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Darjeeling

Goldbraun schimmert der Morgentee in der Tasse und ein herb-blumiger Duft steigt in die Nase. Ein kurzes Blinzeln in die aufgehende Sonne und ein Dank an die Teepflückerinnen, ohne deren Arbeit es nur heißes Wasser zum Frühstück gäbe.

Goldbraun schimmert der Morgentee in der Tasse und ein herb-blumiger Duft steigt in die Nase. Gleich wird das Tein die letzte Müdigkeit aus dem Körper jagen. Ein kurzes Blinzeln in die aufgehende Sonne und ein Dank an die Teepflückerinnen, ohne deren Arbeit es nur heißes Wasser zum Frühstück gäbe. Dass die von ihnen gepflückten Bio-Teeblätter ohne Pestizid-dusche auskommen, macht den Genuss vollkommen.

Die grünen Teeblätter haben kurze Stiele, fühlen sich an wie Leder und sind leicht gezahnt. Dass sich aus diesen Blättern, mit heißem Wasser übergossen, ein aromatisches Getränk gewinnen lässt, entdeckten die Chinesen bereits vor 5.000 Jahren. Sie kannten zwei Sorten von Teesträuchern: Camellia sinensis und Camellia assamica. Der Erstere bleibt auch ohne Beschneiden strauchartig und wächst nicht höher als drei bis vier Meter. Er eignet sich für gemäßigte Klimazonen und verträgt sogar etwas Frost. Die Blätter sind kleiner und zarter als bei der Camellia assamica. Diese wächst, unbeschnitten, zu einem Baum von bis zu 15 Metern Höhe. Sie bringt höhere Erträge, ist aber ein reines Tropengewächs, das viel Wärme benötigt. Aus diesen beiden immergrünen Teesträuchern haben sich die modernen Züchtungen entwickelt, die heute angebaut werden.

Nach Europa kam der erste Tee Anfang des 17. Jahrhunderts. Weil der Handel mit Japan und China immer schwieriger wurde, begannen die Briten 1818 in Indien mit dem Anbau in Plantagen, andere Kolonien folgten dem Beispiel. Noch heute ist Tee deshalb — auch in Bio-Qualität — meist ein Plantagenprodukt.

Neembaumsamen statt Pestizide. Monokulturen ziehen Schädlinge an, und so ist es kein Wunder, dass in konventionellen Tees immer wieder Pestizidrückstände nachgewiesen werden, die manchmal sogar über den deutschen Höchstmengen liegen. Vergiftungen von Arbeitern bei unsachgemäßem Gebrauch und die Verseuchung von Trinkwasser durch Auswaschungen sind negative Folgen vor Ort. In ökologisch geführten Teegärten spielen Hecken und Bäume als Begleitpflanzungen eine wichtige Rolle. Sie bieten nützlichen Vögeln und Insekten Lebensraum, spenden Schatten und reichern in einigen Fällen sogar Stickstoff als Dünger im Boden an. Wichtigster Baum ist der Neembaum, aus dessen Samen sich ein wirksames biologisches Spritzmittel gegen Insekten gewinnen lässt. Die bei der Pressung der Samen anfallende Rückstände dienen als organischer Dünger und wirken zudem gegen Bodenschädlinge. Um den hohen Nährstoffbedarf der Teepflanzen ohne Kunstdünger zu decken, wird im Öko-Teegarten mit Grünschnitt und Kompost gemulcht. Auch die Reste der Teebüsche, die man alle vier bis fünf Jahre drastisch zurückschneidet, werden in den Boden eingearbeitet. Meist gehört zum Bio-Teegarten auch eine Milchkuhherde, deren Mist ebenfalls zur Düngung der Teepflanzen dient.

Teepflücken ist Handarbeit. Die Pflückerinnen knipsen von jedem Zweig die zwei äußersten Blätter und die Knospe ab. Ein paar tausend Mal am Tag, bis der Korb auf dem Rücken voll ist und der Inhalt an der Teefabrik abgeliefert wird. Der rund einen Meter hohe Teestrauch hat dann ein bis zwei Wochen Zeit, um neue Triebe zu bilden. Ein Tee-Garten ist mehrere hundert Hektar groß, beschäftigt oft über tausend Menschen, verfügt über soziale Einrichtungen und eine eigene Verarbeitung für den geernteten Tee. Die Namen der Plantagen haben bei Teekennern einen Ruf wie bestimmte Lagen und Winzer bei Weinfreunden. Wie beim Wein die Jahrgänge, so unterscheiden sich beim Tee die täglichen Ernten je nach Wetter, Jahreszeit, Lage des Hangs oder Alter des Teestrauches. In einem Teegarten können so geschmacklich sehr unterschiedliche Tees entstehen. In Darjeeling sind die zu Beginn der Pflückperiode im März geernteten "First-Flush"-Tees deutlich milder und feiner als die "Second-Flush"-Tees im Sommer.

Aroma entsteht bei Fermentation. Verarbeitet wird jede der 200 bis 250 Tagesernten einzeln. Zuerst werden die Blätter für 10 bis 18 Stunden auf Gittern ausgebreitet und welken. Trockner, die mit angewärmter Luft arbeiten, verkürzen diese Zeit. Bei der Trocknung verlieren die Blätter 30 Prozent Feuchtigkeit und werden elastisch genug für den zweiten Arbeitsschritt, das Rollen. Zwei gegeneinander rotierende Platten formen die Blätter zu lockeren Kugeln. Dabei platzen die Zellwände auf, der Zellsaft tritt aus und bleibt an der Oberfläche der Blätter kleben. Bei der jetzt einsetzenden Fermentation färben sich die bisher grünen Blätter kupferrot und es bilden sich die Geschmackstoffe, die das Aroma des Tees ausmachen. Durch Temperaturen bis 40 Grad, die Zugabe von Frischluft sowie eine hohe Luftfeuchtigkeit wird der Prozess gesteuert. Nach zwei bis drei Stunden ist Schluss. Der Tee kommt in einen Heißlufttrockner, der bei 85 bis 90 Grad die bei der Fermentation aktiven Enzyme zerstört, den Tee haltbar macht und ihm die typische schwarze Farbe verleiht. Weil bei diesen Prozessen ein Teil der Blätter in Brüche geht, wird der Tee zum Schluss gesiebt, sortiert und in so genannte Blattgrade eingeteilt (siehe Kasten, S. 23). Neben dieser traditionellen Art der Teeherstellung gibt es die weitgehend automatisierte CTC-Methode. Dabei wird das Blatt in einem Arbeitsvorgang zerrissen und gerollt. Danach erfolgen Fermentation und Trocknung. Das Endprodukt sind kleine Kügelchen, die sich oft in Teebeuteln oder "Broken"-Teesorten aus Assam finden. Bio-Tees unterscheiden sich in der Verarbeitung von herkömmlichen Produkten im Wesentlichen durch den Verzicht auf Giftstoffe bei Lagerung und Verpackung, zum Beispiel auf PCP-haltige Holzkisten.

Tein: Das Hallo-Wach im Tee. Bekanntester Wirkstoff im Schwarztee ist das Tein. Chemisch gesehen gleicht es dem Koffein im Kaffee. Allerdings ist die Konzentration nicht so stark. Ein Liter Bohnenkaffee enthält 350 bis 1100 Milligramm Koffein, bei schwarzem Tee sind es 150 bis 350 Milligramm. Koffein wirkt anregend auf das zentrale Nervensystems (ZNS), steigert die geistige Aufnahmefähigkeit, verbessert die Stimmung und macht munter. Die Herzleistung erhöht sich, die Blutgefäße werden erweitert und der Körper scheidet mehr Harn aus. Bei Mengen von 400 bis 500 Milligramm kommt es zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Schweißausbrüchen, Herzrasen und Schlaflosigkeit. Beim Tee wird - anders als bei Kaffee - das Koffein nur langsam vom Körper aufgenommen und bleibt länger wirksam. Das liegt an der enthaltenen Gerbsäure.

Im Teeaufguss wird zuerst das Koffein und dann die Gerbsäure freigesetzt. Eine kurze Ziehzeit hat deshalb eine anregende Wirkung. Zieht der Tee länger, hemmen die frei gewordenen Gerbsäuren die Koffeinaufnahme, die anregende Wirkung lässt nach. Zudem haben die Gerbsäuren eine beruhigende Wirkung auf Magen und Darm.

Antioxidantien und Fluorid. Zwei bis drei Minuten ziehen lassen genügen, um den größten Teil der im Schwarztee enthaltenen Polyphenole zu lösen. Das sind so genannte Antioxidantien, die aggressive Verbindungen im Körper daran hindern, Fettsäuren zu oxidieren. Wichtigstes Beispiel dafür ist das Cholesterin, das sich in oxidierter Form in den Arterien ablagert und zu Herzinfarkten führen kann. In schwarzem Tee ist der Gehalt an Polyphenolen mit einem Drittel (bezogen auf die Trockenmasse) besonders hoch. Zudem wirken nach Angaben von Wissenschaftlern die Polyphenole im Tee stärker als die ebenfalls als Antioxidantien bekannten Vitamine A, C und E. Besondere Aufmerksamkeit genießt bei den Wissenschaftlern das Polyphenol Epigallocatechingallat. Es bremst im Reagenzglas das Wachstum von Tumoren. Deshalb wird Tee nicht nur bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sondern auch bei Krebs eine vorbeugende Wirkung zugeschrieben. Auch den Zähnen soll schwarzer Tee gut tun. Denn bestimmte Polyphenole, die Tannine, hindern das Enzym Amylase daran, Stärke aus Speiseresten in Zucker umzuwandeln, der den Bakterien im Zahnbelag ansonsten als Nahrung dienen würde. Wer seinen Tee kräftig mit Zucker oder Honig süßt, dürfte diese Wirkung jedoch locker aufheben. Doch es bleiben die Fluoride im Tee, die den Zahnschmelz kräftigen. Mit Konzentrationen von 0,5 bis 2,2 Milligramm Fluor je Liter Tee lässt sich ein Teil des täglichen Fluor-Bedarfs von 1,5 bis 4 Milligramm decken. Leo Frühschütz

Qualität in Kürzeln

Die Blattgrade geben den Gehalt an Tips an, das sind die zarten Blattspitzen und Knospen. Sie enthalten weniger Gerbsäure und haben ein feineres Aroma. Am meisten Tips hat der SFTGFOP (Special Fine Tippy Golden Flowery Orange Pekoe). Es folgen mit abnehmender Tip-Menge FTGFOP, TGFOP und GFOP. FOP enthält nur sehr wenige Tips, Orange Pekoe besteht aus groben Teeblättern ohne Tips. Sind die Teeblätter gebrochen, wird daraus ein Broken Orange Pekoe (BOP) oder als beste Aussiebung ein GFBOP. Broken-Tees ergeben einen kräftigeren Geschmack.

Wichtige Schwarztee-Regionen

  • Darjeeling: Die nordindische Himalaya-Region liefert die besten Teesorten, leidet aber stark unter Erosion, überalterten Teepflanzen und zurückgehenden Erträgen. Bekannte Öko-Teegärten sind Ambootia, Mullootar und Pussimbing.
  • Assam: Das größte Teeanbaugebiet der Welt liegt im Nordosten Indiens und liefert groß-blättrige, kräftige Tees. Wegen des tropischen Klimas sind die Erträge viel höher als in Darjeeling. Öko-Tee kommt von den Plantagen Bherjan und Rembeng.
  • Dooars: In der flachen Ebene südwestlich von Assam wird würziger, dunkler Tee angebaut. Dort liegt der Öko-Teegarten Dalgoan.
  • Nilgiri: Im südindischen Hochland wachsen runde aromatische Tees, die billiger sind als die nordindischen Spezialitäten. Hier gibt es auch Kleinbauernkooperativen.
  • Ceylon: Die Insel Sri Lanka an der Südspitze Indiens liefert milde, spritzige Tees mit goldener Farbe. Iddalgashena ist einer der ältesten Bio-Teegärten.
  • Taiwan: Die Insel vor Chinas Küste ist die Heimat des Oolong-Tees. Dieser wird nur kurze Zeit fermentiert und liegt geschmacklich zwischen grünem und schwarzem Tee.
  • Weitere Anbaugebiete sind China, Japan, Bangladesh, Indonesien und Kenia.

Weltweit werden knapp drei Millionen Tonnen Tee erzeugt. Die Deutschen konsumieren im Jahr etwa 26.000 Tonnen grünen und schwarzen Tee.

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