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Warum Algen als Lebensmittel so gut sind

Algen sind längst kein Geheimtipp mehr. Aber warum sind die glitschigen Dinger eigentlich so beliebt?

Würde sich der Nährwert eines Lebensmittels daraus ergeben, wie lange es schon existiert, so wären Algen kaum zu toppen: Neben Bakterien zählen sie zu den ältesten Lebensformen der Erde und haben unseren Planeten erst zu dem gemacht, was er heute ist. Mit ihrer Superkraft, der Fotosynthese, reicherten sie über Milliarden von Jahren Ozeane und Erdatmosphäre mit Sauerstoff an. Auch heute noch produzieren sie die Hälfte des Sauerstoffs, den wir tagein, tagaus einatmen, binden klimaschädliches CO2 und schützen damit unser Klima. Zudem belegen Nährwertanalysen, dass sie voller Vitamine und Mineralstoffe stecken, eiweiß- und ballaststoffreich und dabei kalorienarm sind.

Darum sind Algen ein ideales Öko-Produkt

Aufgrund ihrer weltweit zunehmenden Beliebtheit stammen heute nur noch 10 Prozent der konsumierten Algen aus Wildsammlung. Großblättrige Makroalgen werden in Küstennähe an Seilen oder Netzen, die winzigen Mikroalgen mitunter in Becken kultiviert. Licht, Kohlendioxid und Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor sind alles, was sie zum Gedeihen brauchen – ein ideales Öko-Produkt also, bei dem weder Medikamente noch Pestizide zum Einsatz kommen.

„Verzehrbare Algen sind ein sehr knappes Naturprodukt“

Mann im Porträt

Makrobiotik und Naturkost gehen für das auf Makrobiotik spezialisierte Unternehmen Arche Naturprodukte schon seit der Firmengründung 1985 Hand in Hand. Makroalgen sind seit jeher fester Bestandteil des Sortiments. Dass diese jedoch, wie einige Wissenschaftler behaupten, die Eiweißlieferanten der Zukunft sein könnten, bezweifelt Geschäftsführer Stefan Schmidt. „Verzehrbare Algen sind ein sehr knappes Naturprodukt. Gezeiten, Sturm, Wind und Wetter können ihre Ernte deutlich erschweren, die – wie das Sortieren und auch Verpacken – überwiegend in Handarbeit erfolgt. Wir führen zahlreiche Analysen durch, damit die gesundheitliche Unbedenklichkeit unserer Produkte garantiert werden kann, denn wir bieten lieber nichts an als ein Produkt von zweifelhafter Qualität. Für uns sind und bleiben Algen eine gesunde, schmackhafte Ergänzung auf dem Teller – auch aufgrund ihrer wertvollen Nährstoffe.“ Arche Naturprodukte bezieht Algen aus Frankreich, Spanien, Japan und Korea, überwiegend von Bio-, teilweise von Naturland-zertifizierten Betrieben.

Wie schmecken Meerlattich oder Arame?

Makroalgen gibt es ganz, als Flocken, in Streifen und üblicherweise getrocknet zu kaufen – so sind sie besonders leicht zu transportieren, lange haltbar – und überhaupt nicht glitschig. Grünalgen wie der Meerlattich werden gern roh als Salat serviert und erinnern geschmacklich an leicht würzigen Sauerampfer. Die asiatische Rotalge Nori, die die meisten als das „Drumherum“ beim Sushi kennen, passt auch gut als Topping zu Salaten oder als gewisses Extra in Suppen. Ihr europäisches Pendant, die Dulse, setzt hübsche, purpurne Farbakzente, ist ungekocht ein leckerer Snack für zwischendurch und entfaltet beim Rösten ein schönes, nussiges Aroma. Unter den Braunalgen zählt die mild-süßliche Arame als Einsteiger-Tipp, weil sie vergleichsweise wenig nach Meer schmeckt. Kräftiger im Geschmack, dafür als Salat knallig grün und knackig, ist Wakame, die auch in jede Miso-Suppe gehört. Meeresspaghetti schmecken leicht würzig nach Bohne, bei der schwarzen Hijiki schwingt neben einem intensiven Fischaroma eine zarte Anis-Note mit.

Mehr zu diesen Algen und wie ihr sie am besten in der Küche einsetzt, lest ihr hier:

Welche Algen kann man essen?

„Europäischen Algen fehlt meist das herzhafte Aroma“

Mann im Porträt

Das niederländische Unternehmen TerraSana bietet seit 35 Jahren Bio-Lebensmittel an, ein Fokus liegt dabei auf asiatischer Feinkost. Die Algen stammen ausschließlich aus Japan und Korea. Philip Peters erklärt: „Meeresalgen aus diesen Ländern haben dank der natürlichen Bedingungen, der Sorten und der jahrhundertelangen Kenntnisse über Ernte und Verarbeitung eine einzigartige Qualität.“ Und das schmecke man: „Wo unsere Meeresalgen zart und mild mit einem schönen Umami-Aroma überzeugen, fehlt europäischen Algen das charakteristische herzhafte Aroma – sie schmecken meist nur nach Salz.“ Die japanischen Algen stammen überwiegend aus der Ise-Shima-Bucht im Süden des Landes, dem Mekka der Meeresalgengewinnung. Seit der Fukushima-Katastrophe 2011 analysiert die Firma alle japanischen Produkte auch auf Radioaktivität. „Noch nie hat eine Probe unseren Grenzwert überschritten, der 25-mal niedriger liegt als der Grenzwert der EU“, so Peters, der TerraSana in Deutschland, Österreich und der Schweiz vertritt.

Warum Bio bei Algen wichtig ist

Die steigende Nachfrage nach Mikro- und Makroalgen in den letzten Jahrzehnten hatte leider auch zur Folge, dass immer mehr Produkte von gesundheitsbedenklicher Qualität in den Regalen landeten. Und dass mancherorts so viele Algen geerntet wurden, dass sich ihre Bestände nicht erholen konnten. Betriebe, die sich an die 2008 eingeführten EU-Bio-Vorschriften zu Wildsammlung und Kultivierung von Makroalgen halten, verringern sowohl Gesundheitsgefahren durch Umweltgifte als auch die Beschädigung mariner Ökosysteme.

Die Kriterien des Bio-Verbandes Naturland sind noch etwas strenger: Sie umfassen deutlich konkretere Vorschriften zu Wasserqualität und Erntetechniken und decken auch soziale Aspekte ab. Naturland-Makroalgen gibt es aus zertifizierten Betrieben in Frankreich und Spanien. Auch für die Produktion von Mikroalgen gibt es Bio- und Naturland-Richtlinien – darin wird etwa festgelegt, dass ausschließlich pflanzliche Düngemittel verwendet werden dürfen.

Rezepte mit Algen

Hier findet ihr Rezepte mit Algen – von Sushi bis Ramen, alle vegetarisch:

Kochen mit Algen

Sind Algen immer gesund?

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, sollte jedoch nicht gleich tellerweise Meeresspaghetti futtern. Denn besonders Braunalgen können sehr viel Jod enthalten. Zu hohe Mengen des Spurenelements können die Schilddrüse aus dem Gleichgewicht bringen und etwa zu Herzrasen, Bluthochdruck und Nervosität führen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung gilt zwar eine tägliche Aufnahmemenge von 500 Mikrogramm Jod als sicher, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt jedoch, nicht mehr als 200 Mikrogramm pro Tag zu konsumieren. Da der Jodgehalt bei getrockneten Algen laut Verbraucherzentrale zwischen fünf und 11.000 Mikrogramm pro Gramm schwanken kann, ist es unbedingt empfehlenswert, nur solche Produkte zu kaufen, deren Etikett unmissverständlich Auskunft über Jodgehalt und maximale Verzehrmenge gibt. Wer Algen bewusst als Jodquelle nutzt, sollte sich an die Zubereitungsempfehlungen halten, denn schon ausgiebiges Einweichen und Waschen kann den Jodgehalt von Makroalgen deutlich senken.

Auch Umweltgifte können sich in Algen ansammeln. Denn je nachdem, wo sie wachsen, können sie neben vielen wertvollen Inhaltsstoffen auch Schadstoffe und Schwermetalle wie Blei, Cadmium oder Quecksilber aus dem Meerwasser filtern. Um zu vermeiden, dass diese Stoffe auf unseren Tellern landen, sind eine hohe Wasserqualität und umfangreiche Qualitätsanalysen besonders wichtig – das gilt auch für Mikroalgen.

„Natürlichkeit und Reinheit haben höchste Priorität“

Frau am Mikroskop

Mikroalgen als Nahrungsergänzungsmittel – dieser Trend nahm in den 80er-Jahren in den USA seinen Anfang. Mit Gründung der Sanatur GmbH fanden die mikroskopisch kleinen Nährstoffwunder auch ihren Weg nach Deutschland. Heidi Haager-Bürkert: „Natürlichkeit und Reinheit haben für uns höchste Priorität. 2001 konnten wir die weltweit erste Bio-Spirulina auf der BioFach, der Weltleitmesse für ökologische Konsumgüter, vorstellen.“ 2008 folgte Bio-Chlorella. „Die leicht resorbierbare Spirulina mit ihrem hochwertigen Eiweißspektrum und Chlorella mit einem guten Vitamin B12-Gehalt beziehen wir von unseren Naturland-zertifizierten Partnerfarmen in Taiwan und Indien, wo sie in großen Becken unter freiem Himmel angebaut werden“, erläutert Haager-Bürkert, bei Sanatur für Produktentwicklung und Qualitätskontrolle zuständig. Zur Garantie wird jede Algenlieferung zusätzlich auf Pestizide, Schwermetalle, Algentoxine, Bakterien, Bestrahlung, Radioaktivität und andere Umweltgifte untersucht.

Welche Algen liefern Vitamin B12?

Mikroalgen wie Spirulina und Chlorella wachsen nicht im Meer, weshalb sie deutlich weniger Jod enthalten als Makroalgen. Die Einzeller, die in einigen Seen natürlich vorkommen, werden inzwischen in großem Stil in künstlich angelegten Becken gezüchtet. Die blau-grüne Spirulina wird vor allem wegen ihres hohen Eiweißgehaltes geschätzt. Chlorella ist vor allem für jene interessant, die sich vegan ernähren, denn sie enthält das sonst nur in tierischen Produkten vorkommende Vitamin B12 in einer für uns Menschen verwertbaren Form. Unter den Makroalgen kommt bioverfügbares B12 nur in Nori-Algen vor.

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