Essen

Urgetreide: Alte Schätze

Wie Emmer, Einkorn & Co. den modernen Getreidesorten den Rang ablaufen.

Dinkel und Grünkern: Altbekannt

Dinkel hat sich in den vergangenen Jahren fest im Brotregal und in der Küche etabliert. Wohl nicht (nur), weil „wer Dinkel isst gutes Fleisch bildet“, wie bereits die Heilerin Hildegard von Bingen wusste. Eher sorgt dessen lockere Struktur dafür, dass das Getreide leicht verdaut wird und somit gut bekömmlich ist. Vollkorndinkel wie auch der unreif geerntete Grünkern liefern viel Eiweiß, Kalium, Magnesium und Zink. Chrom hält den Blutzucker im Lot.
Dinkel gibt es als Korn, Schrot und Mehl zum Backen von Brot, Brötchen, Kuchen und Keksen. Mit vorgegartem Kochdinkel sind Suppen und Aufläufe fix fertig. Grünkernschrot ist beste Basis für Bratlinge und Risotto.

Einkorn: Lutein-Wunter

Einkorn heißt so, weil aus jedem Absatz der Ähre nur ein Korn wächst. Wegen des geringen Ertrags galt diese Weizenart lange Zeit als unrentabel. Gerade erfährt das weiche, goldgelbe Korn aber viel Aufmerksamkeit. Denn es färbt Brote appetitlich gelb und liefert bis zu zehnmal mehr Lutein – ein Carotinoid, das für gutes Sehen verantwortlich ist, fanden Forscher der Universität Hohenheim heraus. Damit sei Einkorn eine echte Alternative zum umstrittenen, gentechnisch veränderten „Golden Rice“, der so bearbeitet wurde, dass er mehr Beta-Carotin enthält.
Im Bio-Laden gibt es Brot und Brötchen, Mehl zum Selberbacken, Nudeln und Bier aus Einkorn. Die ganzen Körner lassen sich kochen wie Reis.

Emmer: Uriges Zweikorn

Emmer, ein Verwandter des Einkorns, enthält zwei Körner je Ährenspindel und ist eine der ältesten kultivierten Getreidesorten. Bereits vor ca. 10.000 Jahren wurde er im Vorderen Orient angebaut, setzte sich später aber nicht durch, weil die Erträge gering sind und die Ernte des Spelzgetreides mühsam ist. Dabei punktet Emmer bei Kalium, Kalzium und Vitamin E und ist für Menschen mit Gluten-Intoleranz teils besser verträglich – was sich zunehmend herumspricht.
Im Bio-Laden findet man Vollkornmehl, ganze Körner und Flocken, Nudeln und Bier. Die Körner eignen sich als Einlage in Suppen wie den Klassiker „Zweikornsuppe“ (mit roten Bohnen und Knoblauch) und für Aufläufe und Risotto.

Gerste: Mehr als Bier

Bereits vor mehr als 8000 Jahren wurde Gerste in Mesopotamien und am Nil angebaut. Da sie nur wenig „Kleber“ enthält, eignet sie sich eher zum Kochen als zum Backen. Die grob gebrochenen Körner werden traditionell für Grütze, das geschliffene Korn auch für Graupensuppe verwendet. Gerste enthält einen hohen Gehalt an Beta-Glucanen, das sind Ballaststoffe, die Cholesterin und Blutzucker im Lot halten. Der beim Kochen gebildete Gerstenschleim beruhigt empfindliche Mägen.
Geschälte Nacktgerste eignet sich fürs Gersten-Risotto, Graupen für Suppe und Flocken für Müsli und Aufläufe. Aus Gerste wird auch der koffeinfreie Malzkaffee hergestellt.

Riesenweizen: Kamut®/Khorasan

Besser bekannt ist Khorasan bei uns unter dem Namen Kamut®, der von US-amerikanischen Landwirten geschützten Marke für biologisch angebauten Khorasan-Hartweizen. Seine Körner sind doppelt so groß wie die von üblichem Weizen, typisch ist die Herstellung von Pasta aus Kamut®. Durch seinen herzhaften Geschmack ist er auch ein beliebtes Brotgetreide. Neben dem hohen Eiweißgehalt bietet der Riesenweizen Phenole und Carotinoide mit antioxidativer Wirkung.

Kamut® steckt in Nudeln, Brot und Backwaren. Das Mehl lässt sich auch zu Brötchen, Waffeln und Pfannkuchen verarbeiten. Die Flocken fürs Müsli sind eher kernig.

Ur-Roggen: Mehrjährig

Waldstaudenroggen, wie er auch heißt, ist das einzige mehrjährige Brotgetreide. Die Körner sind kleiner, dunkler und schmecken süßlicher als normaler Roggen. Darum eignen sie sich gut für süßes Gebäck und Lebkuchen. Ur-Roggen ist reich an Ballaststoffen, durch die lange Wachstumszeit enthält er viele gesunde Substanzen, etwa den sekundären Pflanzenstoff Rutin, der Arterienverkalkung vorbeugt.
Ur-Roggen gibt es als ganzes Korn und Mehl zum Backen und Kochen sowie vereinzelt als fertiges Brot. Verbacken wird er wie herkömmlicher Roggen mit Sauerteig. Waldstaudenroggen lässt sich auch prima keimen.

Urgetreide: Eine Alternative für Allergiker:innen?

Alle Urgetreide enthalten Gluten und sind somit für Menschen mit Zöliakie tabu. Weizenallergiker.innen und Menschen mit Gluten-Unverträglichkeit kommen mit Urgetreide jedoch teils klar.Wer Probleme mit Fodmaps hat – unverdaute Zucker erzeugen heftiges Bauchgrimmen – verträgt Urgetreide auch oftmals besser. Das liegt aber vermutlich nicht unbedingt an Emmer & Co., sondern an der mehrstündigen Teigführung. Diese wiederum wird vor allem in Bio-Bäckereien praktiziert, wo Ur-Brote entstehen.

Alle Fotos © Sarah Eick/bio verlag

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