„Fleisch ist ein Stück Lebenskraft, solange es lebt.“ (Marie-Luise Holzer-Sprenger, Autorin)
a2+b2 = c2 Mit diesem Satz wurde Pythagoras berühmt. Doch seine logische Denkweise brachte ihm noch eine weitere Erkenntnis ein: „Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück.“ Die Achtung vor dem Leben ist nur einer der vielen Gründe für eine vegetarische Lebensweise. Studien über die Vor- und Nachteile führten zu dem einhelligen Ergebnis, dass Vegetarier gesünder leben.
Ein großer Anteil der Vegetarier profitiert bewusst von dem hohen gesundheitlichen Nutzen, den häufig ein erhöhter Hang zu Bewegung begleitet. Manfred kommt morgens zum Beispiel immer frisch zum Sender – mit dem Fahrrad. Auch halten sich viele Vegetarier mit Alkohol zurück, was sich zusätzlich günstig auf die Gesundheit auswirkt. Bei den vielen positiven Effekten einer solchen Lebensweise lassen sich unter anderem weniger Übergewicht, vermindertes Risiko für Bluthochdruck und ein besserer Cholesterinspiegel nennen.
Vom Mutterleib an. Es ist kein Problem, ohne Fleisch und Wurst aufzuwachsen, wofür Manfreds vier Kinder ein ideales Beispiel sind. Sie kennen von Geburt an nichts anderes. Ohne, dass die Pflanzenkost „von oben“ bestimmt würde, ist es völlig okay für sie, dass die Eltern ohne Fleisch kochen. Seit mittlerweile acht Jahren fährt die Familie zu einem Biobauern im Allgäu in den Urlaub, und die Kids lieben Kühe, Ziegen, Kaninchen und Co. Wahrscheinlich würde es zu einem Aufstand kommen, wenn ein Braten auf den Tisch käme. Die Rasselbande, 2 , 5 , 8 und 10 Jahre alt, hat überhaupt keinen Appetit auf Fleisch und Wurst. Gibt es bei Geburtstagspartys Abendessen, lassen die Kinder die Wurst weg und essen die Pommes solo.
Viele Mütter sorgen sich, dass ihren Kindern ohne Fleisch bestimmte Mineralstoffe oder Vitamine fehlen. Doch eine vegetarische Lebensweise schafft hier sogar eine besonders gute Grundlage. Denn Obst, Gemüse, Käse und Milchprodukte stellen einen guten Vorrat sicher. Manfred und seine Frau waren sich bewusst, dass für die Wachstumsphasen ihrer Kids eine optimale Nährstoffversorgung wichtig ist. Um auf das Wohlergehen der Mutter und die gesunde Entwicklung des Kindes bereits in der Schwangerschaft zu achten, sorgten sie vor: „Für Anette war es auch während der Schwangerschaft und der Stillzeit kein Problem, auf Fleisch zu verzichten. Allerdings hat sie Kräuterblutsaft und manchmal Eisentabletten genommen, um eine ausreichende Versorgung mit dem Mineral sicherzustellen.“
Seit sie Kinder haben, ernährt sich Manfreds Familie nicht nur vegetarisch, sondern auch kontrolliert biologisch. Das tut ihnen gut, man spürt es. Ganz auf Tierisches verzichtet die Familie nicht, weil sie weiß, dass bei Bio auf artgerechte Tierhaltung geachtet wird. Veganer dagegen lehnen auch Milchprodukte, Eier und Honig ab. Etwas weniger strikt leben Lakto-Vegetarier, die zusätzlich Milch und Milcherzeugnisse tolerieren oder Ovo-Vegetarier, die Eier essen. Diejenigen, die beides akzeptieren, werden als Lakto-Ovo-Vegetarier oder Ovo-Lakto-Vegetarier bezeichnet. „Pudding-Vegetarier“ nennt man leicht ironisch Menschen, die zwar hartnäckig Fleisch ablehnen, ihren Appetit jedoch mit Süßigkeiten oder Fastfood stillen.
Gerade in besonderen Lebensphasen wie Schwangerschaft, Wachstum oder Krankheit, muss für ausreichend Nährstoffe gesorgt werden. Im Alltag kann es dabei schon mal schwierig werden. ‹ ‹ Manfreds Ältester mag weder Obst noch Gemüse, außer rohe Möhren. „Als Baby hat Sebastian alles gegessen, aber sobald er selber entscheiden konnte, hieß es: Das schmeckt mir nicht!“ Die Eltern sind froh, dass er dafür gern Säfte trinkt. Und durch ausgewogene Vollwertkost mit Hafer, Reis, Weizen oder Roggen werden Ernährungsdefizite wettgemacht. Der Arzt bestätigt jedenfalls, dass Sebastian genau wie seine Geschwister völlig gesund ist.
„Ich lebe vegetarisch, weil ich so Spaß und Genuss beim Essen mit dem Respekt vor Tieren und gesellschaftlicher Zukunftsfähigkeit verbinden kann.“ (Thomas Schönberger, Vorsitzender des Vegetarier-Bunds Deutschlands e.V.)
„Wir brauchen für Tiere keine neue Moral. Wir müssen lediglich aufhören, Tiere willkürlich aus der vorhandenen Moral auszuschließen.“ (Helmut Kaplan, Autor, Philosoph)
„Linda hat ein Kochbuch geschrieben. Ihr vegetarischer Hamburger steht im Hard Rock Café auf der Speisekarte und verkauft sich weitaus besser als der Burger aus Fleisch. Leute, die Zeiten ändern sich.“ (Paul McCartney, Musiker)
Aktuelle Zahlen
Eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts FORSA ergab einen Anteil von 8 % Vegetariern in Deutschland, also über 6 Millionen Menschen (2001). Zum Vergleich: Nach einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung GfK ernährten sich 1983 nur etwa 0,6 % der Bevölkerung vegetarisch. Eine Umfrage des Allensbacher Institutes stützt die Beobachtung, dass sich die Menschen vermehrt vom Fleisch distanzieren. Auf die Frage „Was bedeutet gesundes Essen für Sie?“ antworteten 26 %: „Weniger oder kein Fleisch essen.“
„Solange man aus der vegetarischen Ernährung keine Ideologie macht, hält sie fit, schont die Umwelt und schützt die Tiere.“ (Cem Özdemir, Innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN)
„Bezogen auf die Klimabelastung ergibt sich bei der fleischhaltigen Komponente (z.B. Frikadelle) die 13fache Menge an CO2-Äquivalenten gegenüber der fleischlosen Komponente (z.B. Getreidebratling).“ (Enquete-Kommission des deutschen Bundestages zum Schutz der Erdatmosphäre)
Pro und Contra
Ein häufiges Gegenargument lautet, dass Vegetarier zu wenig wertvolles tierisches Eiweiß aufnähmen. Doch auch wenn pflanzliches Eiweiß aus Aminosäuren geringerer biologischer Wertigkeit besteht, sorgen abwechslungsreiche Kost und eine entsprechend hohe Menge für Aufwertung. Bei Ovo-Lakto-Vegetariern ist kein Proteinmangel zu erwarten. Und bei Veganern kann eine Kombination verschiedener Lebensmittel einen Ausgleich einzelner fehlender Aminosäuren schaffen, zum Beispiel Getreide und Hülsenfrüchte.
Vegetarier profitieren davon, dass ihre Nahrung reich an komplexen Kohlenhydraten, Ballaststoffen sowie sekundären Pflanzenstoffen ist und dass Fette pflanzlicher Herkunft viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten. Die Zufuhr an Vitaminen, besonders Vitamin C, E, Provitamin A, B1 und Folsäure, ist höher als bei Mischköstlern. Da es rein pflanzlicher Nahrung aber an Vitamin D mangelt, ist ein regelmäßiger Aufenthalt im Freien wichtig, weil der lebenswichtige Stoff dann in der Haut gebildet wird. Einige Mediziner empfehlen vegan lebenden Schwangeren zusätzlich eine Nahrungsergänzung. So können diese auch einen Mangel an essentiellem Vitamin B12 ausgleichen. Bei der Ernährungsform nach Bruker erfolgt eine Annäherung an die Empfehlungen durch eine Kost, die reich an Butter und Sahne ist.
Ein weiteres Fragezeichen sehen viele Menschen hinter den Mineralstoffen. Doch ist bei Vegetariern die Zufuhr im Allgemeinen günstiger, unter anderem bei Kalium und Magnesium. Eine Schwachstelle bildet Eisen, da es aus Pflanzen schlechter aufgenommen wird. Doch Vollgetreide und Blattgemüse heben dieses Manko auf, besonders wenn zugleich Vitamin C gegessen oder getrunken wird.
Da die Ernährung von Kindern andere Ansprüche hat, unter anderem brauchen sie mehr Calcium, Vitamin D und Vitamin C als Erwachsene, empfehlen Ernährungswissenschaftler Veganern, zusätzlich Eisen und Vitamin D sowie dringend auch Vitamin B12 zuzufüttern. Wichtig ist außerdem, dass der Energiegehalt der Babynahrung hoch genug ist. Aufpeppen lässt sich die Kost zum Beispiel durch Pflanzenöl oder ab dem vierten Monat mit Getreide oder Nüssen.
Fazit: Eine ovo-lakto-vegetarische Kost ist für Erwachsene vorteilhaft. Auch bei vegetarisch aufwachsenden Kindern treten mit einer ausgewogenen Nahrung keine Mangelerscheinungen auf. Vegane Ernährung führt bei sorgfältiger Lebensmittelauswahl ebenfalls nicht zu gesundheitlichen Problemen. Wer seine Kinder vegan ernähren will, muss sich aber sehr genau auskennen und konsequent für Ausgleich sorgen, damit es nicht zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen kommt.
Und mathematisch könnte man folgern:
a2 = Obst, b2 = Gemüse, c2 = gesunder Genuss…
Dr. Bettina Pabel
Adressen und Tipps:
- Weltvegetariertag am 1. Oktober, unter anderem mit vielen Aktionen in Berlin (Motto: Vegetarier leben länger), sowie Einsteigerbroschüre: „So geht´s vegetarisch.“(Infos beim Vegetarier-Bund e.V. in Hannover, Telefon: 0511/ 3632050, www.vegetarierbund.de)
- Seminar: „Festlich vegetarisch kochen“ vom 19.-20. Oktober in Hamburg. (Ökomarkt e.V., 70 Euro, bzw. 45 für Nichtverdienende)
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