Essig ist eines der ältesten Würz- und Hausmittel der Welt. Zwischen Produkten aus Billigalkohol und echtem Gärungsessig aus dem Bio-Laden liegen jedoch Welten. Biologische Rohstoffe und schonende Verarbeitung bürgen für Qualität.
Wie entsteht Essig?
Unsere Vorfahren konnten nur selten reinen Wein einschenken, denn ehe sie sich versahen, verwandelten die in der Raumluft lauernden Bakterien ihren Alkohol in Essig. Welche Rolle Essigsäurebakterien bei dieser natürlichen Essiggärung spielen, wurde 1864 erstmals von Louis Pasteur beschrieben. Seitdem wird die Gärung gezielt gesteuert und Essig in industriellem Stile produziert.
Die einfachen Sorten gewinnt man aus Billigalkohol, der aus Melasse oder anderen „Abfällen“ der Herstellung von Zucker stammen kann.
Was ist der Unterschied zwischen Essig und Essigessenz?
Der Unterschied zwischen Essig und Essigessenz besteht im Wesentlichen darin, dass Essigessenz synthetisch hergestellt wird. Hierbei wird der Alkohol nicht mit Hilfe von Bakterien, sondern katalytisch oxidiert. In großtechnischen Anlagen entsteht aus Acetaldehyd eine chemisch reine Essigsäure. Nebenprodukte wie Formaldehyd und Ameisensäure werden durch Destillieren abgetrennt. Die entstandene Essenz hat einen Säuregehalt von 60 bis 80 Prozent und ist extrem ätzend. Sie wird verdünnt und kommt als Essigessenz (enthält zwischen 15,5 und 25 Prozent Essigsäure) auf den Markt, aber muss zur Weiterverarbeitung zu Speiseessig ein weiteres Mal stark verdünnt werden.
Da als Ausgangsbasis reiner Alkohol dient, fehlt es Essigessenz an Aroma und biogenen Substanzen. Synthetisch hergestellte Essigsäure findet in der Naturküche keine Beachtung, wird jedoch nicht selten als Reinigungsmittel eingesetzt. Auch Essigreiniger wird auf Basis von Essigessenz hergestellt.
Neben solch minderwertigen Erzeugnissen hat die traditionelle Essigherstellung nach wie vor ihren Platz. Zwischen beiden Extremen liegen auch in geschmacklicher Hinsicht Welten. Wie bei allen Lebensmitteln hängt der Wert des fertigen Essigs vor allem von der Qualität der verwendeten Rohstoffe ab. Im Naturkostbereich werden ausschließlich echte Gärungsessige aus biologischen Zutaten angeboten. Je nach Sorte dienen Qualitätsweine, reine Obstsäfte (keine Konzentrate!) oder - wie beim Branntweinessig - Getreide als Ausgangsmaterial. Bis auf seltene Ausnahmen arbeitet die Biobranche nach dem modernen Submersverfahren, das die Gärungszeit wesentlich verkürzt. Nur wenige geben dem Produkt mehrere Wochen Zeit, meist dauert das Verfahren etwa 24 bis 36 Stunden.
Wie wird Essig hergestellt?
Essighersteller geben die Maische in gut belüftete Kunststoff- oder Stahltanks und regt die beginnende Gärung mit einem Substrat aus natürlichen Essigsäurebakterien an. Haben die Mikroorganismen genügend Alkohol in Essig umgewandelt, wird die Sauerstoffzufuhr durch Abpumpen der Flüssigkeit gestoppt. Diese muss, um als Essig verkauft werden zu können, mindestens fünf Prozent Säure enthalten, bei Weinessigen sogar sechs. Während herkömmliche Großproduzenten oft direkt nach der Schnellgärung abfüllen, lassen die Bioerzeuger wie viele Kleinbetriebe ihren Essig noch einige Zeit lagern.
Der Aceto Balsamico di Modena darf sogar jahrelang im Holzfass reifen und wird grundsätzlich aus weißen Trebbiano-Trauben gewonnen, wobei man eingekochten Traubenmost und Weinessig miteinander vermischt und anschließend in Holzfässern ausbaut. Die teuerste Balsamico-Spezialität, der so genannte „Tradizionale“, muss mindestens zwölf Jahre lagern.
Wie setze ich Essig in der Küche ein?
„Essig gehört in die Hand eines Weisen“, so lautet eine italienische Küchenregel. Beim Kochen kann man Essig weitaus phantasievoller verwenden als viele Menschen ahnen. Rotweinessig passt gut zu Feldsalat oder herzhaftem Rotkohl, zum Verfeinern von Soßen und zum Marinieren von Fleisch. Weißweinessig hat eher in Fischgerichten oder in der klassischen Vinaigrette seinen Platz. Ansonsten geht Probieren über Studieren. Glaubt man Feinschmeckern, dann munden ein paar Tropfen Balsamico auch zu Eis oder anderen Süßspeisen.
Welcher Essig eignet sich als Putzmittel und zum Entkalken?
Dass Essig desinfiziert und konserviert, ist seit langem bekannt. Zum Putzen und Entkalken sind die teuren Sorten allerdings zu schade, hier tut es ausnahmsweise auch Essigessenz.
Ist Bio-Essig besser?
Bio-Essige werden in der Regel weder pasteurisiert noch geschwefelt und – im Gegensatz zu mancher Supermarktware – auch nicht mit Antioxidantien oder künstlichen Aromen aufgepäppelt. So schont man wertvolle Inhaltsstoffe wie Essigsäurebakterien, Aminosäuren, Enzyme und B-Vitamine.
Bio-Essig wird aus Gründen der Ästhetik und der Haltbarkeit lediglich gefiltert, um der Entstehung der so genannten Essigmutter (Kahmhefe) vorzubeugen. Diese von Essigbakterien gebildete, leicht glibberige Masse ist zwar unansehnlich, gilt aber als besonders gesundheitsfördernd. Wer Essig als Gesundheitselixier betrachtet und kurmäßig anwenden will, greift daher besser zu ungefilterten Sorten. Apfelessig gibt es nicht nur „klar“, sondern auch „naturtrüb“.
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