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Essigherstellung: So wird's gemacht

Wir lieben Essig in all seiner Vielfalt! Aber hochwertig sollte er sein. Das Geheimnis liegt in der Herstellung. Wir erklären die Unterschiede und wie ihr Essig selber machen könnt.

Die Geschichte des Essigs beginnt mit vergorenem Traubensaft. Mehr zufällig wurde entdeckt, dass offener Wein mit der Zeit sauer wird. In China war Essig bereits 6000 v. Chr. bekannt. Schon damals wurde er nicht nur zum Würzen genutzt. Er war auch ein beliebtes Mittel, um Fleisch, Fisch und Gemüse haltbar zu machen, denn seine sanfte Säure hemmt das Wachstum der Mikroorganismen.

Wie entsteht Essig?

Heute ist Essig kein Zufallsprodukt mehr. Ende des letzten Jahrhunderts fand Louis Pasteur heraus, dass bei der Essigentstehung Bakterien, sogenannte Acetobacter, im Spiel sind. Sie bauen den in der Ausgangslösung (z.B. Most oder Getreidemaische) enthaltenen Alkohol zu Essigsäure ab. Immer vorausgesetzt, dass die Randbedingungen stimmen. Entscheidend ist die Gärtemperatur und eine optimale Versorgung mit Sauerstoff. Bei zu hohen Temperaturen werden die Essigsäurebakterien abgetötet und charakteristische Aromastoffe gehen durch Verdunstung verloren. Sauerstoff wird benötigt, da Acetobacter streng aerob sind, das heißt, sie können ohne Sauerstoff nicht „arbeiten“.

Rohstoffe: Was eignet sich zur Essigherstellung?

Aus einem schlechten Wein lässt sich kein guter Essig machen. Entscheidend ist nicht so sehr das Herstellungsverfahren, sondern die Qualität der Rohstoffe. Als Ausgangsprodukte sind zahlreiche Rohstoffe möglich, Voraussetzung ist lediglich ein gewisser Alkoholanteil. Auch Ananas, Datteln, Trauben und Bananen lassen sich zu Alkohol vergären und sind damit als Basisstoff geeignet. Zu Essig verarbeiten lassen sich weiterhin Getreide, Malz, Bier, Reis, Honig und Zuckerrüben. In Deutschland ist jedoch Wein die hauptsächliche Rohstoffbasis.

Grundrezept für Essig

Essig selber machen – so geht's

Diese Zutaten braucht ihr für die Herstellung von Essig:

  • 1 Liter alkoholhaltiges Getränk mit 4-10 Prozent Alkohol (etwa Most, Wein oder mit Wasser verdünnten Schnaps)
  • 100 ml Essigmutter (bekommt ihr in Bio-Läden oder im Winzerbedarf)
  • 1 bauchiges Gefäß (etwa ein Krug)

Die Essig-Herstellung eignet sich prima, um Wein-Reste zu verwerten. Falls ihr Wein über 10 Prozent Alkoholgehalt verwendet, solltet ihr ihn mit etwas Wasser verdünnen.

  1. Füllt den Alkohol in das zuvor gereinigte Gefäß und "impft" in nun mit der Essigmutter.
  2. Verschließt es mit einem Wattebausch, damit Sauerstoff ins Gefäß gelangt.
  3. Lagert den zukünftigen Essig bei einer Temperatur zwischen 25 und 30 Grad und schwenkt das Gefäß täglich.
  4. Probiert regelmäßig um zu sehen, wie sich der Essig entwickelt.
  5. Sobald der Essig wie gewünscht schmeckt, könnt ihr ihn durch ein Tuch sieben und in Flaschen abfüllen. Lagert diese nun mindestens für weitere zehn Wochen kühl und dunkel.

Tipp: Früchte und Essig passen sehr gut zusammen! Wenn ihr Apfelessig, Himbeeressig oder einen anderen Obstessig selbst herstellen wollt, verwendet als Grundlage einfach Most oder Wein aus dem entsprechenden Obst.

Die Essigmutter lässt sich wiederverwenden. Bewahrt sie gekühlt in der Flüssigkeit auf und bewegt sie hin und wieder, um sie zu konservieren.

Essigwissen für Profis: von Orléans bis Submers

Das älteste Verfahren zur Essig-Gewinnung ist die Ende des 14. Jahrhunderts entwickelte Orléans-Methode. Hierbei werden Eichenfässer mit extra Luftlöchern zur Hälfte mit alkoholhaltiger Flüssigkeit (Wein) gefüllt. Die Essigsäurebakterien werden zugegeben. Sie bilden auf der Oberfläche eine Haut, die sogenannte „Essigmutter“. Da kein Extra-Sauerstoff zugeführt wird und die Essigbakterien nur an der Oberfläche des Weins wirken, dauert die Gärung einige Wochen, bei Eiswein oder Trockenbeerenauslesen sogar bis zu zwei Jahre. Durch die langsame Gärung kommt es zu hohen Verdunstungsverlusten von Wasser und Alkohol. Dabei dicken die nicht-flüchtigen Extraktbestandteile ein und erhöhen die Mundigkeit und Milde des Essigs. Flüchtige Aromastoffe gehen dabei allerdings verloren. In regelmäßigen Abständen wird ein Teil des Fassinhaltes abgezapft und durch neuen Wein ersetzt. Anschließend lagert der Essig in besonderen Eichenfässern zur weiteren Reifung.

Nur noch wenige Essigbauern produzieren nach dieser Methode. Heute sind mengenmäßig nur noch zwei Produktionsverfahren von Bedeutung, die wesentlich schneller ablaufen: Das Essigbildner (Spanbildner)- und das Submersverfahren, wobei das letztere dominiert, auch in der Naturkostszene.

Beim Essigbildnerverfahren werden Holzfässer (Bildner) genutzt. Sie werden zu einem Drittel mit der Essigmaische (mit Essig vermischte alkoholhaltige Flüssigkeit) gefüllt. In die Ansatzlösung werden Buchenrollspäne gehängt, auf denen sich die Essigsäurebakterien ansiedeln. Da die Späne den Bakterien eine größere Angriffsfläche bieten und ständig Sauerstoff zugeführt wird, läuft die Essigproduktion schneller ab. Noch schneller geht's, wenn die Späne mit der Essigmaische kontinuierlich beregnet werden. Nach 6-10 Tagen ist der Rohessig fertig.

Beim Submersen (=untergetauchten) Verfahren siedeln die Bakterien nicht auf Holzspänen, sondern direkt in der Maische an, in die ständig Sauerstoff eingeleitet wird. Hierdurch erhalten die Bakterien eine noch größere Angriffsfläche. Die Herstellung ist nach ein bis drei Tagen abgeschlossen.

Nach der Vergärung ist der Essig noch nicht vollendet. Der Gesetzgeber schreibt einen Säureanteil von mindestens 5 Prozent, bei echten Weinessigen von 6 Prozent vor. Dieser ergibt sich durch den zuvor entsprechend eingestellten Alkoholgehalt der Maische oder durch das Verschneiden von unterschiedlich sauren Partien. Zur Abrundung des Aromas schließt sich eine Reifezeit an.

Nicht verwechseln: Essig und Essigessenz

Neben den mikrobiologisch gebildeten Gärungsessigen gibt es auch synthetisch gewonnenen Essig. Hierbei wird der Alkohol nicht mit Hilfe von Bakterien, sondern katalytisch oxidiert. Es entsteht eine chemisch reine Essigsäure. Sie wird verdünnt und kommt als Essigessenz (enthält zwischen 15,5 und 25 Prozent Essigsäure) auf den Markt. Da als Ausgangsbasis reiner Alkohol dient, fehlt es ihr an Aroma und biogenen Substanzen.

Essig und Essigessenz: Wo ist der Unterschied?

Kräuteressig Selbermachen

Vier bis sechs Zweige oder circa 50 Gramm frische Kräuter wie Basilikum, Dill, Estragon, Salbei und Thymian waschen, trocknen, mit Essig aufgießen. Den Essig fünf Tage bis maximal drei Wochen ziehen lassen. Zwischendurch immer wieder mal aufschütteln und danach abgießen.

Varianten: Essig mit Knoblauch, Schalotten, Walnüssen, Zitronensaft oder Himbeeren ansetzen.

Essigherstellung: Darum ist die Lagerung so wichtig

Gutes Aroma braucht seine Zeit. Manche vergleichen Essig mit jungem Wein. Es dauert Wochen, Monate oder gar Jahre bis er sein volles Buquet erreicht. Durch die Lagerung des Essigs in Holzfässern werden Holztöne extrahiert, die den Geschmack abrunden. Veresterungsreaktionen (Alkohol und organische Säuren verbinden sich unter Wasserabspaltung) aus Gärungsnebenprodukten mildern die anfänglich spitze Note. Nach der entsprechenden Lagerzeit können Geschmacksstoffe wie Kräuter oder Zitrone zugesetzt werden.

Nach der Lagerung weist der Essig eine Trübung auf, die auf seinem Gehalt an biogenen Stoffen wie Enzymen, Pektinen, ausgeflockten Extraktstoffen und auch einzelnen Essigbakterien beruht. Der Genusswert wird dadurch nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil, für viele ist die Trübung ein Zeichen für den biologischen Ursprung des Essigs. Bio-Apfelessig wird meist nicht filtriert, da gerade die biogenen Stoffe erwünscht sind. Konventioneller Essig sowie Weinessig und aromatisierter Essig in Bio-Qualität werden jedoch aus optischen Gründen filtriert. Außerdem wird konventioneller Essig meist für kurze Zeit auf 75 bis 85 Grad erhitzt (pasteurisiert). Sein niedriger ph-Wert schützt Essig jedoch schon von Natur aus weitgehend vor mikrobiellem Befall. Eine Pasteurisation ist somit nicht unbedingt nötig.

Die Bio-Produzenten verzichten auf die Pasteurisation, da sie die wertgebenden und hitzeempfindlichen Inhaltsstoffe wie Vitamine und Enzyme schonen wollen. Bei kühler und dunkler Lagerung ist eine monatelange Haltbarkeit trotzdem gewährleistet.

Veröffentlicht am - aktualisiert am 10.07.2025

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