Früchte satt
Wem sich am Morgen beim Gedanken an Deftiges der Magen umdreht, der gehört bestimmt zu den Liebhabern süßer Aufstriche. Klar, daß selbsteingekochte Marmeladen oder Konfitüren aus frischem Obst am besten schmecken. Auch wenn Sie nicht selbst einkochen, müssen Sie nicht auf den fruchtigen Brotbelag verzichten: Naturköstliche Fruchtaufstriche mit Zutaten aus kontrolliert-biologischem Anbau lassen Kennern das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Alternativen enthalten mehr Frucht als die konventionellen Süßen und keine Zusatzstoffe. Zuckergesüßte Aufstriche sind im Naturkostladen selten - sie kommen bei der Kundschaft nicht an.
Während das konventionelle Angebot von Konfitüren, Marmeladen und Gelees dominiert wird, gibt es im Bio-Laden eine große Auswahl an Fruchtaufstrichen und nur vereinzelt mal Konfitüre. Nach den traditionellen Begriffen sucht man im Naturkosthandel vergebens. Der Grund dafür ist einfach: Das deutsche Lebensmittelrecht, das die Bedingungen für eine solche Deklarierung vorschreibt, besteht bei der Süßung auf Industriezucker.
Für Marmeladen, Konfitüren und Gelees diktiert dieses Gesetz einen Gesamtzuckergehalt von mindestens 60 Prozent, der sich aus Fruchtzucker und Industriezucker zusammensetzt. Alle alternativen Süßmittel wie Honig, Apfel- oder Birnendicksaft oder Gerstenmalz kommen in der Verordnung nicht vor - sie passen in keine Schublade. Die Fruchtpasten müssen also anders benannt werden. Die Naturkosthersteller kreierten die Begriffe Fruchtaufstrich oder Fruchtmus. Da es für diese Bezeichnungen keine gesetzliche Regelung gibt, haben die Hersteller hier freie Hand.
Doppelt soviel Frucht wie in herkömmlichen Aufstrichen
Fruchtaufstriche überzeugen durch ihren hohen Fruchtgehalt, der meist deutlich über dem von konventionellen Marmeladen und Konfitüren liegt. So bringen es zum Beispiel die Frucht-Honig-Mischungen vom Imkerhof Allos auf einen Fruchtgehalt von über 70 Prozent.
Die Früchte stammen bei den Naturkostanbietern aus kontrolliert-biologischem Anbau oder von rückstandsgeprüften Wildfrüchten. Das Obst wird in der Saison erntefrisch verarbeitet oder tiefgefrostet, um später in den Kochtopf zu wandern.
Anders bei der herkömmlichen Konfitüren- und Marmeladen-Herstellung. Rohstoff für die industrielle Verarbeitung sind Früchte aus konventionellem Anbau, die sich nicht als Tafelobst verkaufen lassen. Sie werden geschält oder entkernt und eventuell grob zerkleinert. Dieses Zwischenprodukt heißt Fruchtpülpe. Da bei der industriellen Produktion eine Maschinenauslastung über das ganze Jahr angestrebt wird, das Obst aber nur zu bestimmten Zeiten im Jahr geerntet wird, muß die Pülpe haltbar gemacht werden. Damit das empfindliche Produkt während der Lagerung nicht verdirbt, wird es mit schwefeliger Säure konserviert oder sterilisiert. Damit ist die Produktion unabhängig von der Ernte. Die Schwefel-Konservierung muß nur dann kenntlich gemacht werden, wenn der Restgehalt an Schwefeldioxid 30 Milligramm je Kilo überschreitet.
Auf Farb- und Konservierungsstoffe, bei herkömmlichen Konfitüren und Marmeladen üblich, verzichten die Naturkostfirmen. Während die konventionellen Aufstriche mit bunten Farben den geringen Fruchtanteil optisch aufpeppen, erübrigt sich diese Zutat bei den Fruchtaufstrichen durch den viel höheren Obstgehalt von selbst. Ein Tip: Schauen Sie beim Einkauf kritisch aufs Etikett. Die Zutatenliste verrät ganz objektiv wieviel Frucht Sie tatsächlich mit nach Hause nehmen.
Weißer Zucker bei Naturkost nicht beliebt
Obwohl seit 1993 Bio-Zucker aus kontrolliert-biologischem Zuckerrüben-Anbau zur Verfügung steht, hat sich das Produkt als Zutat im Naturkostbereich bislang noch nicht so recht durchgesetzt. Isolierter Zucker paßt nicht zur Vollwerternährung, und diejenigen, die ihn geschmacklich den alternativen Süßungsmitteln vorziehen, sind deutlich in der Minderzahl.
So stellte beispielsweise Allos die Produktion einer Konfitürenlinie bald nach Erscheinen wieder ein. Der Honigspezialist, der das Vollrohrzucker-Sortiment entgegen den persönlichen Überzeugungen auf den Naturkostmarkt brachte, wollte damit vor allem eine preisliche Alternative zu den hochwertigen, aber teuren Frucht-Honig-Mischungen offerieren. Nachdem in der Produktion die neue Entwicklung Frucht pur mit kbA-Apfeldicksaft-Süße umgesetzt werden konnte, nahm man von dem Zuckerprodukt leichten Herzens Abschied.
Auch Rapunzel konnte zum Thema Konfitüren und Fruchtaufstriche wichtige Erfahrungen sammeln. So nahm das Allgäuer Unternehmen vor zwei bis drei Jahren seine mit Vollrohrzucker gesüßten Aufstriche aus dem Programm. Der Grund: Der Vollrohrzucker (eingedickter Zuckerrohrsaft wie Rapadura oder Sucanat) war nicht mehr in der gewünschten Farbe und Qualität zu bekommen. Dadurch wirkten die sonst saftigen Marmeladen rein optisch nicht mehr ansprechend - auch die Nachfrage ließ zu wünschen übrig. Bei den mit Honig gesüßten Fruchtaufstrichen mußte besonders am Geschmack längere Zeit in der Versuchsküche gebastelt werden. Der verwendete Wildblüten-Bio-Honig überlagert mit seinem intensiven Geschmack schnell den der Früchte.
Die Naturkosthersteller setzen neben den traditionellen Frucht-Honig-Mischungen besonders auf reine Fruchtaufstriche. So führen zum Beispiel Allos, Rapunzel, Mellow oder Bruno Fischer mit kbA-Apfeldicksaft gesüßte Aufstriche. Der Clou: Sie bestehen dadurch zu 100 Prozent aus Frucht.
Ein Konfitüren-Angebot hat Schwarzbrot Naturspeisewaren im Programm. Die Hamburger bieten unter dem Markennamen des französischen Herstellers Danival exklusiv sieben verschiedene mit Bio-Vollrohrzucker gesüßte Sorten an. Das Sortiment geht zwar nicht in großen Mengen über die Naturkosttheke, es hat jedoch seine Konfitüren-Liebhaber gefunden. Daneben gibt es von Danival auch klassische Fruchtaufstriche, die mit kbA-Reissirup zu ihrer begehrten Süße kommen. Reissirup ist ein sogenannter langsamer Zucker - er wird erst nach und nach vom Körper aufgenommen.
Apfelpektin, damit die Fruchtmasse geliert
Pektine sind langkettige Kohlenstoffverbindungen, die in den Zellwänden von Äpfeln und Zitronen vorkommen. Sie können Wasser binden und sorgen so für das Eindicken und Gelieren der Früchte. Für die Lebensmittelindustrie werden sie aus getrocknetem Apfeltrester, Zuckerrübenschnitzeln oder Zitrusfruchtabfällen gewonnen. Damit das Gelieren bei den Fruchtaufstrichen und Konfitüren gelingt, muß auch der Säuregehalt stimmen. Dieser wird mit Hilfe von Zitronensäure eingestellt. Als Verdickungsmittel wird zum Teil auch Johannisbrotkernmehl eingesetzt.
Statt auf lange Einkochzeiten unter hohen Temperaturen setzen die Naturkosthersteller auf kurzzeitige Eindickung bei 50 bis 60 Grad im Vakuum-Kessel. Damit bleiben viele Vitamine und die Geschmacksstoffe erhalten.
Besondere Spezialitäten sind Apfelkraut, Apfel-Birnen-Kraut, Birnen-Dattel-Kraut und Zuckerrübensirup. Sie bestehen aus Früchten, die schonend gekocht, entsaftet und unter Vakuum eingedickt werden, und kommen ganz ohne zusätzliche Süßung aus. Für einen Liter Dicksaft werden etwa sieben Liter Fruchtsaft benötigt. Der Zuckergehalt dieser konzentrierten Aufstriche ist hoch: Er liegt zwischen 55 und 70 Prozent. Sie sollten deshalb nur dünn aufs Vollkornbrot gestrichen werden.
Fruchtaufstriche sind mehr als nur ein leckerer Brotbelag. Die Fruchtigen schmecken im Joghurt, Müsli, Quark oder Grießbrei. Sie verfeinern Eis oder Pudding zum raffinierten Dessert und entfalten als Pfannkuchenfüllung ihren intensiven Fruchtgeschmack. Einige Rezepte dazu finden Sie auf der nächsten Seite. Wir wünschen viel Spaß beim Ausprobieren und Genießen.
Konfitüre, Marmelade oder Gelee
- der Zucker macht's
- Konfitüre ist laut Konfitüren-Verordnung eine streichfähige Zubereitung, die aus Zuckerarten und einer oder mehreren Fruchtarten hergestellt ist. In Konfitüre werden alle Obstsorten außer Zitrusfrüchte verarbeitet. Konfitüre extra muß 45 Gramm Fruchtfleisch auf 100 Gramm Fertigerzeugnis enthalten und im fertigen Zustand Früchte und Fruchtstücke erkennen lassen. Konfitüre einfach besteht aus mindestens 35 Gramm Fruchtfleisch (in Stücken oder als Fruchtmark) auf je 100 Gramm Fertigerzeugnis.
- Marmelade darf nur aus Zitrusfrüchten hergestellt sein. Der Fruchtanteil beträgt mindestens 20 Gramm auf 100 Gramm Marmelade.
- Gelee wird aus Fruchtsäften oder dem wäßrigen Auszug aus frischen Früchten und Zucker hergestellt. Gelee extra enthält mindestens 45 Prozent Obstsaftanteil. Für Gelee einfach genügen 35 Prozent.
- Für alle drei Fruchtzubereitungen ist ein Mindestzuckergehalt von 60 Prozent Pflicht. Als Süßungsmittel genehmigt der Gesetzgeber nur Zucker.
Nussiges für Naschkatzen
Zu den Süßen im Naturkostladen gehören neben den Fruchtaufstrichen auch gesüßte Nußmuse, zum Beispiel Walnuß mit Honig oder Honig-Haselnußcreme sowie Nuß-Nougat-Cremes.
Die süßen Aufstriche unterscheiden sich besonders durch den hohen Gehalt an Bio-Nüssen und den niedrigeren Gesamtzuckeranteil: durchschnittlich 25 bis 30 Prozent gegenüber fast doppelt so hohen Werten bei den konventionellen Schokonußpasten.
Die Nußmuse halten, was ihr Name verspricht: Sie schmecken so richtig gut nach den leckeren Ölsaaten. An den teuren Zutaten wird im konventionellen Bereich hingegen allzu gerne gespart.
Leckerbissen für Gourmets
Wer das Besondere sucht, wird beim Ecovin-Winzer Karl Weber aus Lehmen an der Mosel fündig. Der Bio-Winzer stellt aus seinen Trauben zwei Spezialitäten her: Weintrauben-Fruchtaufstrich und Weingelee. Der Aufstrich enthält frischen Bio-Most und Honig. Das Gelee basiert auf Bio-Wein und ist deshalb nur für Erwachsene. Laut Konfitürenverordnung darf sich die honiggesüßte Weinspezialität eigentlich nicht Gelee nennen, nach einem alternativen Namen wid noch gesucht Erhältlich im AFA-Mehrwegglas. Kontakt: 02607/4042.
Astrid Wahrenberg
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