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So gesund sind Gewürze

Sie helfen bei Husten und machen Essen bekömmlicher. Doch warum sind Anis, Chili & Co. so gesund und wo wirken sie?

Gewürze peppen nicht nur Speisen auf, sie haben auch Heilwirkungen – zumindest besagen das viele Überlieferungen aus der Kloster- und Volksmedizin oder aus der traditionellen indischen Heilkunst Ayurveda. So sollen Salbei und Thymian bei Entzündungen der oberen Atemwege helfen, Nelken die Verdauung fördern, Kümmel gegen Blähungen vorgehen und Rosmarin die Durchblutung ankurbeln. Und die ayurvedische Lehre sieht Kurkuma als entzündungshemmend an oder verschreibt Kardamom gegen Übelkeit. Einige Studien besagen sogar, dass Menschen, die viele scharfe Gewürze essen, länger leben.

Doch wie genau wirken Gewürze? Welche Inhaltsstoffe lindern Beschwerden und mit welchem Mechanismus?

Das macht Gewürze so gesund

Die Substanzen mit Gesundheitspotenzial sind einerseits ätherische Öle. „Allein für Ingwer sind 150 Aromasubstanzen im ätherischen Öl bekannt“, sagt Manuela Mahn von der Gewürz-Akademie in Bamberg. Zudem stecken in Gewürzen Bitterstoffe, Scharf- und Farbstoffe, die die Pflanze bildet, um Fressfeinde abzuwehren oder Bestäuber anzulocken. Die Stoffe zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen, für die viele mögliche Wirkungen beschrieben sind. Gelangt nun zum Beispiel eine mit Thymian gewürzte Speise in den Mund und wird gekaut, werden bereits ätherische Öle wie Thymol, Carvacrol oder Linalool freigesetzt. Solche Aromastoffe, aber auch scharfe Substanzen etwa aus Ingwer, Chili oder Senf können Bakterien und Viren abtöten. Thymian wird darum etwa Hustensaft beigemengt. Scharfe Gewürze wirken zudem über sogenannte Nozizeptoren in der Mundschleimhaut. Diese senden Schmerzreize ans Gehirn. Das Gehirn veranlasst dann, dass schmerzstillende Substanzen ausgeschüttet werden und die Durchblutung angekurbelt wird.

Welcher Stoff wie wirkt, ist noch zu wenig untersucht

Jan Frank, Universität Hohenheim

Beim Schlucken geht für die Gewürz-Inhaltsstoffe die Reise weiter. Sie wandern durch Magen und Dünndarm, wo sie zuerst ein Säure- dann ein schwaches Basenbad durchlaufen, was die Substanzen bereits chemisch verändert. In den Darmzellen wird dann ein Teil der Stoffe aufgenommen und weiter abgebaut. Die verbleibenden Substanzen werden in den Dickdarm transportiert. „Dort können sie mit den Mikroben interagieren“, sagt Jan Frank, Wissenschaftler an der Universität Hohenheim. „Welcher Stoff hier wie wirkt, ist aber noch zu wenig untersucht.“

Darum hilft Kümmel bei Blähungen und Ingwer bei Übelkeit

Sicher ist, dass bestimmte Gewürze im Magen-Darm-Trakt gegen Verkrampfungen und Blähungen vorgehen. Substanzen wie Carvon in Kümmel verbessern die Bekömmlichkeit fetter Speisen, da sie zum Beispiel Magen- und Darmwand zu einer stärkeren Bewegung anspornen und die Ausschüttung von Verdauungssäften anregen. Ähnlich verdauungsfördernd wirken Substanzen aus Anis, Majoran oder Dill. Ingwer-Stoffe binden an einem speziellen Rezeptor in Magen und Darm an, wodurch Übelkeit gelindert wird. An einigen Darmzellen sitzen zudem Bitterrezeptoren. Es wird spekuliert, dass Bitterstoffe etwa aus Beifuß, die hier andocken, auch Hunger und Sättigung oder die Abwehrfunktion des Körpers beeinflussen könnten.

Schützt Curry vor Alzheimer?

Gewürz-Inhaltsstoffe, die die Darmzelle aufgenommen und abgebaut hat, werden über die Pfortader zuerst zur Leber transportiert und weiter abgebaut. Von dort gelangen sie in den Blutkreislauf. „Welche Stoffe aus Gewürzen hier genau zirkulieren und ob ein entzündungshemmender Stoff aus dem Reagenzglasversuch etwa auch im Gehirn ankommt und wirkt, ist nicht sicher“, sagt Frank. Er forscht zu Curcumin, einem Farbstoff aus Kurkuma.

Versprechen wie „Curry schützt vor Alzheimer“ oder „Knoblauch feit gegen Krebs“ gehören für ihn daher ins Reich der Fake News. Denn: Die wenigen Humanstudien, die es dazu gebe, wurden mit sehr großen Mengen der Gewürzsubstanzen durchgeführt, die man so gar nicht mit der Nahrung aufnehmen kann. Darum sei unklar, ob die Prise Curry im Reis wirklich effektiv ist.

Gewürze: Warum Bio die bessere Wahl ist

  • In konventionell angebauten Gewürzen werden immer wieder Rückstände chemisch-synthetischer Pestizide gefunden. Im Bio-Landbau dürfen solche Pestizide gar nicht erst eingesetzt werden.
  • Bio-Gewürze dürfen zur Haltbarmachung nicht mit ionisierenden Strahlen behandelt werden. Erlaubt sind Dampfsterilisation oder Infrarot-Verfahren.
  • Konventionelle Gewürze können sogenannte Trennmittel enthalten. Diese verhindern, dass sich Klümpchen bilden. Einige Trennmittel wie E 551 sind jedoch wegen ihrer Nano-Größe in die Kritik geraten. Trennmittel müssen nicht auf der Verpackung deklariert werden. Die Hersteller von Bio-Gewürzen verzichten auf Trennmittel wie E 551, E 504 oder 470b.
  • Bio-Würzmischungen dürfen keine Aromen und Geschmacksverstärker zugemischt werden. Konventionellen Produkten hingegen schon.

So setzt Ayurveda Gewürze ein

Im Ayurveda gibt es hierzu weniger Fragezeichen. „Kleine Mengen von Gewürzen können die Wirkung der Nahrung verändern“, sagt Kerstin Rosenberg, Buchautorin und Ayurveda-Expertin. Im Ayurveda wird dabei auch auf die Kombination der Gewürze mit anderen Lebensmitteln wert gelegt. „Um die immunstärkende und regenerative Wirkung von Gewürzen zu verstärken, geben wir sie gerne in Speisen und Getränke mit Milch, Milchprodukten und Nüssen“, so Kerstin Rosenberg. Tatsächlich weiß man etwa aus der Wissenschaft, dass Curcumin aus Kurkuma viel besser in Gesellschaft von Ölen oder Fetten von den Darmzellen aufgenommen wird. Im Ayurveda gibt es drei Typen (Doshas), die spezifische Auswirkungen auf die Körperfunktionen haben. Und für diese Doshas und damit zusammenhängende Krankheiten gibt es jeweils ausgeklügelte Gewürz-Rezepte und Kombinationen.

Können Gewürze auch schaden?

Generell können Gewürze auch unerwünschte Effekte haben. „Auf Doldenblütler, zu denen Anis und Fenchel gehören, reagieren manche Menschen allergisch“, sagt Manuela Mahn. Scharfe Gewürze können bei Neurodermitikern die Haut verschlechtern. Und auch überdosiert sind Gewürze wie alle Lebensmittel ungesund. Darum raten Verbraucherschützer, sich mit einem Arzt zu beraten, wenn man Nahrungsergänzungsmittel etwa mit Curcumin oder Zimt einnehmen möchte. Denn hier sind die Substanzen oft hochdosiert. Tabletten wirken auch nicht auf die Sinne. Gewürzte Speisen riecht man, schmeckt man, genießt man. Allein das hat schon eine Wirkung auf das Wohlbefinden.

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