Essen

Kochen tut Kindern gut

In der Küche lernen Kinder viele Dinge: Rezepte lesen und umrechnen, praktische Küchenchemie, Geschicklichkeit, planmäßiges Arbeiten, Teamgeist und vieles mehr.

Jeder kann heute schon fix und fertig Gekochtes einkaufen. Wozu dann überhaupt noch selber kochen?

Da ist zum einen der Geschmack. Selbst Gekochtes schmeckt besser und ist variationsreicher. Und ich weiß, was drin ist. Außerdem kommt es wesentlich preiswerter. Man produziert auch viel weniger Verpackungsmüll. Kochen zelebriert die Vorfreude aufs Essen. Es spricht die Sinne an und macht einfach Spaß. Für meine Kinder ist es fast eine Art Meditation. Es tut ihnen gut.

Dann hat Kochen also positive Nebenwirkungen? Welche denn noch?

Mit einem meiner Söhne hab ich in den Ferien ein richtiges Koch- und Lernprogramm entwickelt. Er durfte jeden Tag kochen: Kochbücher schmökern, viel rausschreiben, umrechnen – Rezepte für vier Personen auf sechs Personen anpassen. So übte er Lesen, Rechnen und Schreiben und lernte nebenbei etwas über Chemie und Physik. Über Wärmeleitung beispielsweise. Je nachdem, welche Pfanne man nimmt, rösten Kartoffeln schneller oder langsamer. All das wird nur mit Vergnügen und ohne Druck gelernt. Und Biologie ist auch dabei. Kinder fragen: Warum muss ein Hefeteig gehen? Sie wollen wissen: Wo geht er hin? Dann stellen sie fest, er geht nirgendwo hin, bleibt in der Schüssel und wird größer. Und dann kommt die Frage, was passiert da, was macht die Hefe? Das kann ich erklären und sie nehmen es auf wie ein Schwamm. Außerdem: Wer kochen darf, lernt planmäßiges Arbeiten.

Sie bringen Erwachsenen bei, wie sie Kindern das Kochen beibringen können. Wie haben Sie es denn selbst gelernt?

Bei meiner Mutter, die aus Frankreich kommt und sehr gut kochen kann. Das Schöne daran war: Sie hat mich einfach tun lassen. Ich durfte schon früh ganze Menüs für ihre Gäste kochen und das hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Wenn Kinder kochen, kann aber auch einiges schiefgehen, oder?

Man muss vor allem großzügig sein, weil hinterher die Küche dreckig ist. Aber ansonsten sollten diejenigen, die die Kinder anleiten, ihnen vor allem viel zutrauen. Es ist wichtig, nicht ständig Angst zu haben: das große Messer, die heiße Herdplatte … Sonst blockiert man den Mut seiner Kinder.

Ganz wichtig ist die Vorbildfunktion, wenn man als Mutter oder Vater selbst Spaß daran hat.

Ernährungsberaterin und Autorin Edith Gätjen

Viele Eltern haben oft nicht mal genügend Zeit, um selbst für die Familie zu kochen.

Es muss nicht alles gleich in eine Riesenaktion ausarten. Es darf einfach sein: Meine vierjährige Tochter zum Beispiel schafft es, zwischen ein und zwei Uhr, bis die Jungs aus der Schule kommen, eineinhalb Kilogramm Tomaten für unseren Tomatensalat zu schnippeln.

Wie bekommen Kinder denn Lust auf Schnippeln und Kochen?

Ganz wichtig ist die Vorbildfunktion, wenn man als Mutter oder Vater selbst Spaß daran hat. Und man sollte mit leichten Dingen anfangen. Kinder brauchen gleich zu Anfang ein Erfolgserlebnis, damit sie bei der Stange bleiben. – Loben Sie die Kinder! Da reicht für die Kleinsten eine Schürze, eine Kochmütze oder dass sie verantwortlich sind, den Tisch mit zu decken. Das ist schon etwas, womit man sie motivieren kann.

Kann ein Dreijähriger schon beim Kochen helfen?

Ein Dreijähriger kann enorm viel schneiden. Man muss das Zutrauen haben, einem dreijährigen Kind ein scharfes Messer zu geben. Denn ein stumpfes Messer ist eine Frustration, macht keinen Spaß. Ein dreijähriges Kind kann weichere Lebensmittel wie Gurken, Champignons, Äpfel, Tomaten und Bananen gut schneiden. Schwierig wird es vielleicht bei Möhren. Aber bei manchen geht selbst das. Dreijährige können einen Quark zusammenrühren, Zimt und Zucker über alles Mögliche streuen und natürlich Plätzchen ausstechen.

Und ein Siebenjähriger kann schon mehr ?

Der kann schon gut mit der Herdplatte arbeiten, wunderbar Gemüse dünsten, ein Spiegelei braten. In diesem Alter – vielleicht sogar schon vorher – kann man Kindern das Abschmecken beibringen. Und man kann anfangen, mit ihnen Teige herzustellen, wie Mürbe- oder Hefeteig.

Kann man ein Kind in der Küche nicht überfordern?

Alles, was die Kinder sich selbst zutrauen, ist keine Überforderung. Und manches lehrt die Erfahrung: Die Zucchini-Suppe im großen Topf zu pürieren – das machen sie nur einmal. Dann sind sie von oben bis unten vollgespritzt und wissen, dass der Pürierbecher sich besser eignet.

Und ein 13-Jähriger? Mag der überhaupt noch in der Küche werkeln?

Aber sicher. Gerade 13-Jährige kann man fragen: Wozu hast du Lust, was willst du kochen? … Gut, mach das! Unser Sohn kann nach Rezept komplett alleine kochen. Und er kann sogar noch mehr: Er kann hinterher die Küche aufräumen.

Zur Person

Edith Gätjen studierte Oecotrophologie in Bonn und bildete später Hebammen, Krankenschwestern und Eltern im Bereich Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie in den Bereichen Beikost und Kinderernährung aus. Die Ernährungswissenschaftlerin beschäftigte sich dazu mit vegetarischer und veganer Familienernährung in Theorie und Praxis. Ihr Wissen vermittelt Gätjen in zahlreichen Büchern zum Thema, zudem ist sie als Dozentin an der UGB-Akademie tätig, wo sie seit 2017 auch Präsidentin ist.

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