Mmh, wie das herrlich nach Vanille duftet. Doch ist das auch echte Vanille, was da so riecht und schmeckt? In einem Bio-Vanillekipferl doch wohl schon? Nicht unbedingt, denn bisher waren auch für Bio natürliche Aromen erlaubt. Und „natürlich“ heißt bei Aromen nur: Der Ausgangsstoff muss aus der Natur stammen. Beim natürlichen Vanillearoma ist das sehr oft Ferulasäure aus Reiskleie. Die wird von Mikroorganismen im Fermenter in den Aromastoff Vanillin umgewandelt.
Für Bio ist damit nun offiziell Schluss. Der Geschmack eines „natürlichen Vanille-Aromas“ im Kipferl muss ab Januar zu mindestens 95 Prozent aus der Vanilleschote stammen – nicht mehr aus Reiskleie.
Im Bio-Laden gibt es kaum Lebensmittel mit Aromastoffen
Der Deutsche Verband der Aromenindustrie erwartet durch die neue EU-Öko-Verordnung „eine reduzierte Geschmacksvielfalt“ für Bio-Produkte, denn es könnten zum Beispiel nicht mehr alle Facetten einer Erdbeere wie „reif“, „marmeladig“ oder „Walderdbeere“ abgebildet werden. Denn natürliche Aromen nur aus echten Erdbeeren sind eher mild. Die Früchte enthalten nicht so viele kräftige Aromastoffe wie etwa Orangen oder Holunderbeeren.
Für Bio-Produkte im konventionellen Supermarkt mag die Prognose stimmen, denn dort gibt es aromatisierte Tees, Limos und Wässer, Kekse und Fleischbrühe. Im Bio-Laden sieht das anders aus: Hier schmeckt es schon „echt“. Wie Tees enthält zum Beispiel Fruchtjoghurt seit Jahren so gut wie keine Aromen mehr. Und wenn, dann Aromaextrakte. Zu erkennen ist das auf der Zutatenliste. Hier geben Bio-Hersteller alle verwendeten Zutaten mit ausführlicher Beschreibung an.
Was heißt „Aroma“?
Aromen sind Erzeugnisse, die Lebensmitteln zugesetzt werden, um ihnen einen besonderen Geruch und/oder Geschmack zu verleihen oder diese zu verändern. Die EU-Aromenverordnung unterscheidet verschiedene Kategorien, darunter:
Aromaextrakte: Sie enthalten das ganze Aromaspektrum von Früchten, Gemüse oder Kräutern. Meist werden sie mit Hilfe von Alkohol oder Öl aus einem Lebensmittel gelöst. Zu den Extrakten zählen auch Destillate, ätherische Öle und Auszüge.
Natürliche Aromastoffe: Sie werden von Rohstoffen aus der Natur gewonnen, von der Reiskleie bis zur Erdbeere ist alles erlaubt. Nur wenn die Quelle genannt wird, zum Beispiel „natürliches Himbeeraroma“, stammt der Geschmack zu mindestens 95 Prozent aus Himbeeren.
Aromastoffe: Sie werden chemisch synthetisiert und haben die Frucht, nach der sie schmecken, nie gesehen. Die Stoffe können chemisch identisch sein mit einem Aromastoff aus der Natur, wie Vanillin und L-Menthol, aber auch frei erfunden wie „Fleischaroma Typ K“.
Immer weniger Aromastoffe in Bio
Noch vor 30 Jahren waren auch im Bio-Laden Tees mit Wildkirsch- oder Sahnekaramell-Geschmack der Hit. Ohne Aroma sind solche Sorten aber nicht möglich. Heute kommen dagegen Zutaten wie Orangenschalen, Zimt oder Jasminblüten zum Einsatz.
Ein Grund dafür ist die Aromenempfehlung des Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), die die Möglichkeiten der Aromatisierung seit 2004 kategorisiert in: „super“ (Lebensmittel wie Zitronenschale) über „gute Sache“ (Aromaextrakte und ätherische Öle) bis „nicht so gern“ (natürliche Aromen). Viele Läden und Großhändler haben Produkte daraufhin aus dem Sortiment genommen oder gar nicht erst gelistet. Und Bio-Hersteller entdeckten innovative Zutaten von der Lemonmyrte bis zur Tonkabohne.
Auch die Regelungen der Bio-Anbauverbände haben dafür gesorgt, dass zugesetztes Aroma aus dem Bio-Laden verduftete: Bioland und Naturland erlauben natürliche Aromen aus der namensgebenden Frucht nur für wenige Erzeugnisse wie Tee, Süßwaren, bestimmte Fruchtzubereitungen und Eis. Bevorzugt werden sollen ätherische Öle sowie Frucht- oder Gewürzextrakte. Demeter ist noch strenger und erlaubt seit 2004 nur Aromaextrakte und Fruchtauszüge.
Welche Aromen gibt es in Bio-Qualität?
Am häufigsten findet sich natürliches Aroma im Bio-Laden derzeit in Bio-Gummibärchen und Bio-Bonbons. Wie bisher können die Anbieter auch ab 2022 konventionelle natürliche Aromen nutzen, aber sie müssen dann zumindest aus der namensgebenden Frucht stammen.
Aber auch auf die konventionellen natürlichen Aromen, die bei Bio eingesetzt werden dürfen, haben die neuen Bio-Regeln Auswirkungen: „Infolge der Umstellung können nicht mehr alle Geschmacksrichtungen kreiert werden“, erklärt Julia Hermine Hoffmann, wissenschaftliche Referentin beim Aromenverband. So werde es keine veganen Fleisch- und Käsearomen in Bio-Qualität geben. Denn das entsprechende Aroma müsste gemäß der neuen Verordnung aus Fleisch oder Käse gewonnen werden – dann ist es aber nicht mehr vegan.
Die neue Öko-Verordnung macht natürliche Aromen für Bio nicht nur natürlicher, sie legt auch fest, welche das Bio-Siegel tragen dürfen. Dafür mussten bisher mindestens 95 Gewichtsprozent aus ökologischer Produktion stammen. Da aber der überwiegende Teil vieler Aromen aus technisch erforderlichen Stoffen wie Trägerstoffen und Lösungsmitteln besteht, stammten bisher meist nur diese aus ökologischer Produktion, zum Beispiel Bio-Ethanol. Der aromatisierende Bestandteil macht oft weniger als fünf Prozent eines Aromas aus – und war bisher oft konventionell. Das ist nicht mehr erlaubt: Sowohl die aromatisierenden als auch die technischen Zutaten eines Bio-Aromas müssen nun jeweils zu mindestens 95 Prozent Bio sein.
Ist Vanillin natürlich?
Ob vegane Wurst, Joghurt, Tee oder Vanillekipferl: In konventionellen Produkten stecken nach wie vor jede Menge Aromen. Nach Schätzungen des Aromenverbands sind rund 15 Prozent der Lebensmittel in Deutschland aromatisiert. Zum Einsatz kommen dabei auch nicht-natürliche Aromastoffe, die früher als „naturidentisch“ oder „künstlich“ bezeichnet wurden. Heute heißen sie schlicht Aromastoffe. Dazu zählen zum Beispiel synthetisches Diacetyl als Butteraroma, Benzaldehyd als Bittermandelaroma und Ethylvanillin, das zwar irgendwie vanillig schmeckt, aber in Vanilleschoten niemals enthalten ist.
Im Labor entwickelte Fantasie-Aromen machen „Apfelstrudel-Tee“ oder blaues „Schlumpf-Eis“ möglich. Solche Aromen riechen „künstlich“ und erzeugen einen intensiven, immer gleichen Geschmack. Dasselbe gilt für viele andere Aromen, die aus beliebigen Rohstoffen nachgebaut werden und natürliche Aromen imitieren wie „Fleischaroma Typ K“. Dabei helfen sehr häufig gentechnisch veränderte Hefen und Bakterien.
Warum braucht es überhaupt Aromastoffe?
Die Ernährungsindustrie begründet den Einsatz von Aromastoffen damit, dass der immer gleiche Geschmack gewährleistet und Aromaverluste bei der Produktion und Lagerung ausgeglichen werden müssten. Aber sie sparen auch Kosten. Schon mit rund einem Gramm kann ein Kilogramm Lebensmittel aromatisiert werden.
„Aromen sollten keinesfalls eingesetzt werden, um eine schlechte Rohstoffqualität zu überdecken und hochverarbeiteten Produkten Geschmack zu verleihen“, fordert Tessa Javornik vom BNN. Tatsächlich legt die EU-Aromenverordnung fest, dass Aromen uns nicht in die Irre führen dürfen. Dennoch stellt zum Beispiel die Stiftung Warentest fest: „Mitunter werden auch Wässrigkeit oder Fehlaromen überdeckt.“
Und beim Internetportal lebensmittelklarheit.de melden sich immer wieder Verbraucher, die sich getäuscht fühlen, wenn zum Beispiel auf einer Eispackung Vanilleblüten oder auf einem Tee Kirschen abgebildet sind, aber nur Aroma im Produkt steckt. Vom Mandel-Milchreis ohne Mandeln bis zur Zimtschokolade ohne Zimt war schon alles dabei. Dass das alles auch mit echten Zutaten geht, zeigen Hersteller von Bio-Lebensmitteln jeden Tag: Weihnachtsschokolade gibt es im Bio-Laden zum Beispiel mit ganz natürlichen Zutaten wie Zimt, Nelke und Kardamom.
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