Spanische Erdbeeren stammen aus der Region um Huelva im Südwesten des Landes. Hier entstand in den letzten Jahrzehnten das – nach Kalifornien – zweitgrößte Erdbeeranbaugebiet der Welt. Auf 6400 Hektar bauen 2000 Landwirte Erdbeeren für den europäischen Markt an. 245 000 Tonnen jährlich. Hinzu kommen noch 2000 Hektar mit Himbeeren und Heidelbeeren.
Erdbeeren: durstige Früchte
Weil es in der Region nicht genug regnet, werden die Beeren bewässert. Rund 70 Prozent der dafür gebohrten Brunnen seien illegal, schätzt die Umweltorganisation WWF. Der steigende Wasserverbrauch lässt den Grundwasserspiegel sinken und bedroht den Doñana-Nationalpark, eines der größten Vogelschutzgebiete Europas. Auch die meisten der rund 1100 Tonnen Bio-Erdbeeren, die jährlich nach Deutschland importiert werden, kommen aus Huelva. Sie werden vor allem von zwei Unternehmen abgepackt, die seit Langem auf Öko-Landbau setzen: Bionest und – wesentlich kleiner – Flor de Doñana. Im Sommer 2009 berichtete eine Journalistin, Bionest würde illegal Brunnen bohren, und belegte dies durch Fotos und Behördenaussagen.
Bionest-Chef Juan Soltero verteidigte sich: Ein Bionest-Erzeuger habe das Grundstück vor Jahren gepachtet, damals habe es dort einen Brunnen mit Wasserrechten gegeben. Der sei versiegt, und so habe er zehn Meter daneben einen neuen gebohrt. Er nutze also nur das Wasser, mit dem er schon seit Jahren diese Felder bewässere. Formell jedoch war der Brunnen neu – und damit illegal.
Bewässern nach dem Stand der Technik
Juan Soltero versichert, dass er sparsam mit dem Wasser umgehe. Bionest verfüge über eine Tröpfchenbewässerung, die elektronisch mit Hilfe von Tensiometern gesteuert werde. Diese messen die Bodenfeuchtigkeit und ordern erst Wasser, wenn es notwendig ist. „Wir bewässern nachts, weil dann die Verdunstung geringer ist.“ Wasseruhren messen, wie viel Grundwasser zur Bewässerung entnommen wird. Juan Soltero braucht 5500 Kubikmeter Wasser pro Hektar und Jahr, das entspricht 109 Liter pro Kilogramm Erdbeeren. Von solchen Zahlen träumen viele konventionelle Erdbeer-Anbauer in Huelva. 7500 Kubikmeter pro Hektar sei der durchschnittliche jährliche Wasserverbrauch der Erdbeerfelder, hat der deutsche Gemüsehändler Landgard ermittelt.
7500 Kubikmeter pro Hektar sei der durchschnittliche jährliche Wasserverbrauch der Erdbeerfelder.
Auf Druck des WWF arbeiten große Supermarktketten nun daran, dass ihre konventionellen Erdbeerlieferanten nach dem Stand der Technik bewässern. Nicht einmal Wasseruhren waren bisher selbstverständlich. Dabei kann man gerade auf sie nicht verzichten, denn mit ihrer Hilfe wird die Ausdehnung der Landwirtschaft und ihr Wasserbedarf so geregelt, dass der Doñana-Nationalpark überleben kann. Seit mehreren Jahren arbeiten die örtlichen Behörden an einem solchen Nutzungsplan. Dieses Jahr soll er in Kraft treten. Die Zukunft des Nationalparks hängt davon ab, dass die Behörden sich nicht länger gegenseitig blockieren, sondern den Plan vollziehen.
Auch wenn die spanischen Bio-Erzeuger so effizient wie möglich bewässern: Ihre Erdbeeren sind anschließend über 2000 Kilometer mit dem LKW unterwegs. Aus dem Auspuff kommt neben Stickoxiden und Rußpartikeln Kohlendioxid (CO2) und heizt das Klima an. Im Forschungsprojekt „Product Carbon Footprint“ haben Wissenschaftler die Klimabilanz (konventioneller) spanischer Früherdbeeren untersucht. Eine 500- Gramm-Schale Erdbeeren verursachte demnach vom Anbau bis auf den Teller des Kunden 388 Gramm CO2, davon 140 Gramm für den Transport. Auch das Einkaufen selbst setzt reichlich CO2 frei. Die Wissenschaftler nahmen eine einfache Fahrt von fünf Kilometern zum Geschäft sowie einen Einkauf von 20 Kilogramm an, darunter die Schale Erdbeeren. Das Resultat: 65 Gramm CO2-Ausstoß nur für die Erdbeeren.
Ein Drittel ist importiert
Erdbeeren aus Spanien sind billiger als deutsche. Das liegt an günstigeren Löhnen und Produktionsbedingungen, aber auch daran, dass die spanischen Erzeuger spezialisierte Betriebe sind. Die meis- ten deutschen Bio-Bauern sehen Erdbeerenpflanzen als nur eines von mehreren Standbeinen an. Nur wenige Betriebe bauen sie großflächiger an. 2010 wuchsen deutschlandweit Bio-Erdbeeren auf 410 Hektar, hat die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI ermittelt. Die darauf erzeugten 2300 Tonnen machen zwei Drittel der in Deutschland verzehrten Bio-Erdbeeren aus. Ein Drittel sind Importe. Bei konventionellen Erdbeeren ist das Verhältnis ähnlich. Am häufigsten werden Erdbeeren immer noch auf dem freien Feld angebaut. Schwarze Plastikfolien als Bodenbedeckung, wie sie in Spanien üblich sind, verwenden deutsche Bio-Erzeuger nur selten. Stroh unter den Pflanzen schützt die heranwachsenden Erdbeeren vor Schimmel und verhindert, dass sie bei Regen mit Erde vollgespritzt werden. Die in Spanien alltäglichen Folientunnel über den Pflanzen setzen nur einige Bauern bei Erdbeeren ein, die besonders früh reif werden sollen.
Bewässerung auch in Deutschland
Zu bestimmten Zeiten brauchen Erdbeerpflanzen viel Wasser, damit sie gut wachsen und starke Früchte bilden. Aus diesem Grund werden auch deutsche Erdbeersorten oft bewässert. Wenn Plastik über den Pflanzen gespannt ist, müssen sie sowieso bewässert werden. Im Normalfall kommt das Wasser aus der örtlichen Versorgung.
Ernten ist Handarbeit. Die meisten Erdbeeren werden von saisonalen Erntehelfern gepflückt, in Spanien wie in Deutschland. Hierzulande gilt ein Mindeststundenlohn zwischen 6,10 Euro in den neuen und 6,40 Euro in den alten Bundesländern. Auch Saisonkräfte aus Rumänien, Bulgarien und Kroatien, die über die Bundesagentur für Arbeit angemeldet sind, bekommen diesen Betrag. In Spanien liegt der Mindestlohn bei 5,50 Euro, doch Helfer aus Nordafrika oder Osteuropa erhalten oft nur zwei, drei Euro als Stundenlohn. Der Druck durch illegale Immigranten aus Westafrika hält die Preise niedrig. Flor de Doñana zahle den Mindestlohn, versichert Importeur Christian Kaufmann.
Dass dies nicht immer so sein muss, zeigte der Fall von Bio Sol. Der große spanische Anbieter von Bio-Gemüse geriet Anfang 2011 wegen Arbeitsrechtsverletzungen in die Schlagzeilen. Bio-Händler drohten mit einem Abnahmestopp, sollten sich die sozialen Verhältnisse nicht ändern. Dadurch wurden anerkannte Verbesserungen erreicht.
Giftfreie Bio-Früchte
96 Prozent der konventionellen Erdbeeren enthalten Pestizidrückstände, die meisten einen ganzen Cocktail davon. Das hat das baden-württembergische Untersuchungsamt in der Beerensaison 2011 ermittelt. In Bio-Erdbeeren fanden die Lebensmittelkontrolleure keine synthetischen Spritzgifte. Sobald es deutsche Bio-Erdbeeren gibt, sollte man also spanische oder italienische im Regal stehen lassen. Bei importierten Erdbeeren ist der Transport das kleinere, der Wassermangel im Süden das größere Problem. Vielleicht entscheidet neben dem Öko-Gewissen ganz einfach der Geschmack: Heimische Erdbeeren, vorzugsweise selbst gepflückt, schmecken sowieso am besten.
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