Das Geheimnis liegt im Inneren
In den trockenen Hochebenen Mexikos wächst eine Pflanze, die mit ihren dornigen, lanzenförmigen Blättern an eine stachelige Aloe erinnert – die Agave. Was aussieht wie eine Überlebenskünstlerin der Wildnis, birgt ein süßes Geheimnis im Inneren: den Agavensaft. Anders als früher zapfen die Produzenten den Saft nicht aus den Blättern oder aus einem „Loch“ im Herz der Pflanze ab. Heutzutage wird das reife Agavenherz geerntet.
Die äußeren Blätter werden mit scharfen Macheten entfernt und dienen als natürlicher Dünger. Das Herz – das jetzt ähnlich aussieht wie eine Ananas – anschließend gewaschen, zerkleinert und ausgepresst. Der entstandene Rohsaft ruht in Tanks, während natürliche, agaveneigene Enzyme die enthaltenen Kohlenhydrate zu Fruchtzucker umwandeln. Anschließend wird der Sirup unter Vakuum eingedickt – fertig ist der Agavendicksaft. Aus einem Herz lassen sich etwa drei Kilogramm Dicksaft gewinnen.

... dauert es, bis aus einer Agavenpflanze Sirup gewonnen werden kann. Dann beginnen die Steppenpflanzen zu blühen und im Inneren der Agave bildet sich süßer Saft. Übrigens: Agaven wachsen zwar in sehr trockenen Regionen, sind aber keine Kakteen.
Multitalent mit Stachel
Die Agaven zur Dicksaft- oder Tequilagewinnung wachsen nicht wild, sondern in Kulturen, bis zu 90 Prozent der Felder sind bio-zertifiziert. Weil sie sehr widerstandsfähig sind, braucht ihr Anbau weder Pestizide noch große Pflege. Neben Insekten und Kolibris sind Fledermäuse wie die Langzungenfledermaus wichtige Bestäuber der Agavenpflanzen.
Ihr offizieller botanischer Name sagt viel: Agavaceae tequilana weber. Aus dem Herz der Blauen Agave entsteht nämlich nicht nur Agavendicksaft, sondern auch Tequila. Fast 90 Prozent der Agaven gehen in die Tequila-Produktion. In Mexiko genießen viele die geröstete Agave als süße Leckerei. Aus den stacheligen Blattenden lassen sich Nadeln oder sogar Nägel fertigen. Andere Agavenarten liefern Sisal – eine besonders strapazierfähige Naturfaser.
Glykämischer Index im Vergleich

Süße Sachen lassen den Blutzuckerspiegel steigen. Wie schnell, zeigt der sogenannte glykämische Index (GI). Je niedriger der GI, desto langsamer steigt der Blutzucker. Agavendicksaft hat einen besonders niedrigen GI und gilt deshalb als gute Alternative zu Haushaltszucker. Aber Achtung: Auch er enthält Kalorien und Fruktose. Es gilt also wie bei allem Süßen: nicht übertreiben!
Guter Zucker, schlechter Zucker?
Hauptbestandteil des süßen Agavensaftes ist Fruktose. Dieser Zuckerbaustein hat eine starke Süßkraft, deshalb braucht man weniger Dicksaft im Vergleich zu Zucker oder Honig. Aber: Fruktose ist nicht geeignet für Menschen, die sich auch mit Obst schwertun, also eine Fruktoseintoleranz haben. Und weil Fruktose über die Leber verstoffwechselt wird, kann ein Zuviel sie überfordern, eine Fettleber die Folge sein.
Dazu schmeckt Agavendicksaft
Viele werden den goldgelben, mild-süßen Agavendicksaft kennen, er sieht fast aus wie Honig und kann diesen in veganen Rezepten auch gut ersetzen. Es gibt aber auch eine dunklere Variante. Dunkler Agavendicksaft schmeckt intensiver und hat eine karamellige, fast schon malzige Note.
In süßen Gerichten, vor allem flüssigen, macht Agavendicksaft eine gute Figur, weil er sich schnell auflöst. Aber auch Salatdressings oder herzhafte Suppen profitieren von einem Spritzer Sirup – die Süße verstärkt das Aroma. Backen geht auch, allerdings wird der Kuchen nicht so fest und krümelig wie mit Zucker.
Welche Sirupe gibt es noch?
Auch aus Ahorn, Apfel, Birne, Dattel, Kokosblüte oder Reis lassen sich Süßungsmittel herstellen: Für kanadischen Ahornsirup werden Ahornbäume angezapft, die Farbe entwickelt sich während der Erntezeit. Ist der Sirup zu Beginn noch hell, wird er im Laufe der Wochen dunkler.
Der eingekochte Saft von Äpfeln und Birnen ergibt Apfel- oder Birnendicksaft, aus entsteinten und eingeweichten Datteln wird Dattelsirup hergestellt. Kokosblütensirup gewinnt man durch das Anschneiden von Blütenknospen der Kokospalme. Und Reissirup entsteht, wenn eingeweichter, aufgekochter Reis mit Enzymen versetzt wird. Sie spalten die enthaltene Stärke in Zuckerstoffe auf.
Süße Vielfalt im Bio-Laden
Extra-Tipp: Anders als kristalline Zucker können die flüssigen Süßen auch mal verderben. Achten Sie auf kühle, dunkle Lagerung und saubere Entnahme.
Kommentare
Registrieren oder einloggen, um zu kommentieren.