Recht unscheinbar kommt es daher, das neue Nachhaltigkeits-Siegel: We Care. Die Übersetzung ins Deutsche „Wir kümmern uns“ macht klar, dass es bei dem neuen Zertifikat nicht um einzelne Produkte geht, sondern um ganze Unternehmen.
Als Initiator gibt sich das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) selbstbewusst: Erstmals habe man einen Standard für die Lebensmittelbranche geschaffen, der die gesamte Lieferkette in den Blick nimmt, erklärt Axel Wirz, der beim FiBL für die Koordination des Siegels zuständig ist. „Bei Firmen, die unsere Anforderungen erfüllen, können Verbraucherinnen und Verbraucher darauf vertrauen, dass diese sich wirklich ganzheitlich um mehr Nachhaltigkeit bemühen“, so Wirz.
Umfassender Anspruch auf Nachhaltigkeit
Insgesamt elf Unternehmen haben sich dem neuen Standard angeschlossen, darunter neben Alnatura, Lebensbaum und der Bohlsener Mühle auch Walter Lang, Davert und Barnhouse. Die ersten, die den Zertifizierungsprozess erfolgreich durchlaufen haben, sind die Bio-Firma Lebensbaum und das Bio-Handelsunternehmen Alnatura. Damit erfüllen sie einen umfassenden Nachhaltigkeitsanspruch, der in dieser Form bislang einzigartig ist.
Sie haben Strukturen geschaffen, mit deren Hilfe sie Umweltbelastungen und Menschenrechtsverletzungen aufspüren und vorbeugen können – am heimischen Unternehmensstandort sowie bei ihren Lieferanten. Konkret wurden zum Beispiel Verbesserungen beim Beschwerdemanagement vorgenommen und Maßnahmen ergriffen, um Verpackungsmüll und Lebensmittelabfälle zu reduzieren.
Wo finden Kunden das Siegel?
Für Kunden wird dieses Engagement im Bio-Laden sichtbar, wenn das Sortiment des zertifizierten Unternehmens zu mindestens 80 Prozent bio und vollständig gentechnikfrei ist. Dann darf das Siegel auf die Produktverpackungen gedruckt werden. Alle anderen Unternehmen können das Zeichen in ihrer Unternehmenskommunikation benutzen.
Während Alnatura derzeit noch prüft, ob das Siegel auf die Produkte aufgedruckt werden soll, stellt Lebensbaum bereits seit September auf We Care-Verpackungen um. „Das We Care-Siegel bekommt man nur, wenn man nachweisen kann, dass ausnahmslos alle Produkte nach fairen und umweltfreundlichen Standards hergestellt werden. Es gilt das Prinzip: ganz oder gar nicht“, sagt Henning Osmers-Rentzsch, Nachhaltigkeitsverantwortlicher von Lebensbaum.
We Care & Co. machen mehr
Faire Preise, sozial verträgliche Arbeit, ein schonender Umgang mit der Natur – immer mehr Unternehmen lassen sich diese Werte zertifizieren:
- We Care
Ein ganzheitlicher Standard, der nachhaltige Werte entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicherstellen soll. we-care-siegel.org - B Corp
Unternehmen (u.a. Allos, Einhorn) lassen Lieferanten- und Transportbeziehungen, Verpackungsdesigns sowie Ressourceneinsatz u.v.m. prüfen. bcorporation.de - CSE-Label
Managementzertifizierung, wobei das Produkt die nachhaltige Wirtschaftsweise darstellt. Unternehmen: Sodasan, Sonett u.a. cse-label.org
Das Interesse von Lebensmittelunternehmen, diesem oder einem vergleichbaren Standard beizutreten, dürfte in den nächsten Monaten zunehmen. Das hat vor allem politische Gründe, denn 2023 tritt das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz in Kraft. Damit sollen Großunternehmen dazu verpflichtet werden, Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihren Lieferketten regelmäßig zu analysieren und zu minimieren. Bei Verstößen drohen Bußgelder und der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen.
Allerdings gilt die Regelung nur für ein Prozent aller deutschen Firmen und diese müssen dann nur ihre direkten Zulieferer genauer unter die Lupe nehmen. Zudem sind die Regelungen im Bereich Umweltschutz eher als schwach einzuschätzen. Der We Care-Standard der Bio-Branche geht hingegen über die gesetzlich verpflichtenden Maßnahmen hinaus. Ein entsprechender Leitfaden mit insgesamt 164 Kriterien zu Unternehmensführung, Mitarbeiterverantwortung, Lieferketten- und Umweltmanagement ist online für jeden kostenlos zum Download verfügbar.
Regelmäßige Stichproben
Damit sichergestellt wird, dass diese Standards auch eingehalten werden, führt einmal im Jahr eine unabhängige Zertifizierungsstelle Prüfungen, sogenannte Audits, am Hauptstandort des Unternehmens durch. Dabei wird geprüft, ob das Unternehmen zu den definierten Handlungsfeldern eigene Ziele, Prozesse und Maßnahmen festgelegt und entsprechend dokumentiert hat. Außerdem führt die Zertifizierungsstelle Stichproben bei den Lieferanten des Unternehmens durch. Die umfassende Rezertifizierung findet alle drei Jahre statt.
„Wir begrüßen es, dass unsere Prozesse mit We Care nun regelmäßig von unabhängigen Fachleuten geprüft werden“, sagt Manon Haccius, die bei Alnatura für das Qualitätsmanagement verantwortlich ist. „Der Standard macht viele der Werte, mit denen die Bio-Pioniere vor 40 Jahren angetreten sind, konkret und damit auditier- und zertifizierbar“, sagt Philip Luthardt, Nachhaltigkeitsmanager bei der Bohlsener Mühle, die seit April zertifiziert ist.
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