Der Baum beeindruckt schon von Weitem mit seiner Gestalt: Sein knorriger Stamm und die silbrige Blättertracht lassen innehalten und auf das sanfte Rauschen seiner Zweige lauschen. Vor Jahrtausenden hat der Olivenbaum (Olea europaea) den Mittelmeerraum erobert, bis heute ist er dort fest verwurzelt.
Ein Geschenk der Göttin Athene an die Bewohner Athens soll er der Sage nach gewesen sein, ein Geschenk für uns sind heute noch seine Früchte. Denn Oliven und ihr Öl schmecken köstlich und sind dazu gesund. Seit jeher sind Oliven wichtige Zutaten in der traditionellen mediterranen Küche, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vermutlich sogar Krebs vorbeugen kann. Wer den Ölbaum und seine Umwelt auf natürliche Weise pflegt, dem dankt er mit besonders aromatischen Früchten.
Baum mit Charakter. Wie wächst der Olivenbaum?
Seit über fünftausend Jahren wird der immergrüne Olivenbaum rund ums Mittelmeer angebaut. Er liebt die heißen, trockenen Sommer dort und die milden, regenreichen Winter. Wasser kann der Ölbaum sich noch aus sechs Metern Tiefe holen. Er bevorzugt steinige, der Sonne zugeneigte Hügel oder Berghänge. Bis er das erste Mal Früchte trägt, können 5 bis 10 Jahre vergehen. Im April/ Mai zeigen sich kleine weißgelbliche Blüten, aus denen sich die Oliven mit ihrem harten Kern und festem Fruchtfleisch entwickeln. Sie zählen wie Pflaumen und Kirschen zu den Steinfrüchten. Im Durchschnitt liefert ein Baum etwa 20 Kilogramm Oliven im Jahr. War die Ernte besonders gut, gönnt sich der Baum erst einmal eine Pause: Auf ein Jahr mit vielen Früchten folgt stets eines mit deutlich weniger Ertrag.
Die wichtigsten Erzeugerländer in Europa sind heute Spanien, Italien und Griechenland. Ökologisch angebaute Sorten kommen häufig aus Griechenland und Italien. Bio-Oliven sind übrigens mit 0,5 Millionen Hektar nach Kaffee die flächenmäßig bedeutendsten Bio-Dauerkulturen der Welt.
Grüne Olivenhaine. Wie arbeiten Bio-Betriebe?
Herkömmlich bewirtschaftete Olivenhaine sind häufig Monokulturen. Was unter den Bäumen wächst, wird mit Unkrautvernichtungsmitteln beseitigt oder untergepflügt. Auf den Boden kommt Kunstdünger, Schädlingen wird mit chemischen Insektiziden zu Leibe gerückt. Solche Kulturen werden meist intensiv bewässert – ohne Rücksicht auf die knappen Wasserressourcen am Mittelmeer.
Bio-Anbieter beziehen ihre Früchte von ökologisch wirtschaftenden Familienbetrieben. Dort dürfen Gras und Wildblumen unter den Olivenbäumen wachsen, der Grasschnitt wird liegen gelassen. Das macht den Boden fruchtbarer und hilft ihm, Feuchtigkeit zu halten. Bio-Bauern schützen ihre Früchte vor der schädlichen Olivenfliege, indem sie Fallen mit natürlichen Lockstoffen verwenden. Auch ein guter Baumschnitt hilft. Chemische Mittel kommen für sie nicht in Frage.
Ökologisches Wirtschaften verlangt zwar mehr Zeit, um vorzubeugen und zu pflegen. Der Lohn dafür sind Oliven mit besonders viel unverfälschtem Aroma. Zudem schafft der naturnahe Anbau Arbeitsplätze in der Region und hilft so, die Abwanderung aus den Anbaugebieten zu stoppen.
Grün oder schwarz. Eine Frage der Zeit?
Schätzungen zufolge gibt es mehrere Hundert bis über Tausend verschiedene Olivensorten. So ganz genau weiß das niemand. Manche Sorten sind sogar nur auf einzelne Regionen beschränkt. Fest steht: 90 Prozent aller Oliven werden zu Öl verarbeitet. Nur 10 Prozent gelangen als Speiseoliven in den Handel. Die aber präsentieren sich in einer herrlichen Geschmacksvielfalt und zaubern Urlaubsgefühle auf den Tisch. Rund bis oval geformt, wiegen sie mal weniger als ein Gramm und mal mehr als zehn. Ihren Geschmack prägen, ähnlich wie beim Wein, auch die Art des Bodens und das Klima.
Zu den bekanntesten zählt die würzige schwarze Kalamata von der Halbinsel Peloponnes. Ebenfalls aus Griechenland kommt die große grüne Amphissa, die sich zum Füllen eignet. Auch beliebt: Die spanische Manzanilla und die italienische Taggiasca, deren milder Geschmack an Pinienkerne erinnert.
Und die Farbe? Die hat nichts mit der Sorte zu tun. Am Baum ist jede Olive zunächst grün. Erst mit der Zeit wird sie rötlich-braun oder violett-schwarz. Grüne Oliven werden also noch unreif gepflückt. Ihr Fruchtfleisch ist daher fester, sie besitzen ein intensives, ein wenig bitteres, scharfes Aroma. Dunkle Früchte sind reifer, dadurch weicher, sie schmecken milder und vollmundiger. Geerntet werden Speiseoliven zwischen September und Februar. Und zwar per Hand, damit sie unbeschädigt bleiben.
Bittere Früchte. Wie werden Oliven genießbar?
Oliven enthalten viele Scharf- und Bitterstoffe. So schützt die Natur sie vor Fraßfeinden. Auch für uns sind rohe Oliven ungenießbar. Um den bitteren Geschmack zu mildern, behandelt man konventionelle Früchte mit Natronlauge. Danach werden sie in einer Salzlösung mit zugesetzten Milchsäurebakterien fermentiert. Das gibt den Oliven ihr typisches Aroma und macht sie gleichzeitig länger haltbar.
Einige Bio-Anbieter entbittern ihre Früchte ebenso. Die meisten aber legen ihre Oliven nur in Salzwasser ein. So bleiben die natürlich auf den Früchten vorkommenden Milchsäurebakterien aktiv. Es müssen keine Bakterienkulturen zugesetzt werden. Diese Methode dauert wesentlich länger, ist aber schonender und soll für mehr Aroma sorgen. Mindes-tens fünf bis sechs Monate müssen grüne Früchte in der Lake liegen. Schwarze nicht ganz so lange, denn die Bitterstoffe wurden schon beim Reifen abgebaut.
Da schwarze Oliven meist weich und schwerer zu verarbeiten sind, greifen konventionelle Firmen oft zu einem Trick: Sie färben festere, grüne Oliven mit dem Zusatzstoff Eisen-II-gluconat schwarz. Solche Früchte sind an ihrer tiefschwarzen Farbe zu erkennen. Außerdem muss Eisen-II-gluconat in der Zutatenliste stehen.
Gut gebadet. Wie werden Oliven haltbar gemacht?
Die meisten Oliven kommen mit Salzlake oder Öl ins Glas. Öl ist dabei die klassische Methode der Konservierung. Es verhindert den Kontakt mit Sauerstoff, der wertvolle Inhaltsstoffe zersetzen kann. Bio-Hersteller nehmen vorzugsweise Bio-Olivenöl höchster Qualität (nativ extra).
Lake besteht bei Bio-Oliven aus Wasser mit Meersalz und natürlichem Zitronensaft – das erzeugt ein ungünstiges Milieu für Bakterien. Zitronensaft verhindert zudem, dass die Früchte sich verfärben. Schwarze Kalamata-Oliven aus Griechenland werden traditionell in eine milde Salz/Essiglake eingelegt. Oliven in Lake sind leichter verderblich als solche in Öl. Darum werden sie häufig pasteurisiert, bevor das Glas verschlossen wird. Also kurzzeitig auf 71 bis 85 Grad erhitzt. Bio-Hersteller tun das mit wenigen Ausnahmen nicht (siehe Kasten rechts).
Manche Oliven gibt es auch „trocken“, sie wurden teils mit Kräutern in Öl mariniert. Dann sind sie Vakuum verpackt oder im Kühlregal zu finden.
Oliven sollten kühl und dunkel lagern, denn Licht, Luft und Wärme greifen die Fettsäuren an. Daher in Lake eingelegte und „trockene“ Früchte nach dem Öffnen rasch verzehren, solche in Öl immer gut mit Öl bedeckt halten.
Powerfrüchtchen. Was steckt drin?
Oliven bestehen, je nach Reifegrad und Sorte, zu 50 bis 70 Prozent aus Wasser, der Ölgehalt schwankt zwischen 14 und 36 Prozent. Sie enthalten die Mineralstoffe Kalzium, Kalium, Magnesium und Phosphor, in Spuren Eisen und Zink sowie die Vitamine A, B und E. Wegen der Salzbehandlung sind bis zu 5 Prozent Salz möglich.
Grüne Oliven enthalten mehr Wasser, Vitamine und Mineralstoffe, ausgereifte schwarze dafür mehr Fett und folglich Kalorien: 351 sind es pro 100 Gramm. Dieselbe Menge grüner Früchte hat nur 143 Kalorien. Hauptfett der Oliven ist die einfach ungesättigte Ölsäure. Die kann, reichlich verzehrt, die Menge des schädlichen LDL-Cholesterins im Blut verringern und damit indirekt das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.
Ebenfalls gut für die Gesundheit: Oliven besitzen reichlich Vitamin E und sekundäre Pflanzenstoffe, vor allem Polyphenole. Als sogenannte Antioxidantien machen diese aggressive Moleküle (freie Radikale) im Körper unschädlich. So wirken sie Entzündungen entgegen, bremsen die Alterung der Zellen und beugen vermutlich sogar Krebs vor. Einige Oliven-Phenole greifen den Magenkeim Helicobacter pylori an, der Magengeschwüre verursacht. Darauf deuten Labortests spanischer Wissenschaftler.
Kern raus, Füllung rein.Was bieten Bio-Läden?
Eingelegte Oliven gibt es mit und ohne Kern, nach Sorten getrennt oder als Mix grüner und schwarzer Früchte. In manchen Produkten verfeinern Thymian und Oregano, Knoblauch oder Chili den Geschmack. Große grüne Oliven werden gerne gefüllt mit Knoblauch, Mandeln, roter Paprika oder Kapern angeboten.
La Selva liefert mit „Peranzana“ eine alte Olivensorte, die nur in einer kleinen Region um San Severo in der italienischen Landschaft Apulien wächst. Die schwarze Frucht ist extra lange gereift, daher schmeckt und duftet sie intensiv.
Einzigartig puren Oliven-Geschmack verspricht der griechische Anbieter Bläuel mit seiner Linie „al naturale“. Dafür werden die Früchte entkernt, nur in Olivenöl und Oregano mariniert und dann im Glas Vakuum verpackt. Im Oliven-Mix sind milde schwarze Kalamata und würzige grüne Amfissa Oliven vereint.
Rapunzel bietet als Besonderheit grüne Oliven schon vorgeschnitten an. Die sind schnell auf Salat oder Pizza verteilt. Praktisch sind die Olivenscheiben in Lake außerdem für Soßen und Pasta. Zusatz-Tipp von Rapunzel: Wer die ganzen Oliven weniger salzig wünscht, legt sie für einige Stunden in klares Wasser ein.
Vielfalt ohnegleichen. Was gibt es noch?
Spezialität bei Naturata sind getrocknete Amfissa Oliven in Öl. Die ausgereiften dunklen Früchte stammen von einem biodynamisch bewirtschafteten Familienbetrieb in Zentralgriechenland. Nach dem Entbittern werden die Oliven im Ofen bei 60 bis 70 Grad schonend luftgetrocknet. Daher ihr intensiver Geschmack, so der Hersteller. Der wird mit Oregano und hofeigenem Olivenöl nativ extra noch verfeinert. Tipp von Naturata: unbedingt auch das wertvolle Öl verwenden, zum Beispiel im Salat. Das kann bei Lagerung im Kühlschrank zwar fest werden, wird bei Raumtemperatur aber ohne Qualitätseinbußen wieder flüssig.
Italienische grüne Oliven, gefüllt mit knackigen Mandeln, sind Renner im Sortiment von bio-verde. Die Früchte werden mit Öl und sechs frischen Kräutern mariniert. Mandeln und Kräuter sind selbstverständlich auch aus ökologischem Landbau. bio-verde mischt das Olivenöl mit Sonnenblumenöl, damit es bei kühler Aufbewahrung nicht ausflockt. Außerdem, um das Aroma des Olivenöls zu mildern. Die mandelgefüllten Oliven und weitere Sorten von bio-verde, etwa die scharfe Variante mit Knoblauch und Peperoncini gefüllt, gibt es auch lose an der Frischetheke.
Warum nicht pasteurisieren?
Die meisten Bio-Hersteller pasteurisieren ihre Oliven nicht. Martin Hahn, Leiter der Qualitätssicherung bei bio-verde, begründet: „Bei Hitzeeinwirkung können die Oliven weicher werden und ihre Farbe verändern. Darum verarbeiten wir sie nur kalt. Das erhält auch die wertvollen Inhaltsstoffe und den Geschmack am besten. Die Kaltverarbeitung erfordert allerdings größte hygienische Sorgfalt. Wir stellen jedes Produkt wöchentlich neu her.“
Kommentare
Registrieren oder einloggen, um zu kommentieren.