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Leinöl: Mehr als nur Genuss

Bio-Leinöl gewinnt immer mehr Fans. Schonend gepresst besitzt es reichlich gesunde Fettsäuren und schmeckt in Müsli, Quark oder Salat. Schon probiert?

Diese Pflanze hat es in sich: Die Blüten sind schön anzusehen, aus ihren Fasern lässt sich Stoff herstellen, ihre Samen helfen der Verdauung, das Öl machte Kartoffeln mit Quark zum Kult und alte Gemälde erst möglich. Weil Lein, bei uns auch als Flachs bekannt, so vielseitig zu verwenden ist, gab der Naturforscher Carl von Linné der einjährigen Pflanze den Namen Linum usitatissimum, was „äußerst nützlicher Lein“ bedeutet.

Noch im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland viele kleine Ölmühlen. Gut für die Kunst, denn die alten Meister verwendeten Leinöl, um ihren Gemälden einen dauerhaften Schutzfilm zu verleihen. Mit der Industrialisierung geriet Lein allerdings in Vergessenheit. Baumwolle und künstliche Fasern verdrängten ihn als Faserlieferant, für die Küche kamen Raps- und Olivenöl in Mode und in der Kunst die Chemie. Doch nun ist Lein wieder im Kommen. Seine ballaststoffreichen Samen sind als Verdauungshilfe gefragt und das goldgelbe Leinöl mit dem feinherb-nussigen Geschmack punktet mit viel gesunder Alpha-Linolensäure.

Fettsäuren: Warum ist Leinöl so gesund?

Leinöl besitzt mit etwa 55 Prozent einen sehr hohen Gehalt an Alpha-Linolensäure (ALA). Dies ist eine essenzielle Omega-3-Fettsäure, die der Körper nicht selbst bilden kann, sondern mit der Nahrung aufnehmen muss. Sie wirkt direkt, wird aber auch zu einem geringen Anteil in noch wichtigere Omega-3-Fettsäuren (DHA und EPA) umgewandelt. Die kommen sonst nur in fettem Seefisch und Mikroalgen vor.

Alle drei Fettsäuren (ALA, DHA und EPA) sind wichtig für den Aufbau von Zellwänden, vor allem in Auge und Gehirn. Außerdem verbessern sie die Fließeigenschaften des Blutes und können somit das Risiko für Bluthochdruck und Herzinfarkt senken – sofern sie anstelle von gesättigten Fettsäuren, die vor allem in tierischen Lebensmitteln enthalten sind, verzehrt werden. Sie beeinflussen zudem das Immunsystem und hemmen Entzündungsreaktionen im Körper.

Für eine optimale Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) daher, ein- bis zweimal in der Woche fettreichen Seefisch zu essen und pflanzliche Öle wie Raps-, Walnuss- oder Leinöl zu bevorzugen. Bereits 2 Esslöffel Leinöl pro Woche liefern den geschätzten Bedarf an Alpha-Linolensäure, so der Diplom-Oecotrophologe Hans-Helmut Martin von der UGB-Akademie in Gießen.

Darum profitieren Vegetarier und Veganer besonders

Zur Senkung des Risikos für Herzinfarkt scheint zusätzlich ein ausgewogenes Verhältnis von Alpha-Linolensäure zu Linolsäure wichtig zu sein. Linolsäure ist ebenfalls eine lebensnotwendige Fettsäure, sie kommt in Distel-, Sonnenblumen- oder Maiskeimöl vor. Aus ihr können im Körper aber auch weniger günstige Fettsäuren aufgebaut werden. Die DGE rät, höchstens fünf Mal so viel Linol- wie Linolensäure aufzunehmen.

Wer sich rein pflanzlich ernährt, sollte genau hinschauen: Nach Angaben des Vegetarierbundes Deutschland e.V. (VEBU) nehmen vor allem Vegetarier und Veganer deutlich mehr Omega-6- als Omega-3-Fettsäuren auf. Der VEBU empfiehlt ihnen daher, insbesondere Lein- und Rapsöl, sowie Leinsamen und Walnüsse regelmäßig zu verzehren. Gleichzeitig sollten weniger Linolsäure-reiche Öle verwendet werden.

Zurück zur Alpha-Linolensäure: Ebenfalls viel davon, etwa 30 Prozent, besitzt Leindotteröl (Camelinaöl). Auch Leindotter ist eine uralte Nutzpflanze, die einige Bio-Hersteller nun wieder verarbeiten. Der Kreuzblütler wird meist in einer Mischkultur mit Erbsen oder Getreide angebaut.

Mehr zu Speiseölen

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Alles über Speiseöle

Leinöl in der Küche: Warum gerade Quark?

Leinöl mit Quark – diese Kombi-Empfehlung geht auf Dr. Johanna Budwig zurück. Die Wissenschaftlerin zeigte, dass Omega-3-Fettsäuren in Verbindung mit schwefelhaltigen Aminosäuren, wie Quark sie enthält, wichtig für die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff sind. Zudem können Milchprodukte die leicht bittere Note des Leinöls mildern. „Leinöl mit Quark und Pellkartoffeln“ ist auch ein klassisches Gericht aus dem Spreewald. Ebenfalls beliebt dort: Weißbrotstückchen in Leinöl tunken, dann in Zucker stippen und genießen!

Da Hitze dem Leinöl schadet, ist es vorwiegend für die kalte Küche gedacht. An warme Speisen gehört es erst nach dem Kochen. Ein Esslöffel im Müsli sorgt für einen gesunden Start in den Tag. Mit Leinöl lassen sich auch köstliche Salatsoßen bereiten. Dips und Aufstrichen verleiht es eine fein nussige Note.

Damit Leinöl nicht bitter wird, gehört es nach dem Öffnen in den Kühlschrank. Dort hält es – je nach Marke – zwischen drei und acht Wochen lang. Darauf achten, dass der Deckel stets gut verschlossen ist. Wer sich einen Vorrat zulegen will, kann Leinöl auch einfrieren – ohne Qualitätsverlust. Zum Verzehr einfach im Kühlschrank oder bei Zimmertemperatur auftauen lassen.

Kaltgepresst, nativ – was steckt dahinter?

Für die Bezeichnung „kaltgepresstes Öl“ gibt es – mit Ausnahme von Olivenöl – bisher keine eindeutige, rechtsverbindliche Definition. Als eine Orientierung für Hersteller, Handel und Verbraucher dienen die sogenannten „Leitsätze für Speisefette und Speiseöle“ des Deutschen Lebensmittelbuches.

Sie besagen, dass kaltgepresste Öle ohne Wärmezufuhr ausschließlich mit mechanischen Verfahren aus Saaten, Keimen oder Früchten gewonnen werden. Allerdings entsteht beim Pressen Reibungswärme, die bei hohem Druck auch schon mal 90 Grad betragen kann.

Bio-Hersteller pressen ihre Saat schonend, das heißt langsam, mit wohldosiertem Druck oder auch mit Kühlung. So bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe des Öls bestmöglich erhalten. Außerdem lösen sich weniger Bitterstoffe aus den Samenschalen. Die meisten Bio-Leinöle sind „nativ“. Sie wurden nach der Kaltpressung höchstens noch filtriert, um Trüb- und/oder Bitterstoffe zu entfernen. Wird die Saat hingegen vor dem Pressen geröstet oder das Öl mit Wasserdampf nachbehandelt, gilt das Öl nicht mehr als nativ. Das Etikett sollte dann auf die zusätzliche Behandlung hinweisen, halten die Leitsätze fest. Die Güteklasse „nativ extra“ gibt es übrigens nur bei Olivenöl.

Die Öl-Qualität sichern. Worauf kommt es an?

Leinöl reagiert nicht nur empfindlich auf Hitze, auch Sauerstoff und Licht setzen ihm zu. Daher gewinnen etliche, vor allem größere Hersteller, ihr Bio-Leinöl unter Licht- und Luftausschluss, zum Teil mit speziell dafür entwickelten Verfahren. Mitunter verwenden sie Schutzgase wie Stickstoff oder Argon beim Pressen beziehungsweise Abfüllen, die den Verderb der Fettsäuren hemmen.

Um das kostbare Öl vor Licht zu schützen, kommt es in Flaschen aus braunem oder grünem Glas. Für noch besseren Lichtschutz verwenden manche Hersteller zusätzlich einen Umkarton. Andere bieten ihr Öl in Dosen an, die zu 100 Prozent vor Licht schützen. Einige konventionelle Leinöl-Sorten sind dagegen in Flaschen aus Weißglas im Regal zu finden.

Bis ein Öl in den Handel gelangt, durchläuft es etliche Analysen. Gerade Ölsaaten reichern bevorzugt Schwermetalle aus dem Boden an. Deshalb kontrollieren Bio-Hersteller sie regelmäßig auf Cadmium, Blei und Co., auch auf Pestizide und gentechnische Verunreinigungen. Das gewonnene Öl wird zusätzlich auf Schadstoffrückstände wie Weichmacher untersucht. Darüber hinaus bewertet geschultes Personal die sensorische Qualität, also Aussehen, Geruch und Geschmack des Öls.

Leinsaat als Rohstoff – golden und braun

Aus der uralten Kultur- und Heilpflanze Lein, die schon von den Ägyptern kultiviert wurde, haben sich mit der Zeit verschiedene Sorten ausgebildet. Ölleine, die meist 50 Zentimeter hoch wachsen und Faserleine, die bis anderthalb Meter Höhe erreichen. Obwohl Lein wieder an Beliebtheit gewinnt, wird er in Deutschland wie im übrigen Europa kaum noch angebaut. Also muss die Saat von weit her importiert werden.

Solche in ökologischer Qualität kommt meist aus den USA, Kanada oder Russland. Auch aus China und Argentinien kaufen Bio-Hersteller Rohware zu. Etliche von ihnen bevorzugen inzwischen die hellere Gold-Leinsaat, weil sie ihrer Ansicht nach ein milderes Öl ergibt als die braune Züchtung.

Die Samen des Ölleins reifen in geschlossenen Fruchtkapseln heran. Sie werden nach der Ernte gedroschen, die Samen gereinigt und mit einer Presse das Öl herausgedrückt. Leinöl für technische Zwecke wird heiß gepresst. Speise-Leinöl, ob bio oder konventionell, wird kalt gepresst, um seine wertvollen Fettsäuren zu bewahren.

Bio-Leinöl klassisch: Kaltgepresst und nativ

Byodo presst sein Leinöl unter Luft- und Lichtabschluss in einer Schutzgasatmos-phäre. Durch schonende Filtration werden Bitterstoffe herausgefiltert. Anschließend kommt das Öl in Dosen aus verzinntem Weißblech, die es zu 100 Prozent vor Licht schützen. Auch Heirler Cenovis bietet mit Neuco Linosan ein kaltgepresstes Leinöl an. Das Besondere daran: Die braunen Leinsamen werden vor dem Pressen schonend geröstet, damit das Öl noch nussiger schmeckt. Neuco Linosan gibt es ebenfalls in Dosen.

Naturata verwendet für sein Öl zunächst amerikanische Gold-Leinsaat in Demeter-Qualität. Da die Ernte nicht immer ausreicht, bietet Naturata dann ersatzweise Leinöl aus kbA-Leinsamen an. Beim Pressen der Saat wird die Temperatur jeweils automatisch und kontinuierlich überwacht.

Die Teutoburger Ölmühle verarbeitet für ihr Leinöl braune Leinsaat aus Rumänien. Aktive Kühlung beim Pressen vermeidet hohe Temperaturen, eine dreistufige Filtration schließt sich an. Der Presskuchen des Leins geht komplett in die Bio-Tierfütterung.

Leinöl mit Plus: Neue Kombinationen

Der französische Hersteller Bio Planète entzieht seinem nativen Leinöl mittels einer eigens entwickelten Filtration durch eine 3D-Matrix die Bitterstoffe. Bei der Sorte Omega Orange kommen Granatapfelkern- und Orangenöl – für eine fruchtig-frische Note – sowie Blütenpollen hinzu. Das Öl soll zu einem schwungvollen Start in den Tag verhelfen. Weitere neue Mischungen sind Omega Blue und Omega Green.

Eine nussig-süße Ölspezialität mit einem Hauch von Marzipan ist das LINO³ Mandel Bio Omega-3 Leinöl der Ölmühle Fandler. Das Öl aus russischer Leinsaat wird nicht filtriert, es ruht stattdessen in Tanks, bis sich die Schwebstoffe abgesetzt haben. Die österreichische Ölmühle empfiehlt es unter anderem zu cremigen Gemüsesuppen und Blatt- wie Obstsalat.

Rapunzel kombiniert sein Oxyguard-Leinöl seit Kurzem auch mit dem Öl der Nachtkerze. Deren Öl enthält Gamma-Linolensäure, eine wertvolle Omega-6-Fettsäure. Mit Oxyguard bezeichnet Rapunzel den speziell entwickelten Prozess, mit dem sie das empfindliche Leinöl bei Temperaturen unter 30 Grad und unter Ausschluss von Sauerstoff und Licht gewinnen.

Wertvoller Press-Rest

„Der Pressrückstand, auch Leinkuchen genannt, ist reich an Ballaststoffen und pflanzlichem Protein“, erklärt Eva Kiene, zuständig für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bei Rapunzel. „Er ist ein hochwertiges Tierfutter für Bio-Betriebe. Außerdem vermahlen wir den Leinkuchen auch zu Mehl. Leinmehl ist in der Küche vielseitig einsetzbar. Es eignet sich für Proteindrinks und zum Frühstück ins Müsli ebenso wie zum Backen und leichten Andicken von Soßen.“

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