Ob Tapas-Schälchen oder Paella-Pfannen – Spanier legen sich beim Kochen mächtig ins Zeug. Bei Tisch mögen die temperamentvollen Südländer es locker und unkompliziert. // Nicole Galliwoda
Jedes Mahl ein kleines Fest
Die temperamentvollen Spanier zelebrieren jede Mahlzeit wie ein kleines Fest. Die kulinarischen Köstlichkeiten steigern sich über den Tag. Es fängt morgens meist ganz bescheiden an. Wie überall im Süden Europas begnügt man sich mit einem für unsere Verhältnisse eher kargen Frühstück. Eine heiße Schokolade oder einen Kaffee in der Stammkneipe, dazu frisch gebackene Churros, ein fettiges Spritzgebäck. Nur auf dem Land oder unter Arbeitern, die den Tag früh beginnen, gibt es ein zweites, deftiges Frühstück mit Brot, Eiern und Wurst.
Spät essen mit drei Gängen
Das warme Mittagessen beginnt für mitteleuropäische Verhältnisse ziemlich spät, zwischen zwei und fünf Uhr. Dann wird aber in mehreren Gängen reichlich aufgetischt. „Die Menschen essen einfache Bauern- und Hirtengerichte, viel Eintöpfe und Geschmortes“, erzählt Bio-Gärtnerin Almut Zöschinger, die seit acht Jahren in den Bergen Zentralspaniens nahe Madrid lebt. Die Eintöpfe bestehen oft aus den Zutaten, die gerade im Haus sind. Zu den beliebtesten zählen Pisto manchego, Schmorgemüse mit Paprika, Tomaten und Zucchini, oder Cocido madrileño, ein Kichererbseneintopf mit Schinkenknochen, Chorizo (Paprikawurst) und Blutwurst. „Cocido wird oft auf zweimal gegessen: Zuerst die Brühe zusammen mit Suppennudeln. Danach das Gemüse mit den Kichererbsen, Speck, Fleisch und Würsten.“ Und natürlich dürfen Wein, Brot und die Knoblauchpaste Aioli nicht fehlen. La Cena, das eigentliche Abendessen, beginnt gegen neun oder zehn Uhr. Zu Hause isst die Familie meist ein leichtes Mahl, das aber dennoch aus drei Gängen mit Suppe, Fleisch oder Fisch, Gemüse und Früchten bestehen kann.
Neben Fleisch gehören Fisch und Meeresfrüchte zu den spanischen Hauptnahrungsmitteln. „Die gibt es überall und jederzeit fangfrisch, selbst hier in den Bergen“, erzählt Zöschinger, die am liebsten gegrillte Sardinen oder Gambas mit Knoblauch isst. Unter Spaniern ist Seehecht sehr beliebt. Eine sehr schmackhafte Zubereitungsart ist das Backen von Fischen im Salzbett. Der Geschmack durchdringt den Fisch, ohne ihn zu versalzen, und verstärkt das Aroma.
Paella für die Gäste
Die berühmte Paella ist übrigens keine Alltagsspeise. Das spanische Nationalgericht wird immer dann zubereitet, wenn es schnell gehen soll und viele Gäste kommen. „Dann holen die Spanier ihre riesigen, flachen Paellapfannen heraus und brutzeln am liebsten über offenem Feuer Risottoreis, Kaninchen und Hühnchen zusammen mit Tomaten, getrockneten grünen Bohnen, Artischocken und Erbsen“, schwärmt Zöschinger. Wichtig ist, dass es flott und unkompliziert geht: Muscheln kommen im Ganzen hinein, Schalentiere wie Gambas werden nicht gepult und das Fleisch von Huhn und Kaninchen nicht entbeint. Safran darf natürlich nicht fehlen. Beim Festessen dann wird viel geplaudert, oft greift jemand zur Gitarre und spielt Reggae, manchmal geschickt vermischt mit Flamenco-Klängen. Das hört sich fast so an, als säße Manu Chao in der Ecke und übe für ein neues Album.
Mittelmeerküche „schützenswert"
Die spanische Landwirtschaftsministerin Elena Espinosa hat ihren Kollegen in Brüssel vorgeschlagen, die mediterrane Ernährung zum Unesco-Weltkulturerbe erklären zu lassen. In der Vorlage heißt es, die Mittelmeerküche sei „hochwertig und schützenswert“. Eine Studie in den 50er Jahren hatte ergeben, dass die Ernährung mit Olivenöl, Obst, Gemüse und Fisch das Risiko von Herzkrankheiten senkt. Die klassische Mittelmeerküche gerät jedoch in Vergessenheit, auch in Spanien.
Friedliche Koexistenz
Seit der Eroberung Granadas 711 lebten und aßen Christen, Muslime und Juden in Spanien zusammen. Die Vielfalt der Speisen hat sich aus ihrer friedlichen Koexistenz entwickelt. Die spanische Küche erlebt man am authentischsten in einer Tapas-Bar. Dort treffen sich Freunde zum Wein und essen kleine Häppchen, die Tapas, dazu.
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