geschichte des konventionellen Pfefferanbaus geht so: Durch Kunstdünger ließen sich die Erträge kurzfristig eindrucksvoll steigern. Da die Bauern in den Anbauländern arm waren, war diese Investition verlockend. Also kauften sie den Vertretern der Agrarchemie die Wachstumskeulen ab. Doch bereits nach wenigen Jahren zeigte sich, dass die schnell wachsenden Pflanzen anfällig gegen Schädlinge und Krankheiten wurden. Pestizide sollten helfen. Die gab es ebenfalls nicht umsonst. Ein Teufelskreislauf begann. Denn nach und nach verschlechterte sich aufgrund der vielen Chemie und der Monokultur außerdem der Boden. Die Fruchtbarkeit ließ nach, was zu Ernterückgängen führte. Gleichzeitig hatte sich der Weltmarkt für Agrarprodukte verändert. Nicht nur beim Pfeffer waren die Preise gesunken. Aufgrund der Einkommensausfälle konnten sich die Bauern den Kunstdünger und die Pestizide nicht mehr leisten. Die daraufhin eintretenden Ernteausfälle führten zu katastrophaler Armut und Hunger in vormals nie gekanntem Ausmaß.
Bio-Pfeffer stammt aus Projekten, in denen der Boden mit natürlichen Mitteln gepflegt wird. Zum Beispiel greifen Bio-Bauern auf altbewährte Methoden zurück, wie das Kompostieren und das Ansetzen von Jauche zum Schutz der Pflanzen. Außerdem setzen sie auf Mischkultur. Pfeffer wird zusammen mit Tee, Bananen, Vanille und Kardamom angebaut. Dadurch können sich Schädlinge nicht so stark und schnell ausbreiten wie in konventionellen Monokulturen. Die Bio-Bauern können dadurch auf Schädlingsbekämpfungsmittel verzichten, ohne die es im konventionellen Massenanbau gar nicht geht. Allerdings erfordert der Anbau in Mischkultur mehr Sorgfalt und einen höheren Arbeitseinsatz, was sich entsprechend auf den Preis auswirkt. Bio-Pfeffer ist deshalb einfach ein bisschen teurer. Dafür unterstützt man die Kleinbauern und erhält sich zum andern eine bessere Gesundheit. Schließlich wird Bio-Pfeffer weder bestrahlt noch begast und ist auch nicht mit Pestiziden belastet. Und so teuer wie zu Zeiten von Karl dem Kühnen ist er ja nicht.
Vorsicht: Bestrahlt und begast
Konventionelle Gewürze dürfen zur Haltbarmachung bestrahlt und begast werden. Die Veränderungen in den Lebensmitteln und gesundheitliche Folgen werden noch erforscht. Begasung mit Methylbromid, Phosphorwasserstoff oder Kohlendioxid ist mittlerweile selten. Ethylenoxid ist in der EU verboten, bei Einfuhr in die USA und Kanada allerdings vorgeschrieben.
Reisetipp:
Spicy‘s Gewürzmuseum
Das einzige Gewürzmuseum der Welt ist in der Hamburger Speicherstadt und lädt zum Anfassen, Riechen und Schmecken ein. Die Ausstellung zeigt über 500 Gewürze und dokumentiert den Arbeitsprozess vom Anbau bis zum küchenfertigen Produkt. Es informiert über Anwendung, Vorratshaltung und Qualität von Gewürzen.
Spicy´s Gewürzmuseum,
Am Sandtorkai 32, 20457 Hamburg,
Tel 0 40 / 36 79 89,
www.spicys.deWirkt wohltuend: Pfeffer für die Verdauung
Pfeffer wirkt appetitanregend und verdauungsfördernd: Die Schärfe bringt Speichel, Magensaft, die Enzyme des Darmes und die Gallenflüssigkeit in Fluss.
Die Pfefferbeeren enthalten Säureamide, die der Leber beim Entgiften helfen. Besonders das scharfe Piperin ist lichtempfindlich. Pfeffer deshalb dunkel aufbewahren.
Pfeffer enhält ätherische Öle, Flavonoide – das sind sekundäre Pflanzenstoffe – sowie Öle und Stärke. Ätherische Öle unterstützen die Leberfunktion.
Ethanolische Extrakte und ätherisches Öl im Pfeffer wirken antibakteriell, jedoch nicht gegen Schimmel. Pfeffer trocken aufbewahren und vor Kochdämpfen schützen.
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