Bauchweh, Husten, Halsschmerzen – wie gut, dass gegen fast jedes Alltagszipperlein ein Kraut gewachsen ist. Heiltees unterliegen strengen gesetzlichen Vorschriften.
Kamillentee besänftigt den verstimmten Magen, Brennnessel entwässert, Holunderblüten bringen das Blut in Wallung. Das weiß heute längst nicht mehr jedes Kind, denn traditionelles Kräuterwissen wird selten noch von Generation zu Generation weiter gegeben. Schade eigentlich, denn Heiltees gehören zu den ältesten Arzneiformen überhaupt, und kostengünstig sind sie obendrein. Das passende Teekraut zur richtigen Zeit mobilisiert die Selbstheilungskräfte des Körpers. Heiltees helfen, schnell wieder gesund zu werden, ohne dabei die Symptome zu unterdrücken.
Die Volksheilkunde hat zwar nicht mehr eine so große Bedeutung wie zu Großmutters Zeiten, verloren geht dieses Wissen aber nicht. Heute sind Heilpflanzen mit modernen Methoden wissenschaftlich erforscht. Für Heilkräuter gibt es ein pharmakologisches Profil, das die wichtigsten Merkmale beschreibt – etwa kreislaufstimulierende, entwässernde oderkrampflösende Eigenschaften. Dass diese Wirkungen ernst zu nehmen sind, zeigt die besondere Sorgfaltspflicht, die der Gesetzgeber den Herstellern von Heil- oder Arzneitees auferlegt. Strenge Vorschriften regeln, wann ein Heiltee sich überhaupt so nennen darf.
Gesetzliche Zulassung. Nicht jeder Kräutertee ist rechtlich gesehen ein Arzneitee, selbst wenn bekannte Heilkräuter darin enthalten sind. Das mag im Alltag etwas verwirrend erscheinen, insbesondere bei den Wirkstoffen Kamille und Pfefferminze. Andererseits dient es dem Verbraucherschutz, dass der Gesetzgeber die Werbung mit gesundheitlichen Wirkungen streng regelt. Unter juristischen Gesichtspunkten kann ein Kräutertee beides sein: Lebensmittel oder Arzneimittel. Wird einem Produkt eine heilende Wirkung zugeschrieben, stehen also auf dem Etikett gesundheitliche Wirkungen, so gilt es als Arzneimittel. Dies bedarf der Zulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ‹‹ müssen in diesem Zulassungsverfahren nachgewiesen werden. Im Unterschied zu den apotheken- oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zählen die meisten Arzneitees zu den freiverkäuflichen Arzneimitteln. Sie dürfen grundsätzlich auch außerhalb von Apotheken vertrieben werden – allerdings mit der Einschränkung, dass der Verkäufer eine bestimmte fachliche Qualifikation nachweisen muss (Näheres dazu weiter unten).
Wer einen Heiltee kauft, kann unter anderem sicher sein, dass:
- die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Wirkstoffmengen enthalten sind,
- die Kräuter vorschriftsmäßig geschnitten wurden (Zerkleinerungsgrad),
- der richtige Teil der Pflanze verwendet wurde, also etwa Blätter und/oder Stängel und/oder Blüte,
- die Mengen stimmen, etwa die Blütenzahl oder Blattmenge,
- und besonders niedrige Grenzwerte für Pestizidrückstände sowie Schwermetalle eingehalten werden. Sie liegen niedriger als in Lebensmitteln. Der Grund: Kranke Menschen haben ein geschwächtes Immunsystem und sind damit besonders anfällig.
Klassische Anwendungsgebiete für Heiltees sind Magen-Darm-Beschwerden, Erkältungskrankheiten, Husten, Halsschmerzen, Blasen- und Nierenbeschwerden sowie nervöse Unruhezustände, etwa Einschlafschwierigkeiten. Der Packungsaufdruck muss über Zusammensetzung, Zubereitung, Dosierung und Art der Anwendung Auskunft geben, außerdem über Wechselwirkungen mit anderen Mitteln sowie eventuelle Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen. Heiltees, bei denen die medizinische Bestimmung auf dem Etikett steht, sind ideal auf diese Beschwerden abgestimmt. Sie wirken deshalb normalerweise besser als eine selbst zusammengestellte Mischung aus verschiedenen Einzelkräutern.
Die altbewährten Rezepturen bestehen aus etwa sieben bis zehn verschiedenen Heilkräutern. Allergiker sollten bei Teemischungen allerdings aufmerksam die Zusammensetzung studieren, um eventuelle Unverträglichkeiten auszuschließen.
Genuss statt Arznei. Andere Kräutertees, die nicht das vorgeschriebene Zulassungsverfahren durchlaufen haben, dürfen nicht mit positiven Effekten auf die Gesundheit werben – selbst wenn diese Effekte tatsächlich vorhanden sind. Solche Tees gelten grundsätzlich als Lebensmittel. Das ist für den Laien nicht immer leicht zu begreifen, insbesondere nicht beim Kamillen- und Pfefferminztee. Entscheidend für die Einordnung als Lebens- oder Arzneimittel ist nämlich auch die „allgemeine Verkehrsauffassung“ – so heißt es im Amtsdeutsch. Und das bedeutet: Wenn ein bekanntes Heilkraut immer schon auch als Genusstee getrunken wurde, gilt es als Lebensmittel. Reine Pfefferminz- oder Kamillentees werden somit nicht als Heiltees angeboten.
Bei im Internet erhältlichen Produkten umgehen unseriöse Anbieter diesen feinen Unterschied und bewerben auch nicht als Arzneimittel zugelassene Tees mit gesundheitlichen Wirkungen.
Nicht ohne „Kräuterschein“. Solche dubiosen Geschäfte wären im Bioladen gar nicht erst möglich. Um Heiltees verkaufen zu dürfen, muss der Ladeninhaber zunächst eine Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer ablegen. Mit dem Fachhandelsnachweis für freiverkäufliche Arzneimittel im Einzelhandel, im Berufsjargon auch „Kräuterschein“ genannt, darf er dann anerkannte Heiltees ins Sortiment aufnehmen und seine Kunden beraten.
Selbstverständlich werden für Bio-Arzneitees Rohstoffe aus kontrolliert-biologischem Anbau verwendet. In speziellen Fällen handelt es sich um Wildpflanzen, deren Sammlung ebenfalls besonderen Vorschriften unterliegt. Kräuter aus kontrollierter Wildsammlung dürfen die Bezeichnung „Bio“ tragen.
Bei den Kontrollen greifen neben dem „normalen“ Bio-Kontrollsystem die speziellen Vorschriften für freiverkäufliche Arzneimittel. Besonders aufwändig sind die Schwermetallkontrollen. Hier reichen Stichproben nicht aus, sondern es müssen Proben aus jeder Charge ins Labor.
Seltene Pflanzenbestandteile wie etwa Eibisch, Enzianwurzel oder Wollkraut kommen auch bei Bio-Tees meist aus konventionellem Anbau. Wegen des geringen Bedarfs lohnen sich Bio-Anbauflächen nicht. Selbstverständlich müssen die konventionellen Zutaten ebenfalls sämtliche Anforderungen an Rückstandsgrenzen und Wirkstoffgehalt erfüllen.
Astrid Wahrenberg
Wie wirkt was?
Brennnessel
Fenchel
Hibiskus
Holunder
Kamille
harntreibend
krampflösend
schleimlösend
schweißtreibend
entzündungshemmend
Lindenblüte
Melisse
Pfefferminze
Salbei
Wermut
fiebersenkend
schmerzstillend
blähungslösend
schweßhemmend
appetitanregend
Wertvolle Antioxidantien
Durch das Übergießen der Kräuter mit heißen Wasser lösen sich nicht nur die aromatischen ätherischen Öle, sondern auch weitere gesunde Substanzen: wasserlösliche sekundäre Pflanzen-stoffe wie Gerbstoffe oder Flavonoide. Diese Substanzen sind für ihre antioxidative Wirkung im Organismus bekannt. Sie fangen aggressive freie Sauerstoff-Radikale ab, so dass sie keine Zell-schäden anrichten können.
Kurmäßig anwenden
Heiltees sind wirksame Arzneimittel und kein Genussmittel. Sie sollen deshalb kurmäßig angewendet werden: Vier Wochen lang täglich davon trinken, dann zwei Wochen Pause einlegen. Ent-wässerungs- oder Beruhigungstees nach Bedarf anwenden. Kehren die Beschwerden hartnäckig wieder oder klingen gar nicht ab, hilft nur ein Arztbesuch. Anders sieht es mit den Genusstees Kamille und Pfefferminze sowie mit sämtlichen Mischungen aus, die nicht als Arzneimittel ausgelobt sind: Sie dürfen (und sollten) regelmäßig ohne jede zeitliche Einschränkung getrunken werden.
Kommentare
Registrieren oder einloggen, um zu kommentieren.