Essen

„Der dicke Mann in mir“

INTERVEIW Comedian Kaya Yanar über sein Interesse an Ernährung, seine Vorliebe für veganes Essen und darüber, wie er dem Fegefeuer entgehen will.

INTERVIEW Comedian Kaya Yanar über sein Interesse an Ernährung, seine Vorliebe für veganes Essen und darüber, wie er dem Fegefeuer entgehen will. // Manfred Loosen

Zwei Stunden vor seinem Auftritt in Neuss hat Kaya Yanar ein Interview in seiner Garderobe zugesagt. Ohne Umschweife kommen wir gleich zur Sache:

Vor zwei Jahren ging durch die Presse, dass Du Veganer bist. Ist das noch immer so?

Ich habe mit meiner Freundin gerade wieder eine vegane Phase, ja. Ich würde mich als „Vegan as can be“ bezeichnen, also vegan so gut ich kann. Aber das gelingt mir nicht immer. Wenn ich jetzt auf Tour bin, dann haben wir teilweise einen eigenen Koch dabei, teilweise aber auch nicht. Manchmal ist es wirklich sehr schwer: Wir waren vergangenes Jahr in Kuala Lumpur und Singapur, da war vegan fast unmöglich. Da haben wir dann vegetarisch gegessen. Aber wenn wir zu Hause sind, machen wir gerne so eine vegane Phase.

Seit wann bist Du Vegetarier?

Seit mehr als zehn Jahren. Zum Glück ist das bei meiner Freundin auch so. Als wir uns kennengelernt haben, war das ein Wow: Wir müssen uns nicht übers Essen unterhalten, und wir müssen nichts abstimmen, sondern wir können gemeinsam Essen gehen. Das war schon sehr, sehr cool. Die Inspiration zu veganer Ernährung kam von ihr, weil sie angefangen hat, bestimmte Bücher zu lesen und vorschlug: „Hey, wir probieren das mal aus!“

Welche Bücher haben Euren veganen Versuch angeregt?

Die von Attila Hildmann und „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer. Das war Ende 2013, Anfang 2014; wir haben viel über Ernährung gesprochen. Sie meinte oft „Lies das mal“ und „Schau mal, was das mit Dir macht, was für Auswirkungen das hat“. Und so haben wir es mal probiert. Vegetarisch wurden wir vor Jahren definitiv aus ethischen Gründen.

Also Tierschutz?

Ja, genau. Tierschutz ist uns ganz wichtig. Aber vegan essen wir zu mindes-tens 50 Prozent aus – ich würde fast sagen – hedonistischen Gründen: Es tut uns, unserer Gesundheit einfach gut. Ich sage immer: „Dem Tier ist es egal, aus welchen Gründen es nicht stirbt.“

Das stimmt. Wie war für Dich die erste Zeit als Veganer?

Es war schon klasse, wie der Körper reagiert. Wir haben das zuerst fast ein ganzes Jahr lang gemacht. Es war genial, wie schnell die Pfunde purzelten und wie ich mich generell besser gefühlt habe. Ich habe mich dann noch etwas eingehender mit Ernährung beschäftigt und habe herausgefunden, dass wahnsinnig viele Meschen auf der Welt laktoseintolerant sind. Das ist fast überall auf der Welt die Norm. Wir hier im Westen sind die Ausnahme, die Laktose vertragen. Je weiter man Richtung Asien geht, desto mehr haben die Leute Probleme mit Laktose. Damit hatte ich mich vorher überhaupt nicht beschäftigt. Ich bin in Deutschland aufgewachsen. Da gehört die Milch einfach dazu. Erst jetzt habe ich mir Fragen zu meiner eigenen Genetik gestellt. Es gibt einige in meiner türkischen Verwandtschaft, die können Milch nicht vertragen.

Deine Kollegen machen ja schon mal Witze über Vegetarier oder Veganer. Dein Freund Paul Panzer zum Beispiel. Wie kommt Ihr miteinander klar, wenn Ihr Euch trefft?

Ich sage mal so: Wir können diskutieren. Das tun wir auch. Ich diskutiere wahnsinnig gerne mit Leuten. Aber ich bin keiner, der Leute überzeugen möchte. Ich habe die Einstellung: Ich weiß ungefähr, was gut ist für mich und wo ich ein gutes Gewissen dabei habe. Aber jeder muss das für sich selber entscheiden. Und sollte es ein jüngstes Gericht geben nach christlich-abendländischer Vorstellung, dann muss halt jeder selber seine Konsequenzen tragen. Ich habe dann ein Ass im Ärmel. Ich weiß nicht, was am Ende kommt. Aber wenn Gott wirklich fragen sollte: „Warum hast Du meine Kinder, die Tiere, gefressen?“, kann ich mein Ass ausspielen und sagen: „Ich weiß, dass ich nicht der tollste Mensch auf Erden war, aber ich habe keine Tiere gegessen.“ Dann kriege ich vielleicht – keine Ahnung – zwei Pluspunkte und darf am Himmelstor warten, anstatt ins Fegefeuer zu kommen.


„Dem Tier ist es egal,
aus welchen

Gründen es nicht stirbt.“


Du hast gesagt, dass Du Dich vor allem wegen der Gesundheit vegan ernährst. Was tust Du sonst für Deine Fitness?

Je älter ich werde, desto mehr merke ich, dass Fitness nicht mehr optional ist, sondern ein Muss. Ich bin heute bei dem großartigen Wetter schon geradelt. Und ich habe, weil ich oft unterwegs bin, eine Art mobiles Fitness-Studio. Das sind so richtig starke Bänder, die Du festzurren kannst am Baum oder an einer Tür und mit dem Eigengewicht arbeiten. Das mache ich so zwei- bis dreimal die Woche; auch für meinen Rücken, damit der nicht zwickt. Und ab und zu gehe ich mit meiner Freundin joggen. Ich habe auch ein Rudergerät zu Hause. Aber schöner ist es natürlich, bei schönem Wetter auf dem See zu rudern. Ich tue, was ich kann, weil: Wenn ich mir meine Eltern so anschaue, steckt da ein dicker Mann in mir. Und ich versuch, den so lange wie möglich zu unterdrücken.

Bedeutet Deine Auseinandersetzung mit Lebensmitteln, dass Du bessere Lebensmittel, Bio-Lebensmittel kaufst?

Ja, wir achten schon ziemlich drauf, was und wo wir kaufen. Auch da sind wir aber keine Musterschüler. Wenn es mal schnell gehen muss, der Laden gleich zu macht, dann sagt man auch manchmal: „Ach egal!“ Aber wir finden es wichtig, und uns macht es irgendwie Spaß, uns damit auseinanderzusetzen. Wir gucken zu Hause jetzt oft statt einem Spielfilm eine Doku. Die letzte, die wir gesehen haben, war „Cowspiracy“. Das ist schon genial, was man da über den Klimawandel erfährt. Der Filmemacher hat herausgefunden, dass die Viehwirtschaft erheblich an der globalen Erwärmung beteiligt ist. Durch Unmengen von Methangas. Das ist gar nicht so bekannt.

Welcher Dokumentarfilm ist Dir noch in Erinnerung geblieben?

„Voll verzuckert“ war auch klasse. Die Abhängigkeit von Zucker ist ja verrückt. In den allermeisten Lebensmitteln ist Zucker, obwohl da oft gar kein Zucker reingehört. Sogar in Katzenfutter! Wir haben zwei Katzen zu Hause. Jetzt gucken wir sogar beim Katzenfutter genau aufs Etikett und kaufen nur noch die Sorten ohne Zucker. Man fragt sich: Warum ist fast überall Zucker drin? Es ist verrückt, wo die Zuckerindustrie überall ihre Finger drin hat. Das wurde uns mit der Zeit bewusst.

(© Manfred Loosen)

Zur PersonKaya Yanar ...

... ist vor 43 Jahren in Frankfurt am Main geboren worden. Zunächst studierte er Amerikanistik, Phonetik und Philosophie. Schnell aber erkannte er, dass die Bühne sein Zuhause ist. Berühmt wurde Kaya Yanar durch seine Sat-1-Comedy-Sendung „Was guckst du?“. 2001, 2013 und 2014 gewann er den Deutschen Comedypreis. Seit 2005 tourt Yanar mit seinen Soloprogrammen durch Deutschland: „Made in Germany“, „Live und unzensiert“, „All Inclusive!“, „Around the world“. Mit dem aktuellen Programm „Planet Deutschland“ ist er noch (mindestens) bis Mitte Dezember unterwegs. www.kaya-yanar.de

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