Die fünf Männer sitzen unter dem gemütlichen, von grünen Ranken bewachsenen Baldachin mitten auf dem Hof. Sie haben sich im Hofladen von „Schloss Gut Obbach“ jeder eine Flasche „Guts Bier“ gekauft und lassen es sich auf ihrer Wanderung durch Franken gut gehen. „So lernen viele Menschen unseren Hof und unsere Produkte kennen“, lacht Petra Sandjohann. Sie und ihr Mann Bernhard Schreyer sind die Verwalter des Guts Obbach in der Nähe von Schweinfurt. In diesem Jahr hat der Hof den „Bundespreis Ökologischer Landbau“ gewonnen – und gehört damit zu den drei besten Bio-Höfen Deutschlands. Gut Obbach hatte sich beworben in der Kategorie „Vermarktung und Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten“. Dieser sperrige Ausdruck steht dafür, dass man hier besonders gut mit den Kollegen in der Region zusammenarbeitet und sich unterstützt.
Zum Beispiel werden im kleinen Hofladen nicht nur eigene Produkte verkauft – also Obst, Getreide, Linsen, Sonnenblumenkerne, Kartoffeln –, sondern auch Produkte, die befreundete Kollegen in der Region zum Teil aus dem vom Obbach-Hof stammenden Getreide hergestellt haben: Bier, Brot, Flocken, aber auch Honig, Gemüse, Eier und Käse von Höfen aus der Umgebung. Wie regionale Zusammenarbeit und Vermarktung freundschaftlich gelingen kann, zeigt auch das Beispiel „Guts Bier“: Vor zwei Jahren hatten Petra Sandjohann und Bernhard Schreyer die Idee, aus ihrer Bio-Braugerste ein regionales Bio-Bier zu machen. Also haben sie sich mit der Mälzerei Schubert in Schweinfurt und der Brauerei Martin im benachbarten Hausen zusammengesetzt. Und wenig später kam das „Guts Bier“ auf den Markt. Nur der Hopfen kommt aus dem Gebiet um Hersbruck; er muss gut 100 Kilometer transportiert werden. Regionaler geht‘s kaum – und alle haben etwas davon: der Hof, die Mälzerei, die Brauerei, alle Mitarbeiter; und auch die Natur. Denn regionale Waren belasten die Umwelt weniger – Bio-Waren sowieso!
Ein weiteres Beispiel ist das Brot aus Obbacher Bio-Getreide. Die Körner werden ein paar Kilometer nach Untereuerheim gefahren, wo die kleine Schlossmühle von Jochen Schor das Getreide mahlt. Aus dem Mehl backt die Bäckerei Wolz in Greßthal dann Brot, Brötchen und Gebäck. „Es hat ganz viele Vorteile, wenn sich die Menschen, die zum Beispiel mit dem Brot zu tun haben, gut kennen und vertrauen“, erklärt Bernhard Schreyer. Müller und Bäcker könnten sich über die Qualität des Mehls direkt austauschen und so aus dem Mehl bestes Bio-Brot machen.
Seit 22 Jahren bio
„Unser Ziel ist es, Wertschöpfung und Wertschätzung zusammenzubringen“, erklärt Petra Sandjohann ihren Einsatz für regionale Zusammenschlüsse. „Viele Menschen hier fühlten sich nicht gewertschätzt, obwohl sie tolle Produkte herstellen. Sie mussten sie oft unter Wert verkaufen!“ Jetzt gibt es ein Netz von Bio-Anbietern, die zusammenarbeiten und so nach und nach immer mehr Wertschöpfung erarbeiten – und Wertschätzung erhalten.
Vor 22 Jahren haben die Besitzer, die Gebrüder Schäfer, das „Schloss Gut Obbach“ zu einem Bio-Betrieb gemacht. Für diese Umstellung waren die neuen Verwalter Petra Sandhjohann und Bernhard Schreyer genau die Richtigen: Beide haben ein Diplom in Landwirtschaft, Bio ist ihnen schon lange ein Herzensanliegen. Auch weil Bernhard Schreyer eine Zeitlang beim Anbauverband Naturland gearbeitet hat, wurde aus Schloss Gut Obbach ein Naturland-Betrieb. Gleich zum Einstand haben sie mal eben 100 neue Bäume auf die Streuobstwiese gepflanzt. „Und wir müssen auch weiter immer wieder neue Bäume pflanzen, damit unser Baumbestand
nicht überaltert“, erzählt Petra Sandjohann. Insgesamt ernten die Menschen vom Gut Obbach Jahr für Jahr 40 Tonnen Obst. Das meiste davon wird zu Saft, Cider, Schorle oder Essig gemacht.
Felder müssen sich erholen
Schwerpunkt der Arbeit ist aber der Getreideanbau. Vier Trecker sind auf den insgesamt 265 Hektar Land unterwegs. „Auf 20 Prozent der Fläche wächst aber immer Kleegras, damit der Boden regenerieren kann“, sagt Bernhard Schreyer, „uns ist die Fruchtfolge ganz wichtig – wie eigentlich überall im Bio-Landbau.“ Auf etwa 180 Hektar wächst Getreide.
Etwa die Hälfte dieser Fläche wird für sogenanntes Konsumgetreide genutzt, also für Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel – aber auch alte Sorten wie Emmer – zum Verkaufen. Die andere Hälfte dient der Saatgutvermehrung. Da wird also zum Beispiel Weizen angebaut, um ihn nach der Ernte als Saatgut verkaufen zu können.
„Dabei muss man besondere Kriterien erfüllen“, erzählt Bernhard Schreyer, „es darf kein Korn Roggen oder Unkrautsamen drin sein!“ Deshalb wird in den Saatgut-Feldern besonders ordentlich nach Unkraut geschaut. Und der Mähdrescher muss vor dem Ernten extra gereinigt werden. Nach der Ernte durchläuft Saatgutgetreide besonders viele Reinigungsstufen, fällt auf viele Rüttelsiebe, wird von Luft durchpustet, um Steinchen, Staub, Fremdsamen und andere Fremdstoffe zu entfernen.
Im Sommer leuchten viele Felder von Schloss Gut Obbach in sattem Gelb. So weit das Auge reicht: Sonnenblumen. „Die meisten Sonnenblumenkerne, den der Bio-Hersteller Zwergenwiese verarbeitet, waren schon auf unserem Hof“, lacht Petra Sandjohann. „Viel davon bauen wir selbst an: Der Rest wird von anderen deutschen Bauern hier angeliefert und wir schälen die Kerne.“
An den Sonnenblumenkernen aus dem Hofladen hatten die fünf Wanderer eher wenig Interesse. Sie haben lieber noch ein zweites „Guts Bier“ getrunken und zogen frohgelaunt weiter.
Drei vorbildliche Betriebe
Der Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau zeichnet jedes Jahr drei Bio-Betriebe für besondere Betriebskonzepte und Leistungen für den Ökolandbau und die Region aus. 2020 waren das neben Schloss Gut Obbach:
- Die Schinkeler Höfe nahe Kiel. Sie setzen als Bioland-Betriebe auf Solidarische Landwirtschaft: den Zusammenschluss von Erzeugerbetrieben und Verbrauchern. www.schinkeler-hoefe.de
- Der Demeter-Hof Luna in Niedersachsen. Er integriere vorbildlich Tierhaltung, Landschaftsgestaltung und Naturschutz, so die Jury. www.hof-luna.de
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