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Quellfrisch ins Glas

Ursprünglich rein und möglichst unbehandelt, so soll Mineralwasser sein. Ob mit mehr oder weniger Mineralstoffen, da gehen die Meinungen auseinander.

Herrlich, so eine Wanderung in unberührter Natur. Doch Stunden später drückt der Rucksack und die Kräfte schwinden. Plötzlich dringt sachtes Plätschern ans Ohr. Eine Quelle! Kristallklar sprudelt das Wasser aus der Erde, nimmermüde tanzt es über Stock und Stein. Diese Energie, die spürt man schon nach wenigen Schlucken. Wasser belebt!

Und: Aus geschützter Umgebung ist es ursprünglich rein. Das gibt die Deutsche Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTV) vor. Damit das so bleibt, wird das mineralhaltige Gut noch am Quellort in Flaschen gefüllt. Nur wenige Behandlungsverfahren sind erlaubt. Die MTV gilt für alle Wässer – ob aus dem Supermarkt oder dem Naturkostladen. Die Unterschiede? Mineralwässer aus dem Bio-Laden sind meist naturbelassen und schadstoffarm, viele Abfüllbetriebe arbeiten umweltfreundlich.

Kleine Wasserkunde. Was ist Mineralwasser?

Mineralwasser stammt aus unterirdischen Wasservorkommen. Zunächst Regenwasser, nimmt es beim Versickern Mineralstoffe aus den Gesteinen auf. Ob viel Calcium oder Magnesium, mehr Natrium oder Sulfat – das bestimmt die Gesteinsart. Natürliches Mineralwasser muss eine amtliche Anerkennung haben. Sie bescheinigt, dass die Kriterien für Natürliches Mineralwasser aus der Mineral- und Tafelwasserverordnung, unter anderem die konstante Zusammensetzung, erfüllt sind. Die Anerkennung umfasst mehrere Untersuchungen.

Heilwasser zählt in Deutschland zu den Arzneimitteln, seine medizinische Wirkung muss wissenschaftlich erwiesen sein. Quellwasser ist ebenfalls unterirdischen Ursprungs und darf nur wenig behandelt werden. Es benötigt jedoch keine amtliche Anerkennung und auch keine konstante Mineralienzusammensetzung. Es gelten zusätzlich die Kriterien der Trinkwasserverordnung. Tafelwasser ist ein Kunstprodukt aus Trinkwasser und Mineralstoffen, Meerwasser, Sole oder Kohlensäure. Trinkwasser wird aus Grundwasser und dem Wasser von Seen, Talsperren oder Flüssen gewonnen. Es wird mit Chemikalien aufbereitet.

Mineralstoffgehalt. Wie viel tut gut?

Der Körper braucht Mineralstoffe: Calcium für Knochen und Zähne, Magnesium für Muskulatur und Nerven, Spuren an Zink, Eisen und Selen, damit Vitamine, Hormone und Enzyme im Körper ihre Funktion erfüllen können. Doch kann er sie nicht selbst herstellen.

Um den Bedarf zu decken, reicht in der Regel eine gesunde und vielseitige Ernährung. Frisches Obst, Gemüse und Vollkornprodukte liefern genügend Mineralstoffe. Wasser versorgt den Körper vor allem mit Flüssigkeit. Es muss Nährstoffe zu den Zellen transportieren und Abbauprodukte wie zum Beispiel Harnstoffe lösen und ausspülen.

Das können gering mineralisierte Sorten (unter 500 Milligramm Mineralien pro Liter) am besten, sind viele Anbieter im Naturkost-Bereich überzeugt.

Der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) dagegen vertritt die Ansicht, dass auch Wässer mit 1000 mg/l gelöster Feststoffe genügend Abbauprodukte aufnehmen könnten.

Mineralstoffe liegen im Mineralwasser in gelöster Form vor. Einen Teil davon kann der Körper direkt verwerten. Laut dem Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung e.V. (UGB) ist das für Calcium und Magnesium in vielen Studien dokumentiert.

Calcium, Natrium & Co. Wann sind sie hilfreich?

Wer Milch und Milchprodukte nicht verträgt (Laktoseintoleranz) oder Osteoporose vorbeugen will, kann seine Calciumbilanz mit calciumreichem Wasser (mehr als 150 mg/l) aufbessern, rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Solches Wasser kann laut VDM auch Jugendlichen im Wachstum, Schwangeren und Stillenden helfen, ihren erhöhten Bedarf an Calcium zu ergänzen – ohne zusätzlich Kalorien aufzunehmen. Mit dem Schweiß verliert der Körper Mineralstoffe. Deshalb brauchen Sportler mehr Natrium, Chlorid, Kalium und Magnesium. Auch hier kann mineralreiches Wasser nutzen.

Ein ideales Sportlergetränk sei Mineralwasser, das etwa 100 Milligramm Magnesium pro Liter enthält – gemischt mit Apfelsaft, so der UGB. Viel Natrium (mindestens 400 mg/l) sei für Sportler ebenfalls günstig. Natrium wird hauptsächlich als Kochsalz (Natriumchlorid) aufgenommen. "Natriumarmes" Mineralwasser (weniger als 20 mg/l) wird vor allem Menschen mit zu hohem Blutdruck empfohlen. Auch Gesunde können davon profitieren. Die Deutschen essen zu viel Salz, befand das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die Wässer im Bio-Regal sind alle natriumarm.

Unerwünschte Stoffe. Sichere Vorgaben?

Nitrat kommt natürlicherweise in Mineralwasser vor. Es zeigt aber auch Verunreinigungen aus der Landwirtschaft an. Bis zu 50 mg/l sind in herkömmlichem Mineralwasser erlaubt – wenn es für Säuglingsnahrung geeignet sein soll, liegt der Grenzwert bei 10 mg/l. Die Produkte im Bio-Regal enthalten deutlich weniger. Das Schwermetall Uran ist zwar nur leicht radioaktiv, aber sehr giftig. Mineralwasser für Säuglingsnahrung darf nicht mehr als 2 Mikrogramm pro Liter (μg/l) enthalten. Für alle anderen Mineralwässer gibt es keinen Grenzwert.

Die Höchstmenge für Arsen in Mineralwasser wurde 2008 auf den Trinkwasser-Wert von 0,01 mg/l gesenkt. Anders bei Fluorid: Die MTV erlaubt bis zu 5 mg/l, wobei mehr als 1,5 mg/l deklariert werden müssen. Das BfR empfiehlt jedoch die für Trinkwasser gültigen 1,5 mg/l als Grenze. Bei Mineralwasser für Säuglingsnahrung liegen die Werte noch darunter.

Ist der Gehalt an Uran, Arsen oder Fluorid aus dem Etikett nicht ersichtlich, bleibt nur die Anfrage beim Anbieter. Eisen und Schwefel enthalten die Wässer aus dem Bio-Markt nur selten. Sie werden gegebenenfalls mit Luftsauerstoff entfernt. Die MTV erlaubt das unter anderem mittels Ozon.

Kohlensäure. Mit oder ohne?

Wasser wird als "Natürliches kohlensäurehaltiges Mineralwasser" bezeichnet, wenn es Quellkohlensäure enthält. Die entsteht in Gebieten, wo sich aus dem Erdinneren aufsteigendes Kohlenstoffdioxid (CO2) in Wasser löst.

Kohlensäure darf Mineralwässern laut MTV mit physikalischen Verfahren entzogen und auch zugesetzt werden. "Mit eigener Quellkohlensäure" steht für ein Plus aus der eigenen Quelle. "Mit Kohlensäure versetzt" heißt es bei Zugabe technisch hergestellter Kohlensäure.

Diese wird nicht nur wegen des erfrischenden Prickelns geschätzt. Bei mineralreichen Wässern sorgt sie dafür, dass die gelösten Stoffe nicht ausfallen und das Wasser trüben. Und: Kohlensäure macht Wasser länger haltbar. Sie tötet Keime ab – weshalb manche Abfüller die Zugabe ablehnen. Denn: Ursprünglich rein bedeutet nicht steril, sondern nur frei von krankmachenden Keimen.

Außerdem könne viel Kohlensäure den Säure-Basen-Haushalt des Körpers stören, so die Befürworter stiller Wässer. Die meisten Marken im Bio-Laden gibt es als stille Variante (weniger als 1 Gramm pro Liter CO2) und mit mittlerem Gehalt an Kohlensäure. Seltener ist klassischer Sprudel (mehr als 5,5 g CO2). Der ist allerdings im konventionellen Handel am beliebtesten.

Glas oder PET. In welche Flasche?

Für den Naturkostbereich wird bevorzugt Mineralwasser abgefüllt, das von selbst an die Erdoberfläche tritt (artesische Quellen). Das mechanische Abpumpen dagegen kann die Wasservorräte der nächsten Generation anzapfen. Und: Nur frei fließend abgefüllt soll die Molekularstruktur des Wassers erhalten bleiben.

Wo hinein? Etliche Abfüller für den Naturkostladen setzen allein auf Glas, denn Glas ist undurchlässig und produktneutral. PET hingegen ist nicht gasdicht. Umgebungsluft kann eindringen und das Wasser möglicherweise verändern. Außerdem können Substanzen aus dem Kunststoff in den Inhalt übergehen. Etwa Acetaldehyd. Es soll in den gefundenen Mengen zwar kein Gesundheitsrisiko sein. Doch schmeckt das Wasser dadurch fruchtig-süß. PET-Mehrwegflaschen werden daher mittlerweile mit Acetaldehyd-Blockern produziert.

PET-Flaschen wiederum sind extrem leicht. Damit kann ein LKW bis zu 50 Prozent mehr Wasser transportieren, was CO2-Emissionen spart. Andererseits können sie weniger oft befüllt werden als Glasflaschen. Manche Naturkostmarken überlassen dem Kunden die Wahl und bieten ihr Mineralwasser in Glas und Kunststoff an.

Wässer im Bio-Laden. Wie ganzheitlich geprüft?

Viele Mineralwässer im Naturkosthandel werden nicht nur chemisch und mikrobiologisch untersucht, sondern auch mit diversen ganzheitlichen Methoden. So misst die Bioelektronik nach Vincent den Säuregrad, die Elektronenaktivität und den elektrischen Widerstand des Wassers. Grundlage der Bewertung: Nur Wasser mit weniger als 100 mg/l gelöster Stoffe könne seine Funktion als Transport- und Ausscheidungsmittel erfüllen. Lauretana testet so sein Wasser. Das nach Angaben der Firma "leichteste Wasser Europas" sei daher ideal zur Einnahme von homöopathischen Produkten. Die Kristall-Analyse will positive und negative Einflüsse auf das Wasser an dessen speziellen Kristallmustern erkennen. Hornberger Lebensquell begründet so unter anderem die Qualität seines Wassers, das ideal für Fastenkuren geeignet sei.

Die Bioresonanz-Methode geht davon aus, dass jedes Wasser seine eigene Schwingung besitzt – genau wie jeder Mensch. Der Geschmack zeigt, welches Wasser einem gerade guttut, so die Philosophie von St. Leonhardsquelle.

Mit einer positiven Schwingungs-Analyse begründet auch Pineo seine Abfüllungen bei Vollmond. Ganzheitliche Methoden sind rechtlich und schulmedizinisch meist nicht anerkannt.

Weitere Marken. Was zeichnet sie aus?

Sehr gering mineralisierte Wässer stammen meist aus südeuropäischen Hochgebirgen. Dazu zählt Plose aus Südtirol, das mit reichlich quelleigenem Sauerstoff wirbt, sowie Montcalm aus den französischen Pyrenäen, das es in der recyclingfähigen 5-Liter-Flasche aus PET gibt.

Pirin aus Bulgarien, eines der wenigen Quellwässer im Sortiment, wird mit dem Ankauf von CO2-Kompensations-Zertifikaten klimaneutral transportiert. Ein umfassendes Öko-Konzept zeichnet den Staatlichen Mineralbrunnen Bad Brückenauer aus. Die LKWs fahren lärm- und abgasarm, Abwasser wird mit Kohlendioxid neutralisiert. Umweltverträgliches Arbeiten verbinden die Adelholzener Alpenquellen mit sozialem Engagement: Ein Teil der Erlöse geht in Krankenhäuser und Pflegeheime. Das Wasser gehört zu den Sorten deutscher Herkunft, die mehr Calcium, Magnesium und Hydrogencarbonat besitzen.

Das ist auch bei Biokristall von Neumarkter Lammsbräu und Höllensprudel aus dem Frankenwald der Fall: Der ist mit über 200 mg pro Liter besonders calciumreich. Darüber hinaus sind in den Bio-Läden auch Mineralwässer von regionalen Abfüllbetrieben zu finden.

Kann Mineralwasser bio sein?

Vorerst kein Mineralwasser-Bio-Siegel – die Initiative der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V. wurde per Gericht gestoppt: Das von Natur aus reine Produkt gewinne dadurch nicht an Qualität. "Weniger Schadstoffe, quellschonende Abfüllung, nachhaltige Unternehmensführung – wir fordern mehr von Bio-Wasser", ist Dr. Franz Ehrnsperger, Vereinsmitglied und Geschäftsführer von Neumarkter Lammsbräu, überzeugt. "Wir haben Berufung eingelegt!"

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