Die Sonne scheint, keine Wolke am Himmel. Die Schauspielerin Petra Schmidt-Schaller ist etwas früher ins Ökowerk im Grunewald gekommen, um zu entspannen. Beim Treffen im Bistro sind wir sofort beim „Du“.
Warum hast Du als Treffpunkt das Ökowerk vorgeschlagen?
Es gibt mehrere Orte in Berlin, die ich ansteuere, um Ruhe zu bekommen. Das Ökowerk ist durch meine Tochter dazu gekommen. Es gibt einen tollen Spielplatz, viele Veranstaltungen; das hat etwas Pfadfinder-mäßiges. Hier können Kinder noch eine Verbindung zur Natur bekommen. Ich hab’ die als Kind auch bekommen.
Wodurch hast Du dieses Gefühl für Natur bekommen?
Durch meinen Großvater! Der hat in Sachsen gelebt, nahe des Erzgebirges. Da war ich oft in den Ferien: Wir sind jeden Tag rausgegangen. Lange Wanderungen habe ich am liebsten gehabt.
Fehlt Dir die Natur heute?
Ja! Wir wohnen in Kreuzberg, wollen aber bald raus an den Stadtrand ziehen.
Dein Großvater hat also sozusagen die Natur in Dich rein gepflanzt? Seit wann ist biologische Ernährung für Dich ein Thema?
Ich glaube, das fing in meiner Pubertät an, als das mit den Tierskandalen war – der BSE-Skandal zum Beispiel. Da hat es angefangen. Früher war ich eine ganz große Fleischesserin. Das erste Steak war immer für mich. Und dann kam der Sommer 2001, als ich dann plötzlich keines mehr wollte. Alle drehten sich zu mir um und sagten: „Wie, Petra, du isst kein Steak?“
Und seitdem bist Du Vegetarierin?
Ja. Fleisch vermisse ich überhaupt nicht. Fisch würde ich manchmal schon sehr gerne essen. Für mich war das eigentlich auch keine ideologische Entscheidung: Ich hatte ein Stück Fleisch im Mund und dachte, ich kaue auf totem Gewebe rum. Und das ist geblieben. Aber ich nötige keinen in der Familie: Meine Tochter isst munter alles. Aber ich sage ihr schon: „Man muss gucken, wo das Fleisch herkommt.“
Und wo gehst Du einkaufen?
Entweder bei Bauern in ländlichen Berliner Stadtteilen, wo wir wissen, wie die Tiere gehalten werden, oder in einem der vielen Berliner Bio-Märkte.
Bei Mode achte ich auf Recycling, faire Löhne und Bio-Rohstoffe
Wie stehst Du zu Naturkosmetik?
Die Tendenz geht immer mehr in Richtung Naturkosmetik. Mir ist ganz wichtig, was wir essen und was wir auf unsere Haut tun. Wenn der Prozess in Richtung Bio mal begonnen hat, ist er kaum noch zu stoppen.
Wie sieht es mit Kleidung aus?
Mit unserer Tochter wurde uns klar, dass Kleidung natürlich auch etwas ist, das man direkt auf die Haut lässt. Jetzt kaufen wir entweder Second Hand oder fair hergestellte Bio-Mode. Vor zwei, drei Jahren habe ich mich nach einer Firma umgeguckt, die meine Werte vertritt: Recycling, faire Löhne, Bio-Rohstoffe. So kam ich an Lanius. Das Kleid, das ich heute trage, habe ich zum Beispiel da gekauft.
Du wirst sicher häufig auf Galas eingeladen ...
Ja, aber den Quatsch, dass man jedes Kleid nur einmal anziehen kann, mache ich nicht mit. Das ist doch verrückt! Ich gehe allerdings nur zu wenigen Veranstaltungen, insofern bin ich eh nicht so ein guter Werbeträger.
Und als Du im Februar die Goldene Kamera als beste Schauspielerin bekommen solltest, lagst Du krank im Bett ...
Ja, ich hatte Grippe und mein Vater hat die Auszeichnung für mich abgeholt. Ich dachte, „das ist echt schön mit dem Preis, aber noch mehr freue ich mich, wenn ich wieder gesund bin ...“
Hat sich mit der Goldenen Kamera etwas geändert für Dich?
Ich glaube, dass Preise wie die Goldene Kamera vor allem beruflich viel ausmachen, dass man danach vielleicht häufiger Rollenangebote bekommt, aber für mich persönlich hat die Goldene Kamera nicht wirklich viel verändert.
Du warst sechs Mal im ARD-Tatort aus Hamburg zu sehen, als Ermittlerin gemeinsam mit Wotan Wilke Möhring. Warum hast Du das wieder aufgehört?
Ich hatte dazu keine Lust mehr.
Hattest Du vielleicht auch Angst, als Tatort-Kommissarin abgestempelt zu sein und weniger Rollen zu bekommen?
Schon, ja. Aber das mit dem „Abgestempelt-Sein“ habe ich erst später mitbekommen: Da haben mir mehrere Leute gesagt: „Mensch, gut, dass Du das jetzt nicht mehr machst, sonst hätten wir Dich gar nicht besetzt.“
Klimawandel, Bildungsnotstand: Mischst Du Dich in die Politik ein?
Mein Problem ist: Ich kann ganz schwer mit diesen Schlagwort-Diskussionen umgehen.
Was meinst Du mit Schlagwort-Diskussion?
Wenn ich mich äußere, dann relativ komplex, dann ist ein langes Gespräch nötig. Bei dieser Schlagzeilen-Diskussionskultur bekomme ich das kalte Grausen. Ich finde, es braucht ein genaues Hingucken, viele Fakten, um Probleme zu lösen. Es braucht Zeit zum Zuhören und Diskutieren. Diese Zeit hat man viel zu selten.
Was muss sich ändern?
Medien verkürzen gerne, einige sind ja auch sehr berüchtigt dafür. Für das Liefern von kurzen, knackigen, verkürzten Überschriften bin ich die Falsche. Ich will Probleme komplexer angucken. Ich glaube, wir sollten uns alle viel besser informieren, Programme von politischen Parteien lesen und dann argumentieren. Das ist wichtig.
Gibt es für Dich eine Öko-Heldin?
Ja, das ist Christiane, die ehemalige Kindergärtnerin meiner Tochter. Sie hat es geschafft, den Kindern in einem Berliner Hinterhof Natur nahezubringen. Die haben einen nahen Garten ganz toll bepflanzt, auch mit Sachen, die man essen kann, sie hat Ausflüge gemacht und auch die Eltern inspiriert. Ich bin zum Beispiel darauf gekommen, statt Shampoo aus einer Plastikflasche ein Stück Shampooseife zu benutzen. Christiane hat uns auch gezeigt, mit Zitrone zu putzen. Das geht ganz toll, ganz ohne Chemie, das wusste ich vorher nicht. Seitdem benutzen wir Zitrone nicht nur zum Essen.
Zur Person
Petra Schmidt-Schaller lebt seit 38 Jahren in Berlin. Sie stammt aus einer Schauspieler-Familie. Nach dem Abitur studierte sie in Leipzig vier Jahre lang Schauspiel. Es folgten Engagements an verschiedenen Theatern. Parallel war sie auch in Kinos und im Fernsehen zu sehen. Den Durchbruch brachte 2007 die Literaturverfilmung „Ein fliehendes Pferd“. Von 2013 bis 2015 spielte sie sechs Mal die Hauptkommissarin Katharina Lorenz im Tatort aus Hamburg.
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