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Warenkunde: Bio-Kakao

Nicht abwarten, sondern handeln. Und Kakao trinken: Das Geschenk der Götter schützt den Regenwald und ist ein praktischer Beitrag zur Entwicklungshilfe – wenn er aus Bio-Anbau stammt. // Peter Gutting

Ein göttlicher Trunk

Nicht abwarten, sondern handeln. Und Kakao trinken: Das Geschenk der Götter schützt den Regenwald und ist ein praktischer Beitrag zur Entwicklungshilfe – wenn er aus Bio-Anbau stammt. // Peter Gutting

Die Bohne hat es ihm angetan. Bio-Spitzenkoch Konrad Geiger vom Restaurant Fürstenfelder im oberbayerischen Fürstenfeldbruck steht auf Kakao. Manchmal auf ganz frischen. Dann nimmt Konrad Geiger ganze Bohnen und zerstößt sie im Mörser. Zermahlen entfalten die gerösteten Samen des Tropenbaumes ihr volles Aroma. Das ist gewaltig: Für den „Geschmackseindruck Kakao“ kommen mehr als 400 Stoffe zusammen.

Auch als Pulver für Trinkschokolade und zum Backen ist Kakao ein Genussmittel mit großer Tradition. Als göttlich verehrten die Maya und später die Azteken den Tropenbaum und seine Früchte. Kakaobohnen dienten ihnen als Gewichtseinheit und Zahlungsmittel.

Wertvoll sind die Bohnen noch heute – als gutes Geschäft für Plantagenbesitzer, die den Ertrag mit Spritzmitteln und Düngern zu steigern versuchen. Nur Baumwolle wird mit noch mehr Pestiziden besprüht, meldet das Pestizid Aktions-Netzwerk. Doch der Baum der Götter wehrt sich gegen chemiegestütze Monokultur. Früher oder später nehmen Pilzkrankheiten und Schädlinge derart überhand, dass die Verluste auch durch noch so viel Pestizidfracht nicht in wirtschaftlich erträglichen Grenzen gehalten werden können, schreibt der ökologische Anbauverband Naturland in einem Bericht über die Probleme im brasilianischen Bundesstaat Bahia. Im ehemals größten Kakaoanbaugebiet der Welt fielen in den letzten 15 Jahren ganze Plantagen der sogenannten Hexenbesenkrankheit zum Opfer. Das ist ein Pilz, der besenartige Wucherungen an den Schösslingen verursacht. Die befallenen Kakaoblüten bringen keine gesunden Früchte mehr hervor.

Bio-Kakao: Mischkultur mit Bananen und Palmen

Statt den Regenwald abzuholzen und mit Monokultur Schiffbruch zu erleiden, nutzen Bio-Bauern das Vorbild der Natur: durch eine Mischkultur, die das ursprüngliche Waldsystem nachahmt. Naturland zum Beispiel empfiehlt eine Kombination mit Bananen, Papaya und verschiedenen Palmenarten, aber auch mit Mais, Ananas oder Maniok, je nach Bodenbeschaffenheit und Konsumgewohnheiten.

Wenn die Mischung stimmt, löst das natürliche System die meisten Probleme von allein. Gerät das Ganze aus dem Lot, ist mit isolierten Aktionen wenig auszurichten. „Wirksame Kontrollmaßnahmen liegen in vielen Fällen nur in der Nachbesserung des Gesamtsystems“, empfiehlt Naturland. Die Mischkultur schützt den empfindlichen Kakaobaum vor Wind und Sonne, sie versorgt den Boden mit Nährstoffen und hält die Schädlinge in Schach. Darüber hinaus nutzen Bio-Bauern Baumschnitt und Ernteabfälle zum Mulchen und Düngen.

Außerdem kontrollieren sie die Bäume

regelmäßig auf die gefürchtete Braunfäule. Werden die kranken Früchte rechtzeitig abgeschnitten, hält sich der Schaden in Grenzen. Trotzdem tolerieren Bio-Bauern einen gewissen Ernteverlust. Sie erreichen im Schnitt eine Ausbeute von 70 Prozent, während konventionelle Plantagen 95 bis 98 Prozent anstreben, berichtet Jost Rüegg von der Schweizer Schokoladenfirma Bernrain.

Kooperation macht stark

Der Lohn: Biologisch angebauter Kakao gilt als qualitativ hochwertig und bietet Kleinbauern eine soziale Perspektive. Produziert wird von Kooperativen oder Projekten aus Mittel- und Lateinamerika. Viele dieser Bauernfamilien bewirtschaften weniger als drei Hektar. Gemeinsam sind sie stark: Organisiert in lokalen Verbänden und regionalen Dachorganisationen schalten sie den Zwischenhandel aus. Sie fermentieren, lagern und exportieren die Bohnen selbst und behalten dadurch einen größeren Teil der Wertschöpfungskette in eigener Hand. Bio-Anbau als Teil des Kampfes gegen den Welthunger – so sieht es auch das Bundeslandwirtschaftsministerium. Aus Anlass des Welternährungstages 2006 wurde dort die Kakao-Kooperative Conacado als Beitrag „zur Armutsminderung“ gewürdigt. Conacado in der Dominikanischen Republik ist mit 9.000 Bauern der größte Bio-Kakao-Lieferant. Bedeutende Mengen kommen außerdem von der Kooperative El Ceibo in Bolivien (rund 800 Mitglieder) und vom Yacao-Projekt (über 600 Mitglieder, ebenfalls Dominikanische Republik).

In den Anbauländern ist Kakao nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein Genussthema. Sogar Fleisch- und Fischgerichten verleihen die Kakao-Aromen Pfiff, etwa dem mexikanischen Mole Poblano. Die Soßen, die zu Festgerichten mit Geflügelfleisch gereicht werden, hat Bio-Spitzenkoch Konrad Geiger in Mexiko kennengelernt. In die scharfe Chilimischung kommt dunkle Kuvertüre, das gibt eine süßlich-herbe Note. Überhaupt hat die Gastronomie die Ursprünge des Kakaos wiederentdeckt, der bei den Mayas und Azteken ein bitter-scharfes Getränk mit Chili war. So passe Kakao vorzüglich zu Wildgerichten, sagt Konrad Geiger, der gerne mit süßen und herben Geschmacksnoten spielt. Für die Feinschmecker-Linie des Gewürzherstellers Herbaria hat er ein Wildgewürz kreiert, das auch Kakao enthält. Es muss ja nicht gleich eine ganze Bohne sein.

Aroma durch Rösten

Meist wird Roh-Kakao in den Ursprungsländern fermentiert, aber erst in Europa geröstet. Dieser zweite Verarbeitungsschritt verleiht den Bohnen ihr volles Aroma. Das Rösten und die Produktion von Kakaopulver geschieht in großen Anlagen auf teuren Maschinen. „In Europa gibt es nur sechs Anlagen, die Bio-Kakao verarbeiten“, berichtet Lorenz Eymann von der Schweizer Firma Pronatec, die Bio-Kakaopulver sowie Bio-Kakaomasse bezieht und vertreibt.

Fermentieren, damit es schmeckt

Die 15 bis 25 Zentimeter langen Früchte des Kakaobaums (Theobroma cacao) werden mit scharfen Messern vom Baum geschlagen. Im Inneren der festen Schale liegen 20 bis 60 Samen – die Kakaobohnen – umgeben vom Fruchtfleisch.

Die Bohnen werden vorsichtig entfernt, wobei Reste des Fruchtfleisches an ihnen hängen bleiben. Der erste Verarbeitungsschritt ist die Fermentation: Die auf Bananenblätter geschichtete oder in Kisten gefüllte Masse beginnt rasch zu gären. Für den Transport wird der Roh-Kakao getrocknet und mit Methylbromid oder anderen chemischen Lagerschutzmitteln begast. Bei Bio-Kakao ist Begasen verboten.

Rezept

Heißer Kakao mit Kokosmilch

Für 2 große Tassen. Zubereitung: 5 Min. + Kochzeit: 5 Min.

  • 300 ml frische Vollmilch
  • 300 ml Kokosmilch aus der Dose
  • 3 TL Kakaopulver, schwach entölt
  • 3 TL Vollrohrzucker
  • 2 Prisen Steinsalz
  • 2 Prisen Zimtpulver
  • evtl. 2 Prisen Chilipulver
  • 2 EL geschlagene Sahne
  • Schokostreusel

1 Milch und Kokosmilch unter Rühren in einem Topf erhitzen. Gut aufpassen, damit es nicht anbrennt. Kakao, Zucker, Salz, Zimt und Chili unterrühren.

2 Kakao in Tassen füllen und mit Schlagsahne und Schokostreuseln servieren.

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